Weniger Gesuche als früher

Wieso der Kanton Luzern auf Stipendien sitzen bleibt

Von den 9,4 Millionen Franken Stipendienbudget wurden nur rund 7,9 Millionen gebraucht. (Bild: azi)

Der Kanton Luzern zahlt wieder mehr Stipendien aus als früher. Doch kurioserweise wird er das Geld nicht los. Für SP-Kantonsrat Hasan Candan ist klar, dass Versäumnisse des Kantons dafür verantwortlich sind. Dieser hat inzwischen reagiert – hält aber grundsätzlich an seiner bisherigen Strategie fest.

Studenten sind gemäss Volksmund für ihr knappes Budget bekannt. Um für ihre Ausbildung einen finanziellen Zustupf zu erhalten, können Studentinnen beim Kanton Stipendien oder Darlehen beantragen. Gemäss Luzern Statistik (Lustat) haben es Luzerner Studis dabei jedoch vergleichsweise schwer: Im Vergleich zu Kantonen wie Aargau oder Bern bezahlt der Kanton Luzern jährlich weniger Geld aus (siehe Grafik).

Das überrascht kaum. Im Rahmen der kantonalen Sparmassnahmen 2017 hat die Regierung unter anderem das Stipendienbudget gekürzt und die Parameter für die Auszahlung angepasst. Erst letztes Jahr wurde der Topf wieder auf 9,4 Millionen aufgestockt. Zudem wurde die entsprechende Verordnung geändert, um die Stipendien wieder «vermehrt Personen des unteren Mittelstandes» und für die Tertiärstufe zugänglich zu machen, wie die Luzerner Regierung festhält.

Kanton sieht keinen dringenden Handlungsbedarf

Kurios: Trotz der Erhöhung des Budgets stellen Studentinnen weniger Gesuche als im Vorjahr. Ebenso hat sich die Anzahl Bezüger weiter reduziert. So bleibt der Kanton Luzern im Jahr 2020 auf fast 1,5 Millionen Franken sitzen (zentralplus berichtete).

«Dass die Stipendienbeiträge nicht ausgeschöpft werden, ist für mich nicht überraschend», sagt SP-Kantonsrat Hasan Candan auf Anfrage von zentralplus. «Momentan stellt der Kanton den Stipendienbezügern zu viele Barrieren hin.» Für ihn ist dies ein Grund zu handeln: «Man sollte grundsätzlich die Parameter zur Qualifikation anpassen.»

«Ich kann mir gut vorstellen, dass sich bei den Studierenden rumgesprochen hat: ‹In Luzern hat man ja sowieso keine Chance›.»

Hasan Candan, SP-Kantonsrat

Die Luzerner Regierung sieht allerdings keinen Handlungsbedarf. Sie verweist auf Vorgaben und Mindeststandards des Stipendienkonkordats, das die Ausbildungsbeiträge interkantonal harmonisiert. Luzern budgetiert für die Jahre 2022 bis 2025 weiterhin jährlich rund 9,4 Millionen Franken.

Angst vor Überschuldung?

Ebenso wenig sieht der Regierungsrat Anlass, um wegen möglicher negativer Auswirkungen der Coronapandemie auf die Ausbildungsfinanzierung aktiv zu werden. «Unser Rat hat keine Hinweise, dass Personen mangels Ausbildungsbeiträgen ihre Ausbildung nicht umsetzen konnten», hält er in seiner Stellungnahme auf einen Vorstoss von Hasan Candan fest. Denn: Die gesprochenen Darlehen würden seit Jahren nie vollständig abgeholt werden, da die Betroffenen vorher andere Finanzierungsquellen nutzten.

Gemäss Candan zieht die Luzerner Regierung allerdings die falschen Schlüsse. Die fehlende Vollausschöpfung von Darlehen hätte eher mit kulturellen Gegebenheiten zu tun: Schweizerinnen verschulden sich grundsätzlich nicht gerne, weshalb die rückzahlungspflichtigen Darlehen gegenüber den Stipendien weniger nachgefragt werden. Ein Bedarf an Stipendien sei trotz rückläufiger Gesuche immer noch da.

«In Luzern hat man ja sowieso keine Chance»

Doch wieso sind denn die Gesuche der Studentinnen rückläufig? Gemäss dem SP-Kantonsrat sind das die Nachwirkungen der Sparmassnahmen und strengeren Bedingungen von 2017: «Die Art und Weise, wie man während den Sparbemühungen mit dem Stipendiensystem umgegangen ist, liess die Leute resignieren», sagt Hasan Candan. «Ich kann mir gut vorstellen, dass sich danach bei den Studierenden rumgesprochen hat: ‹In Luzern hat man ja sowieso keine Chance›.»

(Bild: Lustat)

Bei der Budgeterhöhung habe der Kanton es anschliessend versäumt, dies klar zu kommunizieren, kritisiert Candan: «Man kann nicht einfach über Jahre hinweg immer sparen und die Schwelle erhöhen, das im Nachhinein anpassen und dann denken, das läuft schon von selbst. Diese Änderungen hätten klar kommuniziert werden müssen.»

«Wir haben schon den Eindruck, dass es noch Leute gibt, welche sich für ein Stipendium qualifizieren würden, aber noch kein Gesuch gestellt haben.»

Christoph Spöring, Kanton Luzern

Das räumt auch Christof Spöring, Leiter der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung, ein: «Es könnte sein, dass die Aufhebung der restriktiven Bedingungen von 2017 noch nicht wirklich bei den Studierenden angekommen ist und es deshalb weniger Gesuche gibt.» Deshalb hat der Kanton Luzern inzwischen reagiert. Anfang September hat er Studierende in einer Mitteilung dazu aufgefordert, jetzt ihre Gesuche zu stellen. «Wir haben schon den Eindruck, dass es noch Leute gibt, welche sich für ein Stipendium qualifizieren würden, aber noch kein Gesuch gestellt haben.»

Jedoch hält Spöring gegenüber zentralplus fest, dass es noch zu früh sei, spezifische Gründe für die Ursache der rückläufigen Gesuche zu untersuchen. Schliesslich hat das neue Studienjahr mit dem Herbstsemester erst gerade angefangen.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 29.09.2021, 08:08 Uhr

    Von einer stockkonservativen Männerregierung, die vor allem Wert auf Sparen, Polizeispielchen und Nichtstun legt, kann man keinen Einsatz für die tertiäre Bildung erwarten. Der beste Weg, unsere Studierenden zu fördern, ist deshalb die Wahl einer neuen Regierung. Jüngere, offenere Köpfe, die kapieren, dass Bildung die wichtigste Ressource der Schweiz ist und nicht Asphalt oder die Kuhglocken. Die alten Kläuse an der Spitze müssen weg, dann kommen wir alle vorwärts.

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  • Profilfoto von Viktoria Müller
    Viktoria Müller, 28.09.2021, 11:13 Uhr

    Man kann auch Stipendien von Stiftungen finden. Gerade aus Luzern erhalten wir immer wieder viele Anfragen. Ideal wäre natürlich der Kanton schöpft die vollen Mittel aus. Denn gerade in der aktuellen Krise haben es sehr viele Studierende und Lernende schwer und beklagen sich über mangelnde Stipendien / Fördergelder.

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