Luzern: Stadtrat erhält Strategiemanager

Zu teuer: Kommission will nur einen Mini-«Mr. Strategie»

Delegiert der Stadtrat mit der geplanten Strategie-Stelle seine Führungsaufgabe an einen Schattenverwalter? (Montage: zentralplus)

80 statt 150 Stellenprozente müssen genügen: Die Geschäftsprüfungskommission des Stadtparlaments spart bei der vom Stadtrat gewünschten Stelle für Strategiemanagement. Doch genügt das, um die Aufgaben zu erfüllen?

Einen Mr. oder eine Mrs. Strategie – das wird die Stadt Luzern bald haben. Zumindest, wenn es nach dem Stadtrat geht. Er will die Stadtverwaltung reorganisieren und im Zuge dessen eine neue Stelle für Strategiemanagement schaffen. Die Person soll verantwortlich sein für die Gesamtstrategie der Stadt, denn diese sei zu wenig spürbar, so das Fazit einer Analyse (zentralplus berichtete). 150 Stellenprozente soll die neue Stelle umfassen und jährlich 250’000 Franken kosten, sofern das Parlament im Februar zustimmt.

Doch das Anliegen ist umstritten, wie schon unsere Umfrage unter den Parteien gezeigt hat. «Ich frage mich ernsthaft, was die Kernaufgabe eines Stadtrates sein soll, wenn nicht eben die Entwicklung und Umsetzung der strategischen Führung», sagte beispielsweise SVP-Fraktionschef Marcel Lingg.

Nun hat die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Stadtrates einen typisch eidgenössischen Kompromiss erzielt: Die Stelle soll auf 80 Prozente reduziert werden, teilt die GPK diesen Mittwoch mit. Kostenpunkt: 160’000 Franken pro Jahr. 

Nötig oder nicht?

Die GPK stimmte dem Bericht und Antrag «Reorganisation der Stadtverwaltung» des Stadtrates zwar grundsätzlich zu. Jedoch war ein Teil der GPK wie erwartet der Ansicht, Strategie sei die Aufgabe des Stadtrates und könne nicht delegiert werden. Der andere Teil der GPK war der Ansicht, um künftig die Stadtstrategie entwickeln und durchsetzen zu können, sei die geplante Stelle zwingend nötig. Sie unterstütze den Stadtrat und erarbeite die relevanten Grundlagen.

Die ebenfalls vorgeschlagene Stelle für Organisationsberatung, anzusiedeln in der Personalabteilung, wurde mehrheitlich gutgeheissen.

Keine Präsidialdirektion

Die Reorganisation der Stadtverwaltung geht unter anderem auf verschiedene parlamentarische Vorstösse zurück. Er sollte die Fragen klären, ob künftig eine neue Präsidialdirektion neben vier Fachdirektionen bestehen und ob die Personalunion von Finanzdirektor und Stadtpräsident künftig ausgeschlossen sein solle.

Doch die vom Stadtrat nun vorgeschlagene Reorganisation auf Anfang 2018 bringt nur kleinere Veränderungen: etwa die Verschiebung des sogenannten Sicherheitsclusters (Feuerwehr, Sicherheit, Integration, Prävention usw.) in die Sozialdirektion, der Prozesse und Informatik in die Bildungsdirektion und der Finanzliegenschaften in die Finanzdirektion.

«Die strategische Führung der Stadt Luzern ist eine Aufgabe, die der Stadtrat nicht delegieren kann.»

Beat Züsli, SP-Stadtpräsident

Zudem werden die Namen der Direktionen den neuen Aufgaben angepasst. So heisst die Direktion Umwelt, Verkehr und Sicherheit ab 2018 nur noch Umwelt- und Mobilitätsdirektion. Dafür wird die Sozialdirektion zur Sozial- und Sicherheitsdirektion.

