Überstunden in Zuger Verwaltung nehmen stetig zu

Wegen Personalstopp: Arbeitsstau bei der Zuger Polizei

Vor zwei Jahren versetzte die Anti-WEF-Demo Zug in Angst und Schrecken. Ein Grossaufgebot der Zuger Polizei und anderer Einsatzkräfte stand den Protestanten gegenüber.

(Bild: nowefnoblogs.org)

Aktuelle Zahlen zeigen: Seit 2015 nimmt der Überstunden- und Arbeitszeitsaldo der Zuger Verwaltungsmitarbeiter immer weiter zu. Pikant: Einige wenige Personen müssen einen Grossteil der Last tragen. Regierungsrat Heinz Tännler gibt indirekt zu, der Verwaltung mit dem Sparpaket zu enge Fesseln angelegt zu haben.

Sie arbeiten bei der Zuger Polizei. Bald haben Sie den Feierabend erreicht, nur ein Stündchen steht noch an. Doch just in diesem Moment müssen Sie eingreifen, jemand hat sich im Verkehr daneben benommen. Doch die Person spricht kaum Deutsch, sie müssen auf einen Dolmetscher warten. Auch dann sind Sie noch nicht in den Feierabend entlassen.

Mit ihrem Schicksal stehen die Polizisten in Zug nicht alleine da. Auch in anderen Bereichen der kantonalen Verwaltung stauen sich die Überstunden- und Arbeitszeitsaldi. Konkret im Amt für Informatik, teils auch im Handelsregisteramt und in der Steuerverwaltung. «Bei letzterem handelt es sich jedoch um einen temporären Peak aufgrund der Einführung eines neuen IT-Systems», erklärt Regierungsrat Heinz Tännler (SVP).

Tännler muss es wissen, denn der Finanzdirektor musste zu Beginn des Monats der erweiterten Zuger Staatswirtschaftskommission (Stawiko) Rede und Antwort stehen. Inzwischen liegt der Geschäftsbericht der Stawiko vor.

Neun Vollzeitangestellte fehlten

Daraus geht hervor, dass die Überstunden-, Arbeitszeit- und Feriensaldi von 2015 bis 2018 stetig zugenommen haben, von einem Total von 122’250 Stunden auf 139’239 Stunden. 2014 waren es gar deren 150’680.

«Der Personalstopp ist wohl nicht mehr zu halten.»

Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor

Die Finanzdirektion rechnet vor, dass die Zunahme um knapp 17’000 Stunden seit 2015 rund neun Personaleinheiten entspricht, welche der kantonalen Verwaltung in dieser Zeit gefehlt hätten.

Weniger Leute für gleich viel Arbeit

Tännler liefert sogleich die Erklärung für die Zunahme. «Der Regierungsrat hat im Rahmen des Entlastungsprogramms 2015–2018 einen Personalstopp angeordnet.» Die anfallende Arbeit habe somit durch weniger Personal erledigt werden müssen, was in verschiedenen Bereichen zu einem Anstieg der Arbeitszeitsaldi geführt habe.

Tännler glaubt, dass aus diesem Grund der Personalstellenstopp wohl «nicht mehr zu halten» sein werde. Ein moderates Personalstellenwachstum sei in bestimmten Bereichen notwendig. «Der Budgetprozess ist jedoch noch am Laufen», bedenkt er. Die Politik befasst sich im August damit.

Ferien mussten eingezogen werden

2018 haben total 1681 Mitarbeitende der kantonalen Verwaltung ihre Arbeitszeit erfasst. Lehrerinnen der kantonalen Schulen müssen dies nicht tun, ihre Arbeitszeit wird durch den Stundenplan ausgewiesen.

Heinz Tännler

Heinz Tännler weiss um das Überstunden-Problem.

(Bild: sib)

Die Zahlen geben auf den ersten Blick keinen Anlass zur Besorgnis: Die Mitarbeitenden hatten Ende 2018 durchschnittlich rund einen