SP, Grüne und GLP versenken das Parkhaus Musegg

«Wir sind masslos enttäuscht»

Fritz Studer von der Parkhaus Musegg AG gibt nach dem Absturz des Projekts im Stadtparlament den Medien Auskunft.

(Bild: lwo)

Erstmals hat der Luzerner Stadtrat ausführlicher Stellung genommen zum umstrittenen Parkhaus Musegg. Als Kompromiss an die erbitterten Gegner aus SP, Grünen und GLP bietet er an, die Zusammenarbeit mit den privaten Initianten auf ein Minimum zu beschränken. Doch die Öko-Allianz zeigt kein Erbarmen. Jetzt soll’s eine Volksinitiative richten.

Showdown im Luzerner Stadtparlament. Diesen Donnerstag ging es um die Zukunft des umstrittenen Parkhauses Musegg. Zur Debatte stand ein Dringliches Postulat von SP, Grünen und GLP. Diese drei Parteien, die seit den letzten Wahlen über eine knappe Mehrheit von 25 zu 23 Sitzen verfügen, wollen das Parkhaus-Projekt beerdigen. Es sei der völlig falsche Ansatz, um die Verkehrsprobleme in der Stadt zu lösen. Im Postulat verlangen sie deshalb, dass die Stadt die Zusammenarbeit mit den privaten Initianten des Parkhauses sofort einstellen muss. Auch soll auf die nötige Umzonung sowie die Aushandlung des Baurechts verzichtet werden. Damit stünde das Projekt vor dem Abgrund. Und das, obschon dem Stadtrat seit einigen Wochen ein aufwendig erarbeitetes Vorprojekt vorliegt – von dem die Öffentlichkeit allerdings noch nichts weiss, diese soll erst später darüber informiert werden.

Doch SP, Grüne und GLP wollen gar nicht wissen, was da drin steht. Sie haben diesen Donnerstag geschlossen und deshalb erfolgreich für die Dringlichkeit des Vorstosses gestimmt. Auch in der Schlussabstimmung setzte sich diese Allianz am späten Donnerstagnachmittag durch und überwies das Postulat mit 23 Ja- zu 22 Nein-Stimmen. Damit hat der Stadtrat den Auftrag gefasst, die Zusammenarbeit mit der Parkhaus AG zu beenden.

Der Stadtrat, der nicht dagegen opponiert hat, sondern das Postulat teilweise entgegennehmen wollte, nahm in seiner Antwort erstmals ausführlicher Stellung zum Parkhaus.

Kurzfazit: Der Stadtrat sieht durchaus interessante Ansätze im Projekt. Allerdings auch Gefahren. Er möchte die Arbeiten daran nicht voreilig einstellen, sondern das Vorprojekt seriös analysieren und dann via Planungsbericht eine Gesamtsicht erarbeiten. Und dann zusammen mit dem Parlament eine gemeinsame Haltung entwickeln und entscheiden, ob das Parkhaus etwas zur Attraktivierung der Innenstadt taugt. Dieser Planungsbericht soll im Frühjahr vorliegen.

Bericht soll Lösung für Carproblem aufzeigen

Laut dem Stadtrat beinhaltet das Musegg-Vorprojekt umfassende Aussagen zu den verkehrlichen Auswirkungen und denjenigen auf die Umwelt. Die Initianten hätten sehr viel Arbeit investiert, um sämtliche Auswirkungen des Parkhauses im Musegghügel aufzuzeigen. Man beabsichtige eh, bis nächsten Frühling einen Planungsbericht zum «Konzept Carparkierung Luzern» vorzulegen. Dieser soll dazu dienen, dass das Parlament in die Diskussion um die Carparkierung einbezogen werden kann. «Von grosser Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, die verkehrlichen Aspekte in den Gesamtzusammenhang der in der Gesamtplanung verankerten Attraktivierung der Innenstadt zu stellen», schreibt die Stadt.

