Kantonale Initiative verlangt mehr Transparenz

Zahlen legen erstmals offen: So viel spenden Private an Zuger Parteien

Drei Privatpersonen spendeten 2018 mindestens 20’000 Franken an Zuger Parteien. (Bild: Symbolbild: cbu)

Eine Anfrage bei der kantonalen Steuerverwaltung schafft Klarheit: Im Wahljahr 2018 spendeten allein Private im Kanton Zug über 1 Million Franken an politische Parteien. Eine Initiative verlangt nun Transparenz.

«Wir stossen auf ein sehr positives Echo aus der Bevölkerung», sagt Delia Meier. Die Co-Präsidentin der Jungen Alternativen des Kantons Zug meint damit die Unterschriftensammlung für die kantonale Transparenzinitiative. Anfang August ging es damit los, 2’000 Unterschriften braucht es, damit das Anliegen zur Abstimmung kommt.

Die Initiative wird auch von der Alternative-die Grünen, den Juso, den Jungen Grünliberalen und von der Partei für Rationale Politik, Allgemeine Menschenrechte und Teilhabe (Parat) unterstützt.

«Wir sind zuversichtlich, dass wir die nötigen Unterschriften zusammenbringen können», sagt Meier. «Transparenz in der Politik ist vielen Menschen ein Anliegen und wir bekommen viel positives Feedback.»

Wegen Corona nur online

Die aktuelle Lage erschwert das Vorhaben allerdings: Wegen Corona verzichten die beteiligten Parteien nämlich darauf, die Unterschriften auf der Strasse zu sammeln. Stattdessen kann der Initiativbogen im Internet ausgefüllt und anschliessend unterschrieben eingeschickt werden. Gemäss den Jungen Alternativen ist dies erstmals im Kanton Zug online möglich.

Konkret verlangt die Initiative, dass die Spenden Privater von über 5’000 Franken und jene von Firmen von über 1’000 Franken offengelegt werden müssen. Ebenso müssen die Namen der betreffenden SpenderInnen bekanntgegeben werden.

Die Daten der Steuerverwaltung helfen weiter

Aber wie viel wird denn aktuell im Kanton Zug an Parteien gespendet? Von welcher Summe ist auszugehen? Verlässliches detailliertes Zahlenmaterial gab es bisher kaum. Kein Wunder – die meisten Parteien üben sich in Stillschweigen, wenn es um konkrete Zahlen geht.

Es gibt aber einen ganz einfachen Weg, mehr Klarheit zu schaffen: Eine Anfrage bei der kantonalen Steuerverwaltung. Diese besitzt in Sachen Parteispenden aufschlussreiches Datenmaterial. Gemäss dem kantonalen Zuger Steuergesetz sind nämlich Mitgliederbeiträge und Zuwendungen an politische Parteien bis zum Gesamtbetrag von 20’000 Franken abzugsfähig.

«Nicht möglich ist uns eine Aussage, an welche Parteien und in welche Regionen die Zuwendungen gegangen sind.»

Guido Jud, Steueramt Zug

Die aktuellsten repräsentativen liegen laut Guido Jud, Leiter des kantonalen Zuger Steueramtes, für das Jahr 2018 vor. Jenem Jahr also, in dem im Kanton Zug das Parlament und die Regierung neu gewählt wurden. Für das Jahr 2018 seien bis zum 21. August total 69’775 Steuererklärungen definitiv veranlagt worden, erläutert Jud. Bei rund 80’000 eingereichten Steuererklärungen entspricht dies einem Anteil von rund 87,5 Prozent.

«In insgesamt 1’730 Fällen war ein Abzug für Zuwendungen an politische Parteien zu verzeichnen», sagt Jud. «Die Gesamtsumme der Abzüge belief sich auf 914’500 Franken.» Dies entspreche einem Durchschnitt von 529 Franken pro Fall.

Liegt der Gesamtbetrag vielleicht gar noch etwas höher?

Wenn man den genannten Betrag mit den noch nicht definitiv veranlagten Steuererklärungen hochrechnet, so kommt man auf eine Summe von rund 1,045 Millionen Franken. Ob die Hochrechnung allenfalls gar noch etwas nach oben korrigiert werden müsste, sei schwierig abzuschätzen, meint Guido Jud.

Firmen können Spenden als Aufwand verbuchen

Und wie viel spenden Firmen an Parteien? Das kann aufgrund der Steuererklärungen nicht erfasst werden. Sie können solche Zuwendungen nämlich in der Regel als Aufwand abziehen. Dies sei so geregelt, weil entsprechende Spenden oft mit einem erhofften positiven Effekt für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens verbunden sei, erklärt Guido Jud von der Zuger Steuerverwaltung. Eine Schätzung oder Auswertung der Daten ist aus technischen Gründen nicht möglich.

Einerseits treffe es zu, dass vor allem die komplexeren Steuererklärungen von eher einkommens- und vermögensstarken Personen noch nicht definitiv veranlagt seien. Andererseits gebe es keine Anhaltspunkte für überproportionale Beiträge bei den noch nicht veranlagten Fällen: «Für politische Spenden dürfte eher die lokale Verwurzelung entscheidend sein, also zum Beispiel Kandidierende im persönlichen Familien- oder Freundeskreis.»