So könnte das Organigramm der Stadtverwaltung neu aussehen. Die Strategiestelle ist der Stadtkanzlei angegliedert. (Grafik: Stadt Luzern)

So könnte das Organigramm der Stadtverwaltung neu aussehen. Die Strategiestelle ist der Stadtkanzlei angegliedert. (Grafik: Stadt Luzern)

«Entscheiden wird – wie bisher – der Stadtrat»

Stadtpräsident Beat Züsli (SP) wies im Vorfeld des GPK-Entscheids den Vorwurf, der Stadtrat ziehe sich aus seiner Verantwortung, deutlich zurück. «Die strategische Führung der Stadt Luzern ist eine Aufgabe, die der Stadtrat nicht delegieren kann.» Es gehe vielmehr darum, dass er dabei Führungsunterstützung erhalte, sagte er gegenüber zentralplus.

Die Stelle solle künftig im Austausch mit Stadtrat und Verwaltung die strategische Ausrichtung und Entwicklung der Stadt vorbereiten, dabei Zielkonflikte erkennen und frühzeitig thematisieren sowie ein laufendes Controlling vornehmen. «Entscheiden wird – wie bereits heute – der Stadtrat, für die Entscheidungsvorbereitung ist die neue Stelle federführend», so Züsli.

Ob Züsli nun mit der 80-Prozent-Stelle zufrieden ist und ob er der Meinung ist, dass auch mit dieser abgespeckten Variante das Ziel erreicht werden kann, ist unklar. Der Stadtrat wird sich womöglich erst an der Sitzung des Stadtparlaments vom 16. Februar dazu äussern, oder dann ggf. nächste Woche, wie er auf Anfrage mitteilt.

Experte stützt Stadtrat

Rückendeckung erhielt Züsli von Paul Bürkler vom Institut für Betriebs- und Regionalökonomie (IBR) der Hochschule Luzern. Er hat sich eingehend mit Gemeindeführungsmodellen befasst. Für ihn ist klar, dass mit der geplanten Strategie-Management-Stelle kein «sechster Stadtrat» geschaffen wird. «Würde diese Stelle die strategischen Entscheide fällen, wäre etwas falsch. Sie ist als vorbereitende Stelle zu verstehen, die Informationen sammelt, Alternativen aufzeigt und die Entscheidungsgrundlagen aufbereitet», sagt er kürzlich. Dies als Auslagerung der strategischen Führung zu bezeichnen, ist laut Bürkler fehl am Platz. «Keine Regierung kann ohne Verwaltung arbeiten.»

Vielmehr ist es laut dem Experten so, dass jede Gemeinde eine solche Stelle brauche – und insbesondere Städte, weil ansonsten die Gefahr bestehe, dass jede Direktion nur für sich alleine schaut. Oft seien diese Aufgaben beim Gemeindeschreiber angesiedelt oder es wird im Organigramm gar nicht ersichtlich, wer diese Arbeiten macht. Als grossen Vorteil der Stelle bezeichnet er deshalb, dass diese «zentralen Aufgaben» ausdrücklich wahrgenommen werden.

Dass es eine solche Stelle überhaupt braucht, darüber ist sich eine Mehrheit der städtischen Fraktionschefs einig. Korintha Bärtsch, Fraktionschefin Grüne, sagte kürzlich gegenüber zentralplus, dass «die aktuellen Stadträte vor allem im eigenen Garten arbeiten, zu wenig direktionsübergreifend operieren und eine gemeinsame Vision fehlt». Für sie ist klar, dass der Stadtrat selber «zwingend strategischer» sein müsse.

Parlament entscheidet im Februar

Mit dem Entscheid der GPK von diesem Mittwoch ist die Schaffung der neuen Strategiestelle zwar noch nicht ganz definitiv. Denn abschliessend muss das Parlament diesen Februar darüber bestimmen. Jedoch scheint der Entscheid innerhalb der Kommission für den 80-Prozent-Kompromiss einigermassen klar gewesen zu sein. Entsprechend klar dürfte sich auch das Parlament dafür aussprechen.

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