Wieso die Dienststelle Asyl so viele Abgänge hat
Anfang 2017 hat der Kanton das Asyl- und Flüchtlingswesen von der Caritas übernommen. Seither ist mehr als ein Drittel der Angestellten wieder weg, ein grosser Teil davon freiwillig. Mehrere ehemalige Mitarbeiter üben Kritik an der Dienststellenleiterin – doch der Regierungsrat sieht die Gründe für die Unzufriedenheit an anderer Stelle.
Seit Anfang 2017 haben 80 Angestellte die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) verlassen – das bei total 205 Mitarbeitern per Ende diesen August. Der Regierungsrat bestätigt in seiner Antwort auf eine Interpellation der Grünen, dass die DAF ausserordentlich viele Abgänge zu verzeichnen hat. Die Fluktuationsrate war 2017 fast doppelt so hoch wie in der gesamten Verwaltung (zentralplus berichtete).
Ein Teil der Wechsel geht auf Abbaumassnahmen und geschlossene Zentren zurück. Und bei knapp der Hälfte handelt es sich um befristete Verträge, die ausgelaufen sind. Auffallend ist jedoch: Fast genauso gross ist die Zahl der freiwilligen Abgänge.
Das ist insbesondere vor dem Hintergrund des Arbeitsklimas interessant. Denn mehrere ehemalige Mitarbeiter machten gegenüber zentralplus kürzlich den Führungsstil der Dienststellenleiterin für die zahlreichen Wechsel verantwortlich. Silvia Bolliger geriet zudem in die Schusslinie des ehemaligen Leiters der Asylzentren, der im Juni freigestellt wurde und ebenfalls Kritik an seiner Chefin äusserte (zentralplus berichtete).
Kritik bleibt ungehört
Der Regierungsrat hingegen geht mit keinem Wort auf die Kritik an Bolliger ein – und nennt andere Gründe für die vielen Wechsel. Zum einen macht er die «hohe und unkontrollierbare Volatilität» im Asylbereich geltend. Weil die Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber grossen Schwankungen unterliege, sei die Jobsicherheit für die Mitarbeiter der DAF geringer als üblich – und entsprechend höher das Risiko, dass sie bei Aussicht auf eine sicherere Stelle wechseln. Zum anderen führt er die Abgänge auf Veränderungen zurück, die sich «im Rahmen des Change Managements» ergeben hätten.
Der Kanton Luzern kümmert sich seit Anfang 2016 selber um die Asylbewerber, 2017 hat er auch die Betreuung der Flüchtlinge von der Caritas übernommen (zentralplus berichtete). Die vielen Personalwechsel dürften auch auf das Budget schlagen. Zwar kann der Regierungsrat nicht beziffern, was es kostet, wenn eine Stelle neu besetzt werden muss. Die Grössenordnung gibt er aber bekannt: «Grundsätzlich kann man von einem bis mehreren Monatslöhnen der neu zu besetzenden, spezifischen Funktion ausgehen.»
Und noch in einem anderen Bereich hält sich die Regierung bedeckt: zu den Hintergründen zum Abgang des Asylzentrenchefs Adrian Portmann. Sie hält lediglich fest, was bereits bekannt war: dass «unterschiedliche Auffassungen über die Zentrumsführung und die Arbeitsweisen sowie die fehlende Vertrauensbasis ausschlaggebend» waren für die Trennung. Die Entscheide liegen laut Regierung in der Kompetenz der Dienststellenleiterin.
Regierung argumentiert mit Unsicherheit
Zu reden gab auch, dass die Mitarbeiter der DAF jeglichen Kontakt – auch privater Art – mit dem freigestellten Asylzentrenleiter melden mussten (zentralplus berichtete). Die Regierung verneint, dass die Angestellten angewiesen worden seien, Portmann aus dem Weg zu gehen. Die Dienststellenleiterin habe lediglich um eine Information gebeten. Begründet wird dies schwammig mit der Verunsicherung von Mitarbeitern und mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.
Noch immer ist der Kanton auf der Suche nach einem neuen Leiter für die Asylzentren. Die entsprechende Stelle ist seit Mitte September ausgeschrieben. Bis der oder die Neue die Arbeit aufnimmt, werden die neun Luzerner Asylzentren vom jeweiligen Zentrumsleiter geführt, wobei Silvia Bolliger als Dienststellenleiterin ad interim die Gesamtverantwortung trägt.