Zuger Spargegner vom Regierungstempo überrascht

Wird die «Allianz» der Spargegner bestehen – oder auseinanderbrechen?

Barbara Kurth, dahinter ihre «Allianz für ein lebenswertes Zug» bei der Eingabe der Unterschriften.

 

(Bild: Montage zentralplus)

Der Sieg der Spargegner am Sonntag war überraschend. Aber nun geht es schon um Deutungsmacht. Die Zuger Regierung glaubt, dass das Volk nur Nein zu einer Handvoll Massnahmen gesagt hat. Das ist auch Konsens bei den bürgerlichen Parteien. Die Gegner des Sparpakets sehen das ganz anders.

Barbara Kurth hat gewonnen. Und nun droht ihr der Sieg schon aus den Händen zu gleiten. Die Präsidentin der «Allianz für ein lebenswertes Zug» hat als Zusammenschluss von rund 30 Organisationen und Verbänden am vergangenen Sonntag geschafft, was noch niemand in Zug geschafft hatte: Eine bürgerliche Finanzvorlage scheitern zu lassen.

Das Entlastungsprogramm ist vom Tisch – oder auch nicht. Schon am Sonntag verkündete Finanzdirektor Heinz Tännler, das Entlastungspaket sei nicht für den Kübel. Nur die umstrittenen Massnahmen seien abgelehnt worden. Am Dienstag schrieb der Zuger Regierungsrat bereits in einer Medienmitteilung eine erste vorsichtige Analyse der Ergebnisse: Das «Nein» sei knapp und gleichzeitig deutlich. Was das wohl bedeuten könnte, lässt die Regierung offen. Klar ist: Man wolle nun die rund 40 Massnahmen auf ihre Akzeptanz prüfen und die unbestrittenen Massnahmen schnellstmöglich umsetzen.

Das stösst bei der Präsidentin der Abstimmungsgewinner auf Verblüffung.

Barbara Kurth: Ich muss sagen, das Tempo überrascht mich, das der Regierungsrat da vorlegt. Nicht in einem negativen Sinn, es ist gut, dass er vorwärts macht. Aber ich bin doch sehr verblüfft – vor der Abstimmung hiess es noch, man werde Jahre brauchen, um ein neues Sparprogramm auszuarbeiten. Jetzt geht es nicht mal zwei Tage bis zur ersten Medienmitteilung. Und mit uns hat noch niemand gesprochen.

zentralplus: Da rennt Ihnen der Zuger Polit-Kuchen allerdings in Sachen Definitionsmacht bereits davon – die bürgerlichen Parteien und die Regierung werten das Resultat klar als Ja zu Sparmassnahmen, und nur als Nein zu umstrittenen Massnahmen im Sozialbereich. Man wird also einigen der Massnahmen wieder begegnen. Möglicherweise auch solchen, die einzelnen Bestandteilen der Allianz nicht passen. Der neue Begriff ist schon geprägt – «Entlastungsprogramm light». Ist das Nein also gar keines?

Kurth: Wir sehen das anders. Das Nein zum EP 2 ist vor allem auch ein Zeichen der Bevölkerung, dass sie eine kleine Steuererhöhung auf sich nehmen würde. Denn das haben die Gegner als Alternative pausenlos angedroht. Es stimmt, wir bieten Hand zu Sparmassnahmen. Man kann sparen, auch in der Bildung. Aber parallel dazu muss man auch die Einnahmenseite anschauen, und nicht erst beim Projekt Finanzen 2019, wie die Regierung das fordert.

zentralplus: Nun droht die Allianz zu zerfallen: Die Regierung will über einzelne Massnahmen beraten, da geht es um Einzelinteressen. Werden nun die Polizisten gegen die Lehrer gegen die Verwaltungsleute ausgespielt? Kann Ihre Allianz überhaupt weiter bestehen, wenn es um die einzelnen Punkte geht?

Kurth: Wir haben der Regierung noch am Sonntag mitgeteilt, dass wir ins Boot geholt werden möchten, wenn es an die Analyse und das Verarbeiten des Abstimmungsergebnisses geht. Das ist bis jetzt nicht passiert. Wir wünschen uns aber schon, dass wir Teil des Prozesses sind, und auch darüber sprechen können, wo aus unserer Sicht gespart werden kann. Denn wir wollen ja auch Hand bieten zu Sparmassnahmen – aber zu solchen, die verträglich sind.

zentralplus: Also keine Angst vor einem Zerfall der jungen Allianz?

Kurth: Ich glaube nicht, dass sich einzelne Teile der Allianz gegeneinander ausspielen lassen. Zudem ist die Allianz gar nicht so jung – der Zusammenschluss verschiedener Personalverbände ist schon lange existent. Wir tauschen uns seit Jahren aus. Nun ist dieser Austausch intensiver geworden.

«Die Bevölkerung hat Nein gesagt, weil ihnen diese Massnahmen im Sozialbereich einfach viel zu viel waren. Da haben die Leute sich gesagt, geht’s eigentlich noch?»

Barbara Kurth, Präsidentin der «Allianz für ein lebenswertes Zug»

zentralplus: Aber gerade bei den Lehrerlöhnen wird die Debatte wohl schwierig: Die Bevölkerung hat wohl nicht deswegen Nein gesagt. Sondern eher wegen den Massnahmen im Sozialbereich oder den Polizeiposten.

Kurth: Die Bevölkerung hat Nein gesagt, weil ihnen diese Massnahmen im Sozialbereich einfach viel zu viel waren. Da haben die Leute sich gesagt, geht’s eigentlich noch? Das stimmt natürlich: Wenn es nur um die Lehrerlöhne ginge, wären wir wohl chancenlos. Und es gibt in der Bildung auch Möglichkeiten zu sparen. Wenn zum Beispiel die Lohnerhöhungen für zwei Jahre ausgesetzt würden – damit könnte die Lehrerschaft leben. Aber eine Verschlechterung der Qualität werden wir nicht zulassen.

«Ich wurde sogar im Café angesprochen: Wow, dass ihr das geschafft habt.»

Barbara Kurth, Präsidentin der «Allianz für ein lebenswertes Zug»

zentralplus: Hat die Abstimmung die Verbände als politische Kraft erstarken lassen?

Kurth: Ich denke schon. Wir haben auch unheimlich viele Rückmeldungen bekommen, so viele Gratulationen und Mails von Leuten, die ich gar nicht kenne. Ich wurde sogar im Café angesprochen: «Wow, dass ihr das geschafft habt.» Für mich ist klar, dass man nicht einfach dieses Entlastungsprogramm noch einmal auspacken darf, einfach minus sieben umstrittener Massnahmen.

zentralplus: Die Realität sieht aber wohl so aus: Die Regierung wird das Entlastungsprogramm minus einiger Massnahmen in Häppchen noch einmal dem Kantonsrat vorlegen – der dazu Ja sagen wird. Wenn die umstrittensten Massnahmen wegfallen, ist ein Referendum wohl keine Option mehr. Wo bleibt da Ihr Handlungsspielraum?

Kurth: Sehen Sie, es stimmt wahrscheinlich, dass die Regierung eine Steuererhöhung nur dann im Kantonsrat durchbringen kann, wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind. Das Volk hat nun Nein gesagt zu dieser Vorlage. Die Regierung muss über die Bücher. Wir sind der Meinung, dass das Nein auch ein Signal für eine leichte Steuererhöhung war. Und wir möchten einbezogen werden, was die einzelnen Massnahmen betrifft – zumindest eine Delegation der Allianz sollte mitreden können. Wir werden uns nun intern treffen und das weitere Vorgehen besprechen. Auf jeden Fall werden wir dranbleiben.

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