Politik
Stadtrat legt Entwicklungskonzept vor

Wohnraum und Ladensterben: So will Zug die Zukunft meistern

Stellte die Vision für die Stadt Zug der Zukunft vor: Stadtpräsident Karl Kobelt. (Bild: bic)

Die Stadt Zug will wachsen und trotzdem nachhaltig bleiben. Deshalb hat der Stadtrat ein Entwicklungskonzept erarbeitet, das sich an internationalen Nachhaltigkeitszielen orientiert und sowohl den Detailhandel als auch die Wohnungsnot ins Auge fasst. Der Stadtpräsident verspricht aber: «Zug bleibt Zug».

Der Zuger Stadtrat hat hochtrabende Pläne. So soll die Kolinstadt bis 2040 um rund 15’000 Menschen wachsen. Und nicht nur die Stadt selber wird künftig für mehr Menschen das Zuhause sein. Auch in den umliegenden Gemeinden wird nach Kräften gebaut – der Siedlungsdruck am nördlichen Ufer des Zugersees wird unweigerlich zunehmen.

Wie will die Stadtregierung mit diesen Entwicklungen und ihren Begleiterscheinungen – wie der Nachfrage nach Wohnraum oder Mobilität – umgehen? Darüber gab sie am Dienstag im obersten Stock des Parktowers Auskunft. Welche Wichtigkeit der Stadtrat dem Thema beimisst, zeigte sich daran, dass er in corpore vor die Medien trat. Jedenfalls war dies so geplant. Stadträtin Vroni Straub-Müller musste krankheitsbedingt kurzfristig absagen.

Ein Konzept mit Pioniercharakter

Gut ein Jahr hat der Stadtrat am langfristigen Entwicklungskonzept gearbeitet. Als Ausgangspunkt hat er die Nachhaltigkeitsziele der Uno für das Jahr 2030 gewählt. «Wir sind eine der ersten Städte der Welt, die ein Entwicklungskonzept auf dieser Basis entworfen und auf die lokalen Gegebenheiten heruntergebrochen hat», sagte Stadtpräsident Karl Kobelt (FDP) stolz. Zug habe folglich durchaus Pioniercharakter.

Kern des Konzepts ist eine Sammlung verschiedener Projekte in den Bereichen Wohnen, Verkehr, Gewerbe oder Wirtschaft, die mit- und aufeinander verknüpft und abgestimmt sind. In den Budgets für die kommenden Jahre sollen sie jeweils fix eingeplant werden. «Die Uno-Ziele beinhalten mehr als Ökologie. Sie durchdringen alle Aufgabenfelder der Stadtverwaltung. Ziel ist ein nachhaltiger Umgang mit wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Ressourcen und eine integrale Entwicklung von Zug», schilderte Kobelt die Pläne.

«Ob wir aber auch bis 2040 die ganze Nachfrage befriedigen können, weiss ich nicht.»

Eliane Birchmeier, Stadträtin

Und weiter: «Es gibt Projekte, die bereits laufen. Dazu gehören zum Beispiel die Ortsplanungsrevision, der Bebauungsplan für das LG-Areal oder Ideen zur Bewältigung des Strukturwandels im Detailhandel», führte Kobelt auf Anfrage aus. Einen Versuch, das Ladensterben zu verhindern oder zumindest aufzuhalten, ist eine Belebung der Innenstadt durch Touristinnen (zentralplus berichtete). Weitere Projekte in allen Bereichen würden in einer rollenden Planung fortlaufend in das Entwicklungskonzept eingebaut.

Die grosse Frage nach dem Wohnraum

Wenig überraschend hob der Zuger Stadtpräsident in seinen Ausführungen das Thema bezahlbarer Wohnraum explizit hervor und bezeichnete es als «Dauerbrenner in Zug». Der Stadtrat verfolge darum eine proaktive Immobilienstrategie, um den Bau von preiswerten Wohnungen zu forcieren. In erster Linie durch Baugenossenschaften. «Ein konkretes Vorhaben ist der mögliche Erwerb des Zurlaubenhofes für die Realisierung von erschwinglichem Wohnraum. Darüber werden wir demnächst entscheiden», schaltete sich Finanzdirektor André Wicki (SVP), der für die städtischen Immobilien zuständig ist, in die Diskussion ein.

«Wir sprechen da von einer gewaltigen Menge an Wohnungen für den Mittelstand.»

