Regierung ist gegen Transparenzinitiative

Wer die Zuger Politik finanziert, soll geheim bleiben

Die Initiative der links-grünen Allianz fordert, dass Politiker ihre Spendeneinnahmen offenlegen. (Bild: Junge Alternative Zug)

Ein Initiativ-Komitee um die Junge Alternative Zug fordert, dass Politiker ihre Interessenbindungen und Finanzierung offenlegen müssen. Damit beisst sie bei der Zuger Regierung auf Granit: Die Initiative sei unnötig und fehlerhaft.

«Wes Brot ich ess, des Lied ich sing», weiss der Volksmund. Kein Wunder also wird der Ruf nach mehr Transparenz in der Politik immer lauter. So verlangen unter anderem die Schwyzer, Schaffhauser, Freiburger und jüngst auch die Stadtluzerner zu wissen, wer ihre Politiker und Abstimmungen finanziert (zentralplus berichtete). Das Thema kommt nun auch in Zug aufs politische Parkett: 2'030 Zugerinnen verlangen mit der Transparenzinitiative, dass die Parteien punkto Finanzierung ihre Hosen herunterlassen (zentralplus berichtete).

Konkret sieht die Initiative vor, dass Parteien, Personen und Lobbyorganisationen ihre Wahl- und Abstimmungsbudgets offenlegen müssen. Firmenspenden müssen ab Beiträgen von 1'000 Franken, Privatspenden ab Beiträgen von 5'000 Franken öffentlich gemacht werden. Anonyme Spenden wären gänzlich verboten. Zudem sollen Kandidatinnen für öffentliche Ämter und gewählte Mandatsträger ihre Interessenbindungen offenlegen. Für letztere ist dies bereits zum Teil der Fall: Für Regierungsräte werden Listen geführt, Kantonsräte müssen ihre Verbindungen offenlegen, wenn diese zu beratende Geschäfte beeinflussen.

Zuger Regierung sieht kein Problem

Mit ihrer Initiative blitzen sie bei der Zuger Regierung jedoch ab, wie aus deren Bericht und Antrag zur Initiative deutlich wird. Zwar anerkenne die Regierung die Bedeutung von Transparenz und auch das Bedürfnis der Bevölkerung danach. Trotzdem lehnt sie die Initiative ab und verfasst auch keinen Gegenvorschlag dazu.

Zum einen findet der Regierungsrat mehr Transparenz unnötig: «Die Wahl- und Abstimmungsergebnisse sind nicht von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln abhängig», schreibt die Regierung. Eine entsprechende Beeinflussung der Zuger Politik sei bisher nicht aufgefallen, weshalb es keine Regel dagegen benötige. Vielmehr schaffe die Initiative Probleme, warnt die Politik: «Mit hoher Wahrscheinlichkeit» würden die Parteispenden zurückgehen, da viele Spenderinnen lieber anonym bleiben würden. Oder aber die Spender zahlen nur noch viele Kleinstbeträge, um die Offenlegungspflicht zu umgehen.

«Der Regierungsrat könnte auch einen konstruktiven Vorschlag machen, wie man das Anliegen stattdessen besser, einfacher, effizienter machen könnte.»

Tabea Estermann, GLP-Präsidentin Zug

Zum anderen kritisiert die Regierung die Form der Initiative. Derart konkrete und detaillierte Regeln seien auf Ebene Verfassung, die mehr Grundzüge festlege, fehl am Platz. Gerade bei einem relativ neuen Rechtsthema wie der Politikfinanzierung seien immer wieder Anpassungen nötig, etwa bei den Schwellenwerten. Einzelne Regeln in der Verfassung anzupassen, sei jedoch sehr schwer und träge.

Für Regierungsrat sind Beiträge zu tief

Zuletzt moniert die Regierung auch einzelne Inhalte der Initiative, die ihr nicht konkret genug sind. So etwa mache die Initiative keine Angaben dazu, wer die Deklarationen kontrollieren und sanktionieren soll. Und in welcher Form und wann die Parteien ihre Finanzierung überhaupt offenlegen müssen.

Zudem sind der Regierung die genannten Schwellenwerte zu tief. Dabei vergleicht sie mit den bestehenden Bestimmungen des Kantons Schwyz: Zwar hat dieser die gleichen Grenzen für einzelne Spendenbeiträge. Jedoch kommen diese erst zum Zug, wenn das gesamte aufgewendete Budget eine bestimmte Grösse überschreitet: 10'000 Franken für kantonale Wahlen und Abstimmungen, 5'000 Franken auf Gemeindeebene.

