Politik
Zuger Regierung will keine Warnung vor Radaren

Wrummmm! Blitz! «☠️⚡️??*%#!!»

Solche oder ähnliche fixen Radaranlagen gibt es jetzt nicht mehr im Kanton Zug. (wia/ Fotolia)

Drei SVP-Kantonsräte möchten, das im Kanton Zug künftig vor Blitzkästen gewarnt wird. Der Grund: die Sicherheit. Die Regierung ist gar nicht froh über den Vorstoss. Und sie packt diverse Argumente dagegen aus. Derweil hegen die Motionäre einen Verdacht.

Obacht, ein Radar! Und sofort wird abgebremst. Drei Zuger SVP-Kantonsräte Thomas Werner, Karl Nussbaumer und Beni Riedi finden das zu gefährlich. Sie wollen mit einem Vorstoss erreichen, dass im Kanton Zug künftig frühzeitig vor Radarfallen gewarnt wird.

Laut den drei Initianten könnten brüske Abbremsmanöver mit Schildern verhindert werden, welche jeweils etwa 50 Meter vor den Blitzkästen montiert würden. Sie forderten im Sommer 2016 in einer Motion, dass das Polizeigesetz entsprechend angepasst wird.

Der Zuger Regierungsrat will jedoch nichts wissen von solchen Vorwarnungen. In seiner Antwort auf den Vorstoss schreibt er: «Explizite Warnungen vor Kontrollen unterlaufen den Zweck und die Wirkung von Kontrollen und verleiten dazu, sich ausserhalb des Kontrollbereichs nicht an die geltenden Geschwindigkeitslimiten zu halten.» Mit den von den drei Politikern vorgeschlagenen Massnahmen sei laut der Exekutive kein Sicherheitsgewinn verbunden.

Werden Höchstgeschwindigkeiten zu Empfehlungen?

Die Regierung führt in ihrer Antwort auf die Motion der SVP-Räte zahlreiche Gründe auf, weshalb solche vorwarnenden Massnahmen kontraproduktiv seien.

«Ein genereller Zwang, alle Messstandorte vorgängig anzukündigen, untergräbt diese angestrebte präventive Wirkung der Kontrollen.»

Der Zuger Regierungsrat als Antwort auf die Motion

«Ein genereller Zwang, alle Messstandorte vorgängig anzukündigen, untergräbt diese angestrebte präventive Wirkung der Kontrollen», schreibt die Exekutive. Gleichzeitig suggeriere eine solche Praxis, dass den allgemeinen und signalisierten Höchstgeschwindigkeiten auf den übrigen nicht kontrollierten Strassenabschnitten nur Empfehlungscharakter zukomme.

Eine faktische Aushebelung der Geschwindigkeitsregeln?

Der Regierungsrat schreibt in seiner Antwort weiter, dass die gewünschten Änderungen die in der Schweiz geltenden Geschwindigkeitsregeln faktisch aushebeln würden. So müsse ein Autofahrer nur mit Sanktionen rechnen, wenn vorgängig auf die Kontrolle hingewiesen würde. «Dies kommt gerade bei den Fahrzeuglenkenden, die bewusst Geschwindigkeitsbegrenzungen missachten, einem Freipass gleich und untergräbt die Rechtssicherheit», argumentiert die Regierung.

«Der Regierungsrat unterstellt den Autofahrern, dass sie generell Raser seien. Er behauptet das einfach so, ohne fundierte Grundlage. Das ist schon fast frech.»

Thomas Werner, SVP-Kantonsrat und Mitmotionär

Warnungen auf Facebook sind illegal

Seit dem Massnahmenpaket «Via Sicura», welches am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, sind Warnungen vor Polizeikontrollen verboten, wenn sie entgeltlich sind oder öffentlich erfolgen. Wer also auf Social Media Radarwarnungen publiziert, muss laut der Zuger Polizei mit einer Busse rechnen. Sie verweist aufs Strafgesetz, worin festgehalten ist, dass bei schweren Fällen eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen verhängt werden könne. In weniger schweren Fällen droht einem mutwilligen Radar-Vorwarner eine Busse von bis zu 10’000 Franken. Ob ein Facebook-Post öffentlichen Charakter hat oder nicht, darüber wird im Einzelfall ein Gericht entscheiden müssen.

