Zuger Grüne: Lustenberger übt Selbstkritik

«Wir haben uns getäuscht»

Die Zuger Alternative – die Grünen müssen über die Bücher. (Bild: wia)

Die Zuger Partei «Alternative – die Grünen» hatte am Sonntag nichts zu lachen. Es wurden Verluste eingefahren, mit denen kaum jemand gerechnet hätte. Für den Stände- und Nationalratskandidaten Andreas Lustenberger ist klar, dass der Skandal vom letzten Dezember durchaus Mitschuld daran trägt.

Von 15,4 Prozent Wähleranteil auf 7,2 Prozent. Ein grosser Schock für die Alternative – die Grünen. Die SP freut sich derweil. Denn diese hat einen grossen Teil der verlorenen Stimmen der Grünen abgesahnt. Nun werden erst einmal Wunden geleckt. Doch dabei darf es nicht bleiben. Denn zwei Fragen drängen sich auf: Wo liegt der Hund begraben? Und wie geht es für die Grünen weiter? Um Antworten darauf zu finden, traf zentral+ den Baarer Kantonsrat Andreas Lustenberger.

zentral+: Herr Lustenberger, wie erklären Sie sich das schlechte Resultat der Zuger Grünen?

Andreas Lustenberger: Wir wussten, dass wir nicht mehr dasselbe gute Resultat erzielen würden wie vor vier Jahren. Doch letztes Jahr, bei den kantonalen Wahlen, waren wir stärker als die SP. Deshalb dachten wir, dass es bei den nationalen Wahlen zwischen den zwei linken Parteien etwa ausgeglichen sein wird. Wir haben uns getäuscht.

Ich habe zwei Vermutungen, warum das so kam. Einerseits ist die SP mit vielen profilierten Leuten angetreten. Hubert Schuler ist über seine Parteigrenzen hinaus bekannt und hat als ehemaliger Kantonsratspräsident gute Arbeit geleistet.

Und dann ist da der «Zuger Skandal». Dieser hat sich einerseits direkt auf die Parteiresultate ausgewirkt. Dies, indem viele Leute, die uns vorher gewählt haben, bei diesen Wahlen auf die SP umgeschwenkt sind. Anderseits haben wir einige Mitglieder, die durch die ganze Geschichte so absorbiert waren, dass ihnen die Kraft fehlte für den Zusatzeffort, welcher der Wahlkampf einem abverlangt. Es gibt auch ein paar Parteimitglieder, die wegen des Skandals nicht kandidiert haben, obwohl das seit Langem geplant war. Ich habe Verständnis dafür, denn jeder reagiert anders auf Krisen. Anderseits bin ich der Ansicht, dass man sich auch in schlechten Zeiten für die Partei einsetzen kann.

zentral+: Haben sich die Alternative – die Grünen Ihrer Meinung nach also zu wenig eingesetzt während dieses Wahlkampfes?

Lustenberger: Nein, das stimmt so nicht. Unser Wahlkampf war gut. Wir sind auf die Strasse gegangen, waren in allen Gemeinden unterwegs, und dennoch: Ausgezahlt hat sich das nicht. Auch nicht in den Gemeinden, in denen es gar keine SP gibt. Man muss dazu aber sagen. Beim Wahlkampf hat uns die SP etwas vorgemacht. Mit ihrer Telefonaktion hat sie schweizweit sehr effizient Wähler abgeholt. Kaum eine Partei hat so gute Kampagnenleute wie die SP. Wir sind da sicher altmodischer unterwegs.

«All die Erfolge im Umweltbereich sind bereits zu lange her, als dass sie als ‹grüne› Erfolge gelten würden.»

zentral+: Die Grünen haben in der gesamten Schweiz Stimmen eingebüsst. Im Nationalrat gingen ihnen vier Sitze durch die Lappen. Sie haben gleich nach Bekanntgabe der Wahlresultate angetönt, dass sich die Partei schweizweit neu orientieren müsse. Was heisst das?

Lustenberger: Unsere Kernthemen wie Ökologie und Umwelt sind schon sehr in den politischen Prozessen verankert und werden von fast allen Parteien bewirtschaftet. Ziel der Grünen war es schon immer, etwas zu bewegen und Alternativen aufzuzeigen. All die Erfolge im Umweltbereich sind bereits zu lange her, als dass sie als «grüne» Erfolge gelten würden. Das heisst, wir müssen andere Kernthemen in den Mittelpunkt rücken, beispielsweise das Thema der Zersiedelung. Dazu haben die Jungen Grünen bereits eine Initiative aufgegleist. Zudem machen die Grünen viel im Bereich der Migrationspolitik, doch werden wir dort noch nicht richtig wahrgenommen.

zentral+: Werden Sie mit solchen Themen nicht einfach zur zweiten SP?

Lustenberger: Unser Hauptunterschied zur SP liegt darin, dass wir stets Alternativen aufzeigen wollen. Beim Wohnen, im Integrationsbereich. Anders als die SP sind wir diesbezüglich nicht der Ansicht, dass alles über Staatsausgaben laufen muss. Vielmehr wollen wir die Freiwilligenarbeit und Sharing-Konzepte fördern. Das Problem, dass Parteien austauschbar sind, haben zudem nicht nur wir. Auch die CVP und die FDP setzen sich in vielen Belangen für dasselbe ein.

«Ich wünsche mir, dass wir den Skandal um Jolanda Spiess-Hegglin möglichst schnell zu einem Ende bringen können.»

zentral+: Und jetzt? Wie geht es bei der Alternative – die Grünen weiter?

Lustenberger: Wir werden an der nächsten Vorstandssitzung der Grünen Schweiz sicher über eine Neuausrichtung diskutieren. Im April sind zudem die Präsidiumswahlen. Ich schätze, dass es künftig auf nationaler Ebene mehr in Richtung «Alternative» und weniger in Richtung Mitte geht.

Für die Zuger Alternative – die Grünen ist es jetzt wichtig, dass wir über die Bücher gehen, um zu wissen, warum genau wir so schlecht abgeschnitten haben. Zudem wünsche ich mir, dass der Skandal um Jolanda Spiess-Hegglin möglichst schnell zu einem Ende kommt.

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