Gänzlich versenken will die Regierung die Initiative jedoch nicht. Sie schlägt vor, Bestimmungen zur Offenlegung der Interessenbindungen in die aktuelle Revision des Wahl- und Abstimmungsgesetzes aufzunehmen. So müssten dann nicht nur gewählte Zugerinnen ihre Verbindungen klarmachen, sondern auch Kandidaten.

Formkritik als Ablenkungsmanöver

Auf Anfrage zeigen sich die Initianten wenig überrascht von der Haltung der Regierung. So schreibt etwa Parat-Präsident Stefan Thöni stellvertretend für den Tenor: «Die Zuger Regierung bestätigt darin einmal mehr, dass sie grundsätzlich keine Transparenz will.»

Die Initiantinnen werten die von der Regierung kritisierten Formfehler als Ablenkungsmanöver: «Einerseits wirft der Regierungsrat vor, dass die Initiative für die Verfassungsstufe zu detailliert ist. Andererseits wirft er ihr vor, in puncto Zeitpunkt, Kontrollinstanz und Datenschutz zu wenig detailliert zu sein. Es scheint, als versuche der Regierungsrat mit dieser widersprüchlichen Argumentation vom eigentlichen Thema abzulenken», schreibt Delia Meier, Co-Präsidentin der Zuger Transparenzinitiative und der Jungen Alternative.

«Datenschutz kann nicht heissen, dass es für Reiche ein Recht gibt, anonym eine gefällige Politik zu kaufen.»

Stefan Thöni, Parat-Präsident

Zudem schreibt GLP-Präsidentin Tabea Estermann: «Es liegt in der Natur der Initiative, dass sie nicht von Juristen der Verwaltung geschrieben werden und die Milizarbeit mag für Juristen nicht professionell wirken.» Sie fügt als kleinen Seitenhieb dazu: «Der Regierungsrat könnte auch einen konstruktiven Vorschlag machen, wie man das Anliegen stattdessen besser, einfacher, effizienter machen könnte.» Wobei in Schwyz, Fribourg und Schaffhausen ebenfalls Verfassungs-Initiativen angenommen worden seien, wie ALG-Co-Präsident Luzian Franzini hinzufügt.

Nur wenige spenden überhaupt 1'000 Franken

Auch die inhaltliche Kritik weisen die Initianten zurück. Dass die Regierung die genannten Werte als zu tief betrachtet, sei weltfremd: «Im Durchschnitt spenden Zuger 100 Franken an Parteien. «Mit dieser Initiative werden nur Spenden von grossen Geldgebern offengelegt, welche mit ihren Finanzierungen häufig auch politische Ziele verfolgen», schreibt Franzini weiter. Gemäss der GLP und jungen GLP dürfte die Schwelle zwar ruhig höher sein, um die Privatsphäre zu schützen. «Wichtig für uns ist es, dass die Regierung auf das Anliegen der Offenlegung von hohen Spenden eingeht und so die Transparenz in der Zuger Politik wahrt», schreibt das Präsidium der JGLP.

Details wie der Zeitpunkt der Deklaration oder die Kontrollinstanz habe das Initiativ-Komitee hingegen bewusst weggelassen: «Wo eine Kontrollinstanz anzusiedeln wäre, würde nach Annahme der Initiative im Gesetzgebungsprozess vom Kantonsrat definiert werden», schreibt Delia Meier.

Stefan Thöni kritisiert zudem den aufgeworfenen Aspekt des Datenschutzes: «Datenschutz kann nicht heissen, dass es für Reiche ein Recht gibt, anonym eine gefällige Politik zu kaufen. Darum ist es wichtig, dass die Transparenzinitiative auf Verfassungsstufe und darum über dem Datenschutzgesetz ansetzt.»

Komitee hofft auf guten Gegenvorschlag – sonst kommt's zur Abstimmung

Als Nächstes wird die Initiative in der vorberatenden Kommission beraten, bevor sie voraussichtlich Ende Juni im Kantonsrat diskutiert wird. Dabei lässt ALG-Kantonsrat Luzian Franzini durchblicken, dass das Initiativ-Komitee durchaus offen wäre für einen «guten Kompromissvorschlag». Auch die GLP und ihre Jungpartei kündigen an, sich für einen «unbürokratischen Gegenvorschlag» einzusetzen. «Schliesslich gilt es doch, die Befürchtungen der Bevölkerung nach Einflussnahme zu regeln, ohne jeden Kleinspender blosszustellen und den Parteien zu viel Bürokratie aufzuhalsen», schreibt GLP-Präsidentin Estermann dazu.