Mitmotionär und Polizist Thomas Werner ist empört über diese Aussage: «Damit unterstellt der Regierungsrat den Autofahrern doch, dass sie generell Raser seien. Er behauptet das einfach so, ohne fundierte Grundlage. Das ist schon fast frech. Dabei ist doch davon auszugehen, dass die Leute grundsätzlich anständig fahren.» Werner habe gar keine Bedenken, dass durch die geforderte Neuregelung mehr Automobilisten rasen würden.

Der zuständige Zuger Regierungsrat Beat Villiger widerspricht Werners Aussage: «Wir werfen sicher nicht jedem Autofahrer vor, dass er ein Raser sei. Doch wenn wir alle Radare im Voraus markieren, hat der, der das System ausnutzen will, leichtes Spiel.»

Der Regierungsrat argumentiert weiter, dass die vermehrten Verkehrsschilder, die durch die Motion gefordert werden, den «Schilderwald» verdichten würden, was wiederum der Sicherheit keineswegs zuträglich sei.

«Ich habe den Verdacht, dass es dem Regierungsrat ums Geld geht.»

Thomas Werner, SVP-Kantonsrat und Mitmotionär

Dazu sagt Werner: «Der Regierungsrat bestätigt damit, dass wir bereits einen Schilderwald haben. Diese Schilder könnten dort aufgestellt werden, wo effektiv die Gefahr am grössten ist; etwa bei Schulhäusern. Und die könnte man ja dann auch verwenden, ohne dass effektiv ein Blitz aufgestellt würde. So könnte man den Verkehr beruhigen. Ich habe den Verdacht, dass es dem Regierungsrat jedoch ums Geld geht.»

Finanzielle Aufwände von 300’000 Franken – plus grosse Bussenverluste

Tatsächlich spricht der Regierungsrat in seiner Antwort von den finanziellen Auswirkungen auf den Kanton. Diesbezüglich thematisiert er jedoch insbesondere die Anschaffung der Beschilderung, welche den Kanton zwischen 300’000 und 350’000 Franken kosten würde.

Ganz am Schluss der Antwort erst kommt der Regierungsrat in einem kurzen Abschnitt auf die Bussen zu sprechen, die dem Kanton wegen der Warntafeln durch die Lappen gingen. Beachte man, dass die Übertretungsquote bei bekannten Messanlagen unter einem Prozent lägen, sei davon auszugehen, «dass die generelle Warnung vor Geschwindigkeitskontrollen auf der Einnahmenseite dazu führen wird, dass die Bussenerträge zurückgehen werden».

«Ich hätte überhaupt kein Problem damit, wenn der Busseneingang bei null Franken läge.»

Beat Villiger, Zuger Sicherheitsdirektor

Regierungsrat Beat Villiger kontert den Vorwurf Werners: «Ich hätte überhaupt kein Problem damit, wenn der Busseneingang bei null Franken läge. Im Gegenteil, das wäre ein gutes Zeugnis für die Zuger Bevölkerung.» Natürlich rechne der Kanton im Budget einen gewissen Busseneingang ein. «Es wäre völlig falsch, wenn wir das nicht machen würden, da die Erfahrungen ein anderes Bild zeigen», so Villiger.

Budgetierte Bussgelder: 6,1 Millionen Franken

Konkrete Zahlen darüber, wie hoch die Einnahmen des Kantons allein aufgrund von Geschwindigkeitsübertretungen sind, gibt es laut Zuger Polizei keine (zentralplus berichtete). Polizei-Sprecherin Judith Aklin sagt dazu: «Fürs Jahr 2017 sind 6,1 Millionen Franken an Bussgeldern budgetiert. Darin enthalten sind jedoch auch etwa Bussen aus dem Übertretungsstrafgesetz, etwa wegen Littering, oder Ordnungsbussen wegen Zuwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz.»

Die Regierung legt dem Kantonsrat entsprechend nahe, die Motion nicht zu überweisen. Ob die Idee der drei Herren bei den anderen Parlamentariern dennoch Anklang findet, zeigt sich an einer der kommenden Kantonsratssitzungen.

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