Gedankenspiele vor Luzerner Wahl

Zaubert die SP eine Kandidatin aus dem Hut?

Fragen vor der Wahl: Wer soll noch auf die linke Liste? Oder den fünften Platz lieber leer lassen? (Bild: jwy)

Der Wahltag für den Luzerner Stadtrat naht. zentralplus hat aufgezeigt, wie man als Linker und Rechter taktisch am besten wählt, um zur persönlichen Wunschregierung zu kommen. Was sagt SP-Parteichef Claudio Soldati zu den provokativen Empfehlungen des Politologen?

Die Spannung steigt, die Nervosität auch: Am 1. Mai wissen wir, wer künftig die Stadt Luzern regiert. Wer von den elf Kandidaten in den fünfköpfigen Stadtrat gewählt wird. zentralplus hilft beim Wählen: Hier geht’s zu den Tipps, wie Sie als Linker oder Rechter den Wahlzettel taktisch so ausfüllen, dass Sie zu Ihrer Wunschregierung kommen.

Während es für die Rechte simpel ist (GLP-Frau Manuela Jost verhindern, den SVPler Peter With wählen), ist die Sache für die Linke etwas komplizierter. Dass SVPler Peter With von linken Wählern kaum Stimmen erhalten wird, liegt auf der Hand. Doch wie sieht es mit den anderen bürgerlichen Kandidaten aus – mit Stefan Roth (CVP), Martin Merki (FDP) und Manuela Jost?

Politologe Oliver Dolder meint, es sei egal, wen man als Linker auf die Listenplätze vier und fünf schreibt. «Roth und Merki werden auch ohne Ihre Stimmen gewählt und die Jungen werden auch mit Ihren Stimmen nicht gewählt. Es sind letztlich Sympathiepunkte.»

Dolder skizziert zwei Szenarien aus linker Wählersicht:

1.) «Als linker Optimist würde ich von einer Wahl Josts absehen.» Im zweiten Wahlgang könnte die SP von Jost politische Zugeständnisse einfordern – quasi als Gegenleistung für die Unterstützung.

2.) An alle linken Träumer: «Hoffen Sie auf eine aus dem Hut gezauberte SP-Kandidatin, die sowohl Jost als auch With im zweiten Wahlgang schlägt.»

Wir haben Claudio Soldati, den Präsidenten der SP Stadt Luzern, gefragt, was dran ist an diesen linken Gedankenspielen.

Claudio Soldati

Claudio Soldati

zentralplus: Beat Züsli und Adrian Borgula sind für linke Wähler gesetzt. Aber schreiben sie auch Manuela Jost auf den Wahlzettel?

Claudio Soldati: Wir haben unsere Liste, darauf stehen Beat Züsli, Adrian Borgula, Yannick Gauch (JUSO) und Sina Khajjamian (Junge Grüne). Dass Manuela Jost nicht darauf steht, heisst, dass wir sie nicht unterstützen.

zentralplus: Aber viele Linke werden sie wohl dennoch wählen.

Soldati: Ja, das ist denkbar. Diese Wählerinnen und Wähler wollen weiterhin eine Frau im Stadtrat haben.

zentralplus: Politologe Oliver Dolder sagt: Es sei letztlich egal, wen man auf die Listenplätze 4 und 5 schreibt, es sind nur Sympathiepunkte. Stefan Roth und Martin Merki werden eh gewählt, die Jungen nicht.

Soldati: Die Nomination hilft den Kandidaten der Jungparteien sehr und sie sind nicht völlig chancenlos. Das haben wir vor vier Jahren gesehen, als JUSO-Kandidat Adelino De Sa besser abschnitt als Rolf Hermetschweiler von der SVP. Aber klar, die Wahl eines Jungkandidaten oder einer Jungkandidatin wäre eine Sensation.

«Wir müssen jetzt den Sonntag abwarten und dann gegebenenfalls mit Jost das Gespräch suchen und schauen unter welchen Umständen wir sie unterstützen würden.»

Claudio Soldati, Präsident SP Stadt Luzern

zentralplus: Oberstes Prinzip aus SP-Sicht müsste sein, SVPler Peter With zu verhindern. Wie geht das am besten?

Soldati: Mit der SVP im Stadtrat würden viele Errungenschaften der letzten Jahre, etwa in der Verkehrs- und Wohnraumpolitik, gefährdet, das gilt es dringend zu verhindern. Peter With gibt sich momentan sehr moderat, im Kern ist er aber durch und durch ein SVPler. Das höre das auch auf der Strasse: Es ist vielen Leuten ein Anliegen, die SVP aus dem Stadtrat rauszuhalten. Auch viele FDP-Wähler werden With von der Liste streichen, viele FDP-Wählerinnen und Wähler goutieren den Rechtsruck nicht, der unter Fabian Reinhard in der FDP stattfindet. Stadtrat Martin Merki ist da von ganz anderer Sorte, er ist ein Liberaler.

zentralplus: Hofft man als Linker, dass Jost in den zweiten Wahlgang muss? So, dass man von ihr Zugeständnisse einfordern kann im Gegenzug für eine Unterstützung?

Soldati: Das kann in die Richtung gehen. Wir müssen jetzt aber den Sonntag abwarten und dann gegebenenfalls mit Jost das Gespräch suchen und schauen unter welchen Umständen wir sie unterstützen würden.

«Sicher ist: Wir haben ein gutes Potenzial an Kandidatinnen und Kandidaten. Alles Weitere sehen wir dann.»

Claudio Soldati

zentralplus: Ein anderes Szenario: Beat Züsli wird im ersten Wahlgang gewählt, Jost und With müssen in den zweiten Wahlgang. Zaubert die SP einen neuen Kandidaten – oder eher eine Kandidatin – aus dem Hut?

Soldati: Sicher ist: Wir haben ein gutes Potenzial an Kandidatinnen und Kandidaten. Alles Weitere sehen wir dann.

zentralplus: Aber es müsste wohl eine Frau sein – etwa Luzia Vetterli und Theres Vinatzer? Oder käme Giorgio Pardini, der knapp unterlegene Kandidat in der internen Ausmarchung, zum Zug?

Soldati: Dazu will ich mich noch nicht äussern.

zentralplus: Man hört, Beat Züsli schafft die Wahl in den Stadtrat im Schlafwagen, er sei so gut wie gewählt. Ist man sich bei der SP zu sicher?

Soldati: Wir haben einen guten Wahlkampf hingelegt und haben sehr viel geleistet: Wir telefonieren mit Bürgern und Bürgerinnen und sind auf der Strasse präsent, auch jetzt in der letzten Woche. Wir haben immer gesagt, dass Beat Züsli nicht automatisch gewählt ist, es braucht ein Engagement von vielen Menschen. Unser Ziel ist, im Stadtparlament zuzulegen und Beat Züsli in den Stadtrat und ins Stadtpräsidium zu hieven und dazu müssen wir möglichst viele Leute an die Urne bringen.

zentralplus: Noch ein Wort zur Wahl des Stadtpräsidenten; hat Beat Züsli reelle Chancen gegen Stefan Roth?

Soldati: Es wird schwierig, wir machen uns keine Illusionen. Aber wir wollen den Wählerinnen und Wählern eine Alternative bieten. Die Stadt Luzern soll gegen aussen durch eine fortschrittliche und weltoffene Person vertreten werden.

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