Die Initianten kündigen gleichzeitig an, bereit für den Abstimmungskampf zu sein. Diese wäre auf den 3. März 2024 angelegt. Würde die Abstimmung angenommen, könnte der Kanton Zug gegebenenfalls die Software des Kantons Schwyz übernehmen, wie die Regierung schreibt. Die Kosten liessen sich nur grob abschätzen: Die Implementierung der notwendigen Software im ersten Jahr kostete Schwyz rund 150'000 Franken. Für die Folgejahre rechnet Zug mit jährlichen Betriebskosten von 50'000 Franken plus einer zusätzlichen Vollzeitstelle in der Finanzkontrolle.

Verwendete Quellen
  • Website der Transparenzinitiative
  • Schriftlicher Austausch mit Delia Meier, Co-Präsidentin Zuger Transparenzinitiative und Junge Alternative
  • Schriftlicher Austausch mit Stefan Thöni, Parat-Präsident
  • Initiativtext
  • Schriftlicher Austausch mit dem Präsidium der Jungen GLP Zug, Florian Hutter, Donath Jochberg und Julia Büchel
  • Schriftlicher Austausch mit Tabea Estermann, Präsidentin GLP Zug
  • Bericht und Antrag der Regierung zur Transparenzinitiative
  • Schriftlicher Austausch mit Luzian Franzini, Co-Präsident der ALG Zug
  • Geschäftsordnung des Zuger Kantonsrats
  • Geschäftsordnung des Zuger Regierungsrats
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9 Kommentare
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 01.05.2023, 01:59 Uhr

    «Autoritarismus ist eine Bedrohung, die unsere ganze Geschichte durchzieht. Und noch immer hören wir auch von dieser Gewalt jeden Tag in den Nachrichten. Institutionen, die nicht funktionieren, Angst davor, gerechte Gesetze zu machen und gerechte Urteile zu fällen. Und mit der Missachtung der Gesetze und der Verfassung geht eine Rhetorik einher, die Verlogenheit und mangelnde Transparenz im politischen Leben verdeckt.“
    Sergio Ramírez

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  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 30.04.2023, 19:34 Uhr

    Ist doch wurscht wer das zahlt. Solange so politisiert wird, dass es noch möglich ist, sich eine linksgrüne Alternative zu leisten, die sich aus wohlstandsverwahrlosten Ideologen rekrutiert, ist doch alles bestens. Besonders für Letztere.

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      Kasimir Pfyffer, 01.05.2023, 09:15 Uhr

      In dem Fall erhalten Sie Ihre Zahlungen immer noch, trotz unleidlicher Umstände für die Gazprom Bank?

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    Rosa Luxemburg, 30.04.2023, 17:04 Uhr

    Die aufgelisteten Kosten sind für Zug problemlos tragbar. Da wird weit mehr für weniger Sinnhaftes investiert.

    Helft den Jungen, die Initiative vors Volk zu bringen statt Widerstand zu leisten. Der ablehnende Zustand zeigt die Dringlichkeit der Offenlegung.

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    Markus Rotzbeutel, 30.04.2023, 10:04 Uhr

    Transparenz schadet bekanntlich nur. Es ist gesünder in Unkenntnis zu leben.

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  • Profilfoto von Franz
    Franz, 30.04.2023, 09:50 Uhr

    Hier zeigt sich wieder mal das unterkomplexe, holzschnittartige Menschenbild der Links-Grünen: Die Stimmbürger sind in ihren Augen käuflich, Wahlen und Abstimmungen gewinnt, wer mehr Geld reinbuttert. Dabei gibts zahllose Gegenbeispiele; es ist ja nicht so, dass Links-Grün – finanziell angeblich benachteiligt – immer verliert. Letztlich geht es allein darum, Geldgeber, seien das nun Firmen oder Privatpersonen, an den Pranger zu stellen. Und wie immer um noch mehr Bürokratie, also mehr Staat.

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    • Profilfoto von tore
      tore, 30.04.2023, 10:11 Uhr

      amüsant

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  • Profilfoto von Paul
    Paul, 30.04.2023, 09:32 Uhr

    Wir wollen doch nicht sehen wer hier wen kauft …äää unterstützt. Sonst merkrt noch jemand die doppelspur. Vorne so und hintenrum anders

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    PSCHT, 30.04.2023, 07:31 Uhr

    Die Zuger Regierung handelt sowieso nur im Interesse der Wirtschaft und des Wohlstands weniger. Da muss man jetzt auch nicht verwundert sein. Unsere Handydaten werden stetig überwacht, aber es wäre durchaus zu viel verlangt wenn sich die Regierung transparent zeigen soll. Doch, das macht Sinn. Weil wir es sind die die Welt an die Wand fahren und die armen Zuger Politiker das dann wieder ausbaden müssen.

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