Drei Personen spendeten je 20'000 Franken

Nicht möglich ist laut Jud eine Aussage, an welche Parteien und in welche Regionen die Zuwendungen gegangen sind. «Diese Informationen erfassen wir unserem Informatiksystem nicht.» Aus steuerlicher Sicht sei es irrelevant, an welche Partei etwas gespendet wurde – und, ob an eine lokale Partei oder an eine auswärtige Parteizentrale.

Interessant ist indes eine Detailauswertung der Daten. Drei Personen spendeten je 20'000 Franken, also exakt den höchsten Betrag, den man bei den Steuern in Abzug bringen kann. Daneben gibt es aber durchaus auch Kleinspenden im Umfang von gerade mal 30 Franken. 38 Personen spendeten einen Betrag von jeweils über 5'000 Franken. Wenn man diese 38 Fälle zusammenrechnet, so ergibt sich ein Betrag von 330'071 Franken. Das ist etwas mehr als ein Drittel der Gesamtsumme.

Ein Drittel der Spende fiele unter Transparenzbedingung

Mit anderen Worten: Mit der in der Initiative festgelegten Limite von 5'000 Franken liesse sich etwas mehr als ein Drittel der Spenden eruieren. Die Mehrzahl der erwähnten 1'730 Fälle würde von der Initiative demnach nicht erfasst.

«Ein Grossteil der Spenden lässt sich mit unserer Initiative nicht erfassen. Da sehen wir aber kein Problem.»

Delia Meier, Junge Alternativen Zug

«Ja, das ist korrekt so, ein Grossteil der Spenden lässt sich mit unserer Initiative nicht erfassen», sagt Delia Meier von den Jungen Alternativen dazu. «Da sehen wir aber kein Problem. Diese Schranke haben wir absichtlich so gewählt, damit sich Kleinspender und Kleinspenderinnen nicht entblössen müssen.» 

Konradin Franzini, der andere Co-Präsident der Jungen Alternativen ergänzt, dass bei Wahlen jeweils auch die Kandidierenden selbst eigene Kampagnen führen. Spenden an solche Einzelpersonen müssen gemäss Initiativtext ebenfalls deklariert werden. Solche Spenden sind aber bei den Steuern nicht abziehbar und erscheinen entsprechend nicht in der erwähnten Zusammenstellung der Steuerverwaltung.

«Dadurch können direkte Abhängigkeiten entstehen»

«Wichtig ist, dass insbesondere die Grossspenden offengelegt werden, was bei einer Schwelle von 5'000 Franken der Fall ist», sagt Martin Hilti, Geschäftsführer von Transparency International Schweiz. «Beträge ab dieser Grössenordnung stellen für die Empfänger einen erheblichen Zustupf dar, bei dem eine gewisse Erwartungshaltung des Spenders bestehen und dadurch direkte Abhängigkeiten entstehen können.»

«Geld beeinflusst – auch in der Politik.»

Martin Hilti, Transparency International Schweiz

Grossspenden seien zahlenmässig überblickbar und können mit verhältnismässig geringem Aufwand erfasst werden. Martin Hilti weist darauf hin, dass die Daten der kantonalen Steuerverwaltung nicht zwingend die Realität abbilden würden. Es sei durchaus möglich, dass jeweils mehr – oder auch weniger – gespendet worden sei als in der entsprechenden Steuererklärung deklariert wurde.

Bald wird auch auf nationaler Ebene abgestimmt

Für Martin Hilti von Transparency International Schweiz ist klar: «Geld beeinflusst – auch in der Politik. Es ist deshalb eminent wichtig, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wissen, wer finanziell hinter Wahlen, Abstimmungen und den politischen Parteien steht.» 

Dass in den Kantonen und Gemeinden zunehmend entsprechende Forderungen gestellt und an der Urne gutgeheissen werden, sei sehr erfreulich und zeige, dass die Bevölkerung mehr Transparenz befürwortet. Auch auf nationaler Ebene ist eine Transparenzinitiative hängig.

Die seltsam ungeraden Zahlen

6’844 Franken, 1’398 Franken, 3’299 Franken, 72 Franken, 9’406 Franken, 10’333 Franken und so weiter: Wer die Liste der kantonalen Steuerverwaltung durchgeht, stösst auf auffallend viele ungerade Beträge. Wer macht so etwas? Und warum? Spenden die Leute tatsächlich auf so kleinliche Art? Oder erlauben sich da viele jeweils einen kleinen Scherz – also viele Scherze?

Guido Jud, Leiter der kantonalen Steuerverwaltung, geht nicht davon aus, dass derartige ungerade Spenden regelmässig aus Jux erfolgen: «Viele Beträge dürften sich aus einzelnen Teilbeträgen zusammensetzen, die jeweils nicht unbedingt gerundet sind.» Beispielsweise würden gewisse Mandatsträger – etwa von Exekutiv- oder Richterämtern – Beiträge an ihre Parteien entrichten. Diese Zuwendungen bemessen sich oft nach einen bestimmten Prozentsatz ihrer Einkünfte. Dies könne zu ungeraden Beträgen führen.

Eine andere Quelle könnten gemäss Jud Sponsorenläufe sein, die viele Parteien in Wahljahren durchführen. 7 Runden à 13 Franken könnten so zum Beispiel den ungeraden Betrag von 91 Franken ergeben.

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