Eliane Birchmeier, Stadträtin

Baudirektorin Eliane Birchmeier (FDP) ergänzte, dass man mit den Bebauungsplänen bezüglich Schaffung von günstigen Wohnungen ein mächtiges Instrument in der Hand habe. «Für die Bebauung des LG-Areals, des Oesch-Areals und die äussere Lorzenallmend haben wir Vereinbarungen getroffen, dank denen bei diesen Projekten 20 Prozent bezahlbare Wohnungen entstehen. Wir sprechen da von einer gewaltigen Menge an Wohnungen für den Mittelstand», so Birchmeier.

Wo dies noch nicht der Fall ist, versuche man es von privaten Investoren einzufordern oder auszuhandeln. «Ob wir auch bis 2040 die ganze Nachfrage befriedigen können, wenn Zug weiterhin so attraktiv bleibt und ob das sinnvoll ist, weiss ich momentan nicht», merkte Birchmeier an, deren Partei sie just am Dienstag als Nachfolgerin von Karl Kobelt als Stadtpräsidentin vorschlug. Stadtrat Karl Kobelt wies darauf hin, dass man bei den Immobilienpreisen auch das Gewerbe und die Vereine nicht vergessen dürfe.

Alle Stadträte und Direktionen sind gefordert. Es fehlt Stadträtin Vroni Straub-Müller. Rechts Stadtschreiber Martin Würmli. (Bild: bic)

Ökologie als wichtiges Ziel

Und was ist mit der Ökologie? Hier will der Stadtrat auf Anreize setzen und Gebote und Verbote nur dort festlegen, wo es nötig ist. Hinzu komme, dass die finanziellen Mittel gezielt und bewusst ausgegeben werden müssten, betonte Stadtpräsident Kobelt. Denn nur so bleibe man als Stadt auch in Zukunft attraktiv. Und Birchmeier schob nach: «In der nächsten Legislatur wird die städtische Bauordnung überarbeitet. Dort wird sich zeigen, inwiefern man auf Vorgaben oder Anreize setzen will.» Dies vor dem Hintergrund, dass die Bauwirtschaft bezüglich Ökologie schon sehr weit sei und dem wichtigen gesellschaftlichen Anliegen Rechnung tragen möchte.

«In Zug leben Menschen aus 125 Nationen. Hier gibt es ein riesiges Potenzial.»

Karl Kobelt, Stadtpräsident

Ähnliches gelte beim Verkehr, wo Zug eine «lebensfreundliche und klimaschonende Mobilität» anstrebe. Konkreter wurde von den anwesenden Stadträten aber niemand. Lösungen zu finden, für die alle zu haben sind, dürfte in der verkehrspolitisch tief gespaltenen Stadt Zug ohnehin nicht einfach sein. Aber zumindest in der Verwaltung will man gemäss Stadtrat ökologischer und CO2-neutral werden.

Trotz allem: «Zug bleibt Zug»

Trotz der vielen Entwicklungen und Veränderungen hielt Stapi Karl Kobelt fest: «Zug bleibt Zug. Wir haben bereits heute viele Qualitäten wie die Altstadt. Diese wollen wir auch langfristig pflegen.» Zug sei allerdings auch eine dynamische und vorwärtsgerichtete Stadt. Folglich bewege man sich mit der Entwicklungsstrategie in einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne.

Auch das funktionierende städtische Leben in Zug soll laut Kobelt erhalten und gefördert werden. «In Zug leben Menschen aus 125 Nationen. Hier gibt es ein riesiges Potenzial, wenn sich diese Leute in Zukunft noch vermehrt am städtischen Leben beteiligen. Um das Potenzial auszuschöpfen, brauchen wir aber die Bevölkerung, die Wirtschaft, das Gewerbe sowie die Vereine hinter uns.»

Ob und inwiefern die Stadt ihre Visionen und die damit verbundenen Projekte wird vorantreiben können, wird sich zeigen müssen. Dass die grössten Brocken die Fragen nach bezahlbarem Wohnraum und der künftigen Belebung der Innenstadt darstellen, scheint zumindest den Stadträten mittlerweile klar zu sein. Einen Stimmungstest über den Umgang mit der Bevölkerungsentwicklung, die unweigerlich zu einer erhöhten Nachfrage nach Mobilität führen wird, werden bald die emotionalen Diskussionen über den «Stadttunnel light» liefern, den der Stadtrat bauen will.

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