Die Stadt erinnert zudem daran, dass sie 2014 im Rahmen der Evaluation der Parkhäuser Musegg und Metro/Reussegg drei Bedingungen formuliert hat, unter denen sie das Musegghügel-Projekt unterstützen kann: Das Carproblem am Schwanenplatz muss vollständig gelöst werden; es erfolgt eine Attraktivierung der Innenstadt; es werden zwischen 300 und 600 Oberflächenparkplätze in der Innenstadt aufgehoben. Diese drei Bedingungen erfüllt das Musegg-Projekt laut Stadtrat. «Damit ist ein wichtiger Schritt getan.»

Umfassende Abklärungen nötig

Nun möchte die Stadt in einem nächsten Schritt die im Dringlichen Postulat von SP, Grünen und GLP erwähnte und kritisierte Kompensation von Parkplätzen im Einzugsbereich des Parkhauses Musegg in einem Gesamtzusammenhang betrachten. Dazu gehören auch die negativen finanziellen Auswirkungen aus dem Wegfall der Parkplatzgebühren. Und auch nach alternativen Carparkplätzen soll gesucht werden. Auch dazu soll der Planungsbericht Auskunft geben.

Der Stadtrat setzt bei der Beurteilung des Parkhaus-Projekts aber auch auf die Zusammenarbeit mit dem «Forum attraktive Innenstadt». Mit dieser aus Schlüsselpersonen aus der Wirtschaft, der Verwaltung, dem Wohnsektor, dem Tourismus und der Kultur besetzten Gruppierung soll die zukünftige Entwicklung der Innenstadt gesteuert werden.

Abschliessend schlägt der Stadtrat folgenden Kompromiss vor: Er sistiert die Arbeiten am Projekt grundsätzlich. Die aktive Zusammenarbeit mit den Initianten der Parkhaus Musegg AG aber will er nicht beenden. Auch will er nicht bereits jetzt auf eine Umzonung verzichten. Der Stadtrat verzichtet jedoch auch darauf, das Vorprojekt – wie eigentlich geplant – dem Kanton Luzern zur Vorprüfung vorzulegen. Dies, bis der Planungsbericht mit der Gesamtschau im Frühling 2017 im Stadtparlament besprochen ist.

«Möglicherweise werden wir das Vorprojekt im Alleingang nächsten Januar oder Februar der Öffentlichkeit vorstellen.»

Fritz Studer, Parkhaus Musegg AG

Aktuell wäre eigentlich geplant gewesen, dass das Volk nächstes Jahr über die fürs Projekt benötigte Umzonung und das Baurecht abstimmen kann. Daraus wird nun, nach der Überweisung des Postulats, definitiv nichts.

Riesige Enttäuschung

Fritz Studer, Verwaltungsratspräsident der Parkhaus Musegg AG, verfolgte die Debatte von den Zuschauerrängen aus. Er sagte anschliessend: «Ich bin masslos enttäuscht, dass das Parlament nicht einmal bereit ist, all unsere Vorarbeiten zu würdigen und sie einer Gesamtsicht zu unterziehen.» Wie es weitergehe, könne er noch nicht sagen, das müsse man zuerst im Verwaltungsrat diskutieren. «Möglicherweise werden wir das Vorprojekt im Alleingang nächsten Januar oder Februar der Öffentlichkeit vorstellen.» Und dann abwarten, bis es zur von den bürgerlichen Parteien angekündigten Volksinitiative komme.

Studer machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Und er mahnte vor den Folgen: «Dieses Nein zu unserem Projekt wird sich auf künftige Initiativen von Privaten auswirken. Man wird wohl weniger bereit sein, sich für die Entwicklung der Stadt einzusetzen.» Beispiele wie etwa das KKL würden zeigen, wie wichtig solche Engagements wären.

Kritik vonseiten der SP, man habe in den letzten Monaten keinerlei Kontakt gesucht, weist Studer energisch zurück: «Wir haben immer signalisiert, dass wir gesprächsbereit sind.» Auch sei man an die Fraktionssitzungen gegangen. «Und wir haben das Gespräch gerade auch mit der SP gesucht.» Nur habe man davon nichts wissen wollen.

