Zuger Nationalrätin: «Wir Grünen bleiben dran»

Wie Weichelt das Scheitern von Sitznachbarin Rytz erlebte

Vor den Wahlen war die Stimmung bei Manuela Weichelt gut. Regula Rytz (im Vordergrund) ist die Anspannung deutlich anzusehen. (Bild: zvg)

Im Bundesrat bleibt alles beim Alten. Der Angriff der Grünen Regula Rytz blieb erfolglos. Die Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt (Grüne) war zum ersten Mal beim Spektakel dabei – auch bei der Nacht der langen Messer.

Der Angriff der Grünen bei den Bundesratswahlen ist gescheitert. Regula Rytz ging diesen Mittwochmorgen im fünften Wahlgang gegen Aussenminister Ignazio Cassis leer aus. Cassis holte 145 Stimmen, Rytz lediglich 82. «Ein eher enttäuschendes Resultat», kommentierte Politprofessor Adrian Vatter im«SRF».

Die Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt ist im Nationalratssaal die Sitznachbarin von Regula Rytz. zentralplus hat sie kurz nach der Wahl befragt.

zentralplus: Manuela Weichelt, Ihre erste Bundesratswahl als Nationalrätin war bestimmt speziell, schliesslich sitzen Sie direkt neben Regula Rytz – sie war die grosse Hoffnungsträgerin der Grünen.

Manuela Weichelt: Es war sehr interessant und spannend. Bisher erlebte ich die Wahl immer vor dem Fernseher. Insbesondere die Masse der Journalistinnen und Journalisten sowie die tolle Arbeit der Sicherheitskräfte gestern, in der Nacht und heute Mittwoch war eindrücklich.

zentralplus: Regula Rytz scheiterte letztlich klar. Warum hat es für eine grüne Vertretung nicht gereicht?

Weichelt: Sie geniesst über alle Fraktionen das Vertrauen und ihre Kompetenz wurde bestätigt. Unser Ziel von mindestens 80 Stimmen wurde erreicht. Es wurde aber deutlich, dass es bei solchen Wahlen um Macht geht. Die Bürgerlichen haben Mühe, den Wählerwillen zu akzeptieren. Für Parteien, die lange Zeit sehr stark waren, ist es hart zu sehen, dass die Grüne Partei so viele neue Sitze gemacht hat wie seit 100 Jahren keine andere.

zentralplus: Wie ist die Stimmung nun unter den Grünen?

Weichelt: Wir bleiben dran. Die Mehrheit der Bundesversammlung kann uns zwar den Sitz im Bundesrat verweigern, aber den legitimen Anspruch können sie uns nicht nehmen. Wir werden schauen, wie wir bei einer nächsten Vakanz oder spätestens bei den nächsten Gesamterneuerungswahlen unseren Anspruch geltend machen.

Auch das Wetter trug zur besonderen Stimmung heute in Bern bei. (Bild: zvg)

zentralplus: Was bedeutet die Niederlage für die Politik der Grünen?

Weichelt: Die Wähler haben im Oktober sehr deutlich Grün gewählt. Es wird jedoch nicht einfach sein, diesen Wählerauftrag umzusetzen, wenn man nicht im Bundesrat vertreten ist. Ich bin gespannt, welche Fraktionen bei den Sachthemen nun den grünen Auftrag ernst nehmen und uns unterstützen werden. Wir bleiben dran und setzen uns weiterhin mit aller Kraft für unser Klima und soziale Gerechtigkeit ein.

zentralplus: Was sagen Sie zu den Vorwürfen, die grüne Bundesratskampagne war schlecht geplant?

Weichelt: Das sind Ablenkungsmanöver. Es war unumstritten, dass Frau Rytz die Kompetenz mitbringt. Ich bin überzeugt, wir hätten mit irgendjemanden kommen können und die bürgerliche Mehrheit hätte etwas zu beanstanden gehabt. Macht abgeben tut weh. Und die Abwahl eines amtierenden Bundesrates ist nicht schön. Dazu muss aber festgehalten werden, dass die FDP mit ihren Rochaden in den letzten zwei Jahren diese Situation selbst verursacht und so bei den Gesamterneuerungswahlen eine Vakanz verhindert hat. Angesichts der neuen Machtverhältnisse wäre es die Pflicht der vereinigten Bundesversammlung gewesen, die Ausgangslage nach diesen Gesamterneuerungswahlen im Herbst neu zu beurteilen. Insofern hätte sich die FDP über eine Abwahl nicht beklagen dürfen.

zentralplus: Bundesratswahlen sind sehr unberechenbar. Haben Sie bei gewissen Spielen auch mitgemacht?

Weichelt: Nein, ich habe nur im fünften Wahlgang, als es um die Wahl des ersten FDP-Sitzes ging, Regula Rytz gewählt. Ansonsten gab ich meine Stimme den amtierenden Bundesräten.

zentralplus: Viel geschrieben und gemunkelt wird stets auch über den Abend vor der Wahl. War die Nacht der langen Messer so, wie Sie es sich vorgestellt haben?

Weichelt: Ich war tatsächlich ab 23 Uhr in der Bar des Hotels Bellevue. Es hatte sehr viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier sowie Politologinnen und Politologen. Interessant war es allemal.

zentralplus: Und war Ihnen nach dem Besuch bereits klar, dass es nicht reichen wird?

Weichelt: Mein Motto lautet: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Es war klar, dass es ein herausforderndes Unterfangen wird.

zentralplus: Könnten Sie sich vorstellen, dereinst selbst für den Bundesrat zu kandidieren?

Weichelt: Dazu möchte ich keine Stellung nehmen. In der Politik kann man nicht von langer Hand planen.

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