Luzerner Asyl-Massnahme

Wie kommt der Anti-Grapsch-Flyer an?

Etwas grotesk: Ein Asylsuchender gibt, umzingelt von Kameras, im Asylzentrum Hirschpark Auskunft. (Bild: bra)

Mit einem neuen Benimm-Flyer sollen Flüchtlinge dafür sensibilisiert werden, wie man hierzulande mit Frauen umgeht. Erste Erfahrungen zeigen: Er vereinfache zwar das Verständnis, sagt ein Kursleiter. Doch auch wenn er die Ängste in der Bevölkerung nach den Vorfällen von Köln verstehe, so teile er diese nicht. 

Die Szene war skurril. Ein Grossaufgebot an der Medienkonferenz an diesem Mittwoch im Luzerner Asylzentrum Eichhof. Dort erklärte die Luzerner Regierung, wie sie Flüchtlinge über richtiges Verhalten gegenüber Frauen aufklären will. 10 Asylbewerber versammelten sich und hörten demonstrativ zu, wie der neue Flyer vorgestellt wurde. 

Zur Erinnerung: Nach den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln hat der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf angekündigt, ein Infoblatt zu erstellen. «Es herrscht eine gewisse Verunsicherung. Dies speziell vor der Fasnacht», sagte der Regierungsrat vor zwei Wochen exklusiv gegenüber zentral+ (siehe Artikel.) 

Ein ziemlicher Rummel um die Protagonisten. Asylbewerber im Zentrum Hirschpark halten die neuen Flyer in den Händen.

Ein ziemlicher Rummel um die Protagonisten. Asylbewerber im Zentrum Hirschpark halten die neuen Flyer in den Händen.

(Bild: bra)

Die Fasnacht beginnt am 4. Februar. Doch mit der Fasnacht an sich hat das Ganze nur am Rande zu tun. «Wir möchten mit diesem Flyer ergänzend nochmals auf die Thematik aufmerksam machen», erklärte Silvia Bolliger, Leiterin Kommunikation Sozialdepartement Kanton Luzern. «Informationsgespräche für Flüchtlinge, in denen über unsere Regeln und Gesetze gesprochen wird, finden auch ohne diesen Flyer statt.» Er sei ein gutes Hilfsmittel. 

Um dieses Piktogramm geht es. Für den Flyer wurde ein Grafikatelier beauftragt.

Um dieses Piktogramm geht es. Für den Flyer wurde ein Grafikatelier beauftragt.

(Bild: bra)

Der vorgestellte Flyer enthält neben allgemeinen Hinweisen zu Verhaltensgrundregeln auch ein Piktogramm, welches sexuelle Übergriffe wie diejenigen in der Kölner Silvesternacht verhindern sollen. 

Druckfrisch: Die Luzerner Benimmregeln für Asylbewerber

Druckfrisch: Die Luzerner Benimmregeln für Asylbewerber

(Bild: bra)

Im Interview mit zentral+ erklärt Hassan Fawaz, Übersetzer und Coach im Auftrag des Kantons, was der Benimm-Flyer bringen soll. 

zentral+: Herr Fawaz, Sie leiten Informationskurse für Flüchtlinge und besprechen mit ihnen die Grundregeln des Zusammenlebens in der Schweiz. Wie gehen Sie dabei vor? 

Hassan Fawaz: Ich betreue und begleite die Asylsuchenden. Dabei gibt es ein festes Integrationsprogramm, bei dem ich die Rechte und Pflichten in der Schweiz erkläre. Zum Beispiel, wie, wann und warum die Kinder zur Schule gehen. Ich informiere über verschiedene gesellschaftliche Aspekte, wie sich die Asylsuchenden am besten zurechtfinden und Ähnliches. Alles, was mit dem gesellschaftlichen Zusammenleben in der Schweiz zu tun hat.

Hassan Fawaz, Übersetzer und Coach für Asylsuchende

Hassan Fawaz, Übersetzer und Coach für Asylsuchende

 

zentral+: Nun hat der Kanton Luzern den neuen Flyer herausgebracht (siehe Foto-Strecke). Was ist darin das Schwierigste für Sie, den Flüchtlingen zu erklären? 

Fawaz: Schwierig zu erklären ist eigentlich nichts. Ich finde, es ist ein guter Flyer. Man erklärt die Regeln mit Bildern. Eine zugewanderte Person braucht diese gewisse Erklärung. 

zentral+: Die Begründung für diesen Flyer waren unter anderem die Vorkommnisse in Köln, wo es Übergriffe auf junge Frauen gab. Wie haben die Bewohner hier auf diese Nachrichten reagiert?

Fawaz: Mit den Flyern an sich hat die Silvesternacht in Köln eigentlich nichts zu tun. Die Flüchtlinge haben unsere Regeln bereits schon vor der Silvesternacht gehört. Die Rückmeldungen sind so, dass sie den Flyer bis jetzt sehr gut finden. Und sie begreifen ihn schnell, das kann ich fürs Erste schon mal sagen. 

zentral+: Nach den Vorkommnissen in Köln habe es Befürchtungen aus der Bevölkerung gegeben, es könnte hier ähnliche Vorfälle geben. Stellen Sie auch solche Ängste fest? 

Fawaz: Die Ursache selber für die Ängste der Bevölkerung zu beurteilen, ist nicht meine Aufgabe. Ich verstehe, wenn gewisse Teile der Bevölkerung verunsichert sind. Menschen sind unterschiedlich. Ich kann die Ängste nachvollziehen, aber teile diese nicht. 

zentral+: Viele Dinge, die auf dem Flyer stehen, sind für die meisten Leute hier bereits normal. Aber womit haben die Leute am meisten Mühe? Was können Asylbewerber im ersten Moment vielleicht nicht nachvollziehen?

Fawaz: Es gibt schon Leute, welche die Bilder anders verstehen als wir. Da braucht es immer auch ein Gespräch und Erklärungen. Das funktioniert aber durch die zugehörigen Texte gut. Und wenn es sprachlich nicht ganz klar wird, gibt es ja noch uns Kulturvermittler und Dolmetscher. Wir können helfen. 

zentral+: Glauben Sie denn, der Flyer bringt konkret etwas? 

Das mediale Grossaufgebot.

Das mediale Grossaufgebot.

Fawaz. Ja, ich glaube daran. Aber das Rad ist damit nicht neu erfunden. Ich glaube, der Flyer vereinfacht die Dinge etwas.

zentral+: Bei der Vorführung vorhin sagten die meisten der Flüchtlinge in der Runde gleich, die Punkte seien für sie selbstverständlich.  

Fawaz: Ja, aber trotzdem haben sie auch gesagt, dass das Zusammenleben von Mann und Frau unterschiedlich ist. Anders, als sie es kennen. Es ist ganz wichtig, dass ihnen das bewusst wird. 

zentral+: Die Fasnacht sei ein guter Zeitpunkt, um den Flyer zu veröffentlichen. Wie sehen Sie das? 

Fawaz: Die Leute, mit denen ich bis jetzt gesprochen habe, haben das Ganze als einen Teil der gesamten Integrationsmassnahmen verstanden. Auch nach der Fasnacht wird der Flyer weiterhin verteilt. Ich gehe nicht davon aus, dass nach Mitte Februar mit der Aktion Schluss ist. 

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Und hier ist das Dokument:

 

Flyer 0

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Flyer 1

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Flyer 2

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Flyer 3

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Flyer 4

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2 Kommentare
  • Profilfoto von zombie1969
    zombie1969, 30.01.2016, 12:08 Uhr

    Irrglaube ist, dass man denkt, den Flüchtlingen/Migranten Vorgaben zu machen. Erstens hält man in der CH die eigenen Gesetze kaum ein. Zum Zweiten haben die Flüchtlinge/Migranten das Wissen, dass keiner sie zwingen kann woanders hinzugehen oder auszureisen. Und drittens leben die Flüchtlinge einfach Ihre Kultur. Nur naive Politiker denken, dass die Flüchtlinge/Migranten so ticken wie der brave Steuerzahler.
    Erst wenn man die Andersartigkeit der Kultur und damit die Menschen erkennt und auch akzeptiert hat man die Möglichkeit, einen Fahrplan für die Integration zu schaffen. Die jetzige Politik vergrössert den Unwillen einer Integration auf allen Seiten.

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  • Profilfoto von schweizer
    schweizer, 29.01.2016, 04:21 Uhr

    Benimm-Flyer in Deutsch? Gute fur die Fasnacht. Verstehen die `Fluchtlinge` Deutsch? Und was passiert wenn sie sich nicht daran halten? Gar nichts, die sind ja arm und unschuldig!

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