Bürgerliche kamen zu spät

Egal, wer hier Recht hat: Sehr, sehr spät kam das Aufbäumen der Wirtschaft und der bürgerlichen Politiker. Erst diesen Dienstag, zwei Tage vor der entscheidenden Debatte im Stadtparlament, appellierten Wirtschaftsvertreter an die Allianz aus SP, Grünen und GLP, dem Projekt doch eine Chance zu geben (siehe Box). Jetzt, da der Vorstoss überwiesen ist, darf man gespannt sein, ob es der CVP mit der angekündigten Volksinitiative ernst ist. CVP-Grossstadtrat Roger Sonderegger sagt dazu: «Wir möchten zuerst mit unseren bürgerlichen Partnern SVP und FDP schauen, ob wir diese Initiative gemeinsam angehen können.»

«Wir wollen aber sicher keine Grundsatzabstimmung über das Parkhaus Musegg provozieren.»

Roger Sonderegger, CVP

Konkrete Ideen betreffend Formulierung der Initiative sowie den Zeitplan bestehen noch nicht. Gefordert sind 800 Unterschriften. «Wir wollen aber sicher keine Grundsatzabstimmung über das Parkhaus Musegg provozieren», führt Sonderegger aus. «Wir wollen mit der Initiative erreichen, dass doch noch eine öffentliche Debatte über das Projekt geführt werden kann.» Erst dann könne sich auch die CVP festlegen, ob das Projekt wirklich unterstützungswürdig sei oder nicht. Doch dazu brauche es mehr Infos. Heisst: Die CVP will mit der Initiative die Forderungen im Postulat rückgängig machen. Dieser Schritt wäre zweifellos eine Seltenheit in Luzern.

Heftige Debatte

In der Parlamentsdebatte diesen Donnerstag kamen kaum neue Argumente auf den Tisch. Die Gegner kritisierten, dass das Carproblem nur am Schwanenplatz gelöst würde, nicht aber im Rest der Stadt, dass der Abbau von 300 bis 600 oberirdischen Parkplätzen unrealistisch sei, dass die wegfallenden Parkplatzgebühren finanziell zum Problem für die Stadt würden und dass das Problem einzig mit einer Förderung des öV und des Langsamverkehrs gelöst werden könne. Aber sicher nicht mit einem neuen Parkhaus mit 670 Autoparkplätzen, wo doch die bisherigen Parkhäuser kaum je ausgelastet seien.

«Hier wird beanstandet, man wisse noch gar nichts über das Projekt. Dann warten wir doch noch ein paar Wochen, bis das Vorprojekt veröffentlicht wird.»

Peter With, SVP

Auch die Argumente der Befürworter sind bekannt: Das Projekt könnte ein Lösung für das Carproblem am Schwanenplatz sein und es könnte helfen, die Innenstadt massiv aufzuwerten.

Hier bodigen SP, Grüne und GLP im Luzerner Stadtparlament gerade das Projekt Parkhaus Musegg.

Hier bodigen SP, Grüne und GLP im Luzerner Stadtparlament gerade das Projekt Parkhaus Musegg.

Spannender war die Debatte um die Frage, warum man es bereits zum jetzigen Zeitpunkt (nicht) abwürgen soll. Peter With (SVP) sagte: «Hier wird beanstandet, man wisse noch gar nichts über das Projekt. Dann warten wir doch noch ein paar Wochen, bis das Vorprojekt veröffentlicht wird.» Das sei ja bereits im Frühling der Fall. Zu verlieren habe man nichts.

Roger Sonderegger (CVP) erinnerte die Öko-Allianz daran: «Macht heisst auch Verantwortung: Der Stadtrat hat eine Vereinbarung mit den Initianten unterzeichnet. Diese haben deshalb viel Zeit, Geld und Energie investiert. Wir machen uns zu einem unzuverlässigen Partner für Private. Sind wir uns bewusst, was das bedeutet?» 

«Wir sollen das Projekt desavouieren? Das ist dummes Zeug. Wir machen nur unseren Job.»

Mario Stübi, SP

Daran knüpfte Reto Kessler (FDP) an. Mit Blick zu den Linken/GLP sagte er: «Für eine Verhinderung des Projekts ergeben sich noch viele Möglichkeiten.» Etwa wenn der Bericht des Stadtrates ins Parlament komme. Kessler ärgerte sich: «Was Sie hier machen, ist ein Angriff auf innovative Lösungen, auf den Autoverkehr, auf den Tourismus sowie gegen engagierte Bürger, die die Stadt weiterbringen wollen. Die Initianten haben über eine Million Franken investiert.» Das wäre alles vergebens gewesen. «Es kann doch nicht sein, dass es ein Denkverbot und eine Diskussionsverweigerung in einer solch wichtigen Sache gibt.»

Das liess Mario Stübi (SP) nicht auf sich sitzen. «Wir sollen das Projekt desavouieren? Das ist dummes Zeug. Wir machen nur unseren Job. Es ist unsere Pflicht, massvoll mit öffentlichen Geldern umzugehen.» Die Stadt habe nun genug Zeit und Geld darin investiert. «Wir klemmen keine private Initiative ab, sondern wollen einzig, dass sich die Stadt nicht mehr daran beteiligt.» Und genau das wird jetzt geschehen.

700 Autos und Cars im unterirdischen Parkhaus

Das umstrittene Projekt sieht ein unterirdisches Parkhaus im Musegghügel mit Platz für 670 Autos, 36 Reisecars und sieben Car-Anhalteplätze vor. Ziel ist die Entlastung und Aufwertung des Schwanenplatzes und der Innenstadt. Die Kosten von 150 Millionen Franken sollen von Privaten, der Musegg Parking AG, getragen werden. Diese will das Parkhaus betreiben und damit natürlich auch Geld verdienen. Als Kompensation für die neuen Parkplätze müssten wegen des vom Volk angenommenen Mobilitätsreglements 300 bis 600 oberirdische Parkplätze abgebaut werden.

Wirtschaft und Bürgerliche wehren sich

Aus Furcht vor einem vorzeitigen Tod des Projekts versuchten diese Woche auch Wirtschaftsvertreter, das Steuer in letzter Sekunde herumzureissen. Alexander Gonzales vom städtischen Wirtschaftsverband, Patric Graber von Luzern Hotels, Franz Stalder von der City-Vereinigung und Ferdinand Zehnder von der Luzern Tourismus AG verschickten den Stadträten und Stadtparlamentariern einen offenen Brief. Für die Stadt Luzern sei das Projekt prüfenswert und biete viele Chancen, appellierten sie an die Politiker. Für die Touristenstadt Luzern sei es essenziell, Reisebussen eine zentrumsnahe Zufahrt zur Altstadt zu bieten. Weiter sei die gute Erreichbarkeit auch mit dem Auto für die in der Stadt ansässigen Unternehmen überlebenswichtig. Zudem sei die Stadt angesichts der wachsenden Konkurrenz gezwungen, innovativ und attraktiv zu bleiben. Deshalb sei die abgeschlossene Projektstudie eingehend zu prüfen – und die Wirtschaft sei dabei einzubeziehen.

Sie kämpfen gegen ein abruptes Ende des Parkhaus-Projekts: Franz Stalder (v.l.), Patric Graber, Ferdinand Zehnder und Alexander Gonzalez.

Sie kämpfen gegen ein abruptes Ende des Parkhaus-Projekts: Franz Stalder (v.l.), Patric Graber, Ferdinand Zehnder und Alexander Gonzalez.

(Bild: lwo)

Am gleichen Tag kündigte die CVP an, bei einem Scheitern des Projekts eine Volksabstimmung lancieren zu wollen. Ein solches Projekt dürfe nicht einfach an der Bevölkerung vorbei abgeschossen werden. SVP und FDP dürften gleicher Meinung sein – auch wenn die SVP sauer ist, weil die Idee einer solchen Initiative von ihr stammt (hier geht’s zum Artikel).

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Otilde
    Otilde, 16.12.2016, 09:50 Uhr

    Parkhaus Musegg ist seit es auf dem Papier steht umstritten. Es zeugt von Arroganz der Privatpersonen und den buergerlichen Parteien, dass sie ueber die politische Ablehnung erstaunt sind.

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