Im nationalen Vergleich bescheiden zugelegt

Weshalb die Zuger GLP nicht wie die Luzerner von der Klimawelle profitierte

Nicole Zweifel, Sandra Moebus und Huber Stefan (von links) wollten für die Zuger GLP in den Nationalrat. (Bild: zvg)

Die GLP verzeichnet schweizweit einen Zuwachs. Nicht so im kleinen Zug. Das ist unter anderem dem Alleingang der Zuger Grünliberalen anzulasten. Ein Politologe spricht von verschenkten Stimmen.

Die Grüne Welle überrollte vielerorts SVP und FDP. Auch die Grünliberalen haben von ihr profitiert: Schweizweit konnten sie im Nationalrat um neun Sitze zulegen. Neu sitzen 16 Vertreter der GLP in der grossen Kammer. Die GLP legte um 3,2 Prozent zu und hat derzeit einen Wähleranteil von 7,8 Prozent.

In Luzern gelang Roland Fischer das grosse Comeback. 2011 in den Nationalrat gewählt, 2015 abgewählt, erkämpfte er sich seinen Sitz zurück (zentralplus berichtete).

Von einem solchen Resultat kann die Zuger GLP nur träumen. Die Grünliberalen legten hier lediglich um 1,9 Prozent zu – der Wähleranteil liegt bei bescheidenen 5,5 Prozent.

Zuwachs von GLP und Grüne ist «aussergewöhnlich»

Politologe Thomas Milic sagte in einem früheren Bericht: «Die GLP-Wähler sind urbane Menschen mit einem hohen Durchschnittseinkommen und einem hohen Bildungsniveau.» (zentralplus berichtete). Da könnte man schon vermuten, dass der GLP-Sympathisant sich in Zug wohlfühlt.

Für Kampagnenspezialist Mark Balsiger kommt das Zuger Wahlresultat nicht von ungefähr: Für eine Kleinpartei sei es in diesem Kanton mit nur drei Nationalratssitzen praktisch unmöglich, ein Mandat zu gewinnen.

Das Resultat der Grünen schweizweit ist für viele ein historisches Ergebnis. Das betont auch Balsiger: «Der Zuwachs der Grünen um 6,1 Prozent und derjenige der Grünliberalen um 3,2 Prozent ist ein doppelter Erdrutsch.»

Daniel Stadlin, Co-Präsident der Zuger GLP, spricht von einem «Spezialfall», wenn er an den letzten Sonntag zurückdenkt. Mit dem Ergebnis in Zug zeigt sich Stadlin zufrieden – auch wenn er sich mehr erhofft hätte. Beispielsweise legten die Grünliberalen in Zürich, ihrem Gründungskanton, im nationalen Vergleich fast doppelt so stark zu.

Die Zürcher GLP hatte allen Grund zu feiern:

Erst in den Gemeinden festkrallen

2007 wurde die GLP in Zug gegründet, seit 2008 ist die Partei aktiv. Als Faustregel brauche es 20 Jahre, bis sich eine Partei etabliert habe, sagt Politologe Balsiger. Der Zuger GLP würden wie vielen anderen Kleinparteien die Strukturen und Ressourcen weitgehend fehlen.

«Die GLP muss sich zuerst in den Gemeinden etablieren und im Kantonsparlament weiter wachsen.»

Mark Balsiger, Politologe

Auch ein Blick ins Zuger Parlament zeigt: Lediglich vier der 80 Kantonsrätinnen und Kantonsräte sind Grünliberale. «Die GLP muss sich zuerst in den Gemeinden etablieren und im Kantonsparlament weiter wachsen», so Balsiger. Erst wenn eine Partei Sitze gewinne, Erfolge erziele und stetig auf sich aufmerksam mache, werde sie für neue Mitglieder attraktiver.

Alleingang wurde zum Verhängnis

Kam noch hinzu, dass die Zuger GLP bei den diesjährigen Wahlen den Alleingang wagte – und auf eine Listenverbindung mit FDP und CVP verzichtete (zentralplus berichtete).

Balsiger spricht von «verschenkten Stimmen»: «Alle, die in Zug ein bisschen etwas von Politik verstehen, wussten, dass sie ihre Stimmen verschenken, wenn sie sie der GLP geben.»

«Die Leute, die uns ihre Stimme gaben, haben gewusst, dass es Stimmen sind, mit denen sie keinen Sitz im Nationalrat holen.»

Daniel Stadlin, Co-Präsident GLP Kanton Zug

Auch Stadlin räumt ein, dass man mit Einbussen rechnen musste. «Die Leute, die uns ihre Stimme gaben, sympathisieren zwar mit uns. Aber sie haben auch gewusst, dass es Stimmen sind, mit denen sie keinen Sitz im Nationalrat holen.» So sei es nicht verwunderlich, dass die Zugerinnen und Zuger, denen eine grüne Politik am Herzen liege, ihre Stimme Manuela Weichelt gegeben hätten. Sie wird als erste Frau den Kanton Zug im Nationalrat vertreten (zentralplus berichtete).

Man habe jedoch «keine andere Wahl» gehabt, als selbständig in die Wahlen zu ziehen, sagt Stadlin. Das aus der Listenverbindung vor vier Jahren hervorgegangene Mandat sei für die GLP eine Enttäuschung gewesen. Erneut eine einzugehen, wäre unglaubwürdig gewesen – und nur die Linken unterstützen wollte man nicht (zentralplus berichtete).

«Zug tickt anders»

Anders als in Zug konnte die GLP in Luzern schnell Fuss fassen. Zwar wurde auch hier die Partei erst 2008 gegründet, mit Roland Fischer konnte sie aber bereits drei Jahre später einen Nationalrat stellen. Für Balsiger ein «komplett anderer Start» als im Nachbarkanton Zug.

«Zug tickt einfach anders als Luzern oder Zürich», sagt Stadlin. Die Zuger GLP sei 2019 in seinen Augen gut aufgestellt gewesen und auch die Basis wurde jünger. «Luzern ist jedoch schlichtweg urbaner als Zug – was mit ein Grund ist, weshalb die Grünliberalen in Luzern besser abschnitten als in Zug.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Martin Stuber
    Martin Stuber, 22.10.2019, 21:35 Uhr

    Zitat Stadlin: «Luzern ist jedoch schlichtweg urbaner als Zug – was mit ein Grund ist, weshalb die Grünliberalen in Luzern besser abschnitten als in Zug.»
    Lieber Daniel – das glaubst Du ja selber nicht. Baar-Zug-Steinhausen-Cham-Rotkreuz ist ein grosser urbaner Gürtel. Luzern im Vergleich noch ein Landkanton.
    Die Zuger GLP hat es geschafft, sich zwischen alle Stühle zu setzen und kassiert die Quittung.
    Im Kt. Zürich hat die GLP sich spürbar nach links entwickelt, Frau Moser sich zugunsten der Grünen für den 2. Wahlgang zurückgezogen. Die im Kanton Zug immer noch sehr stark von Stadlins Rechtskurs geprägte GLP sollte vielleicht über die Bücher…
    Und was mich nervt: habt ihr Journalisten eigentlich keinen eigenen Kopf, wieso müssen für die trivialsten Erkenntnisse immer Politologen bemüht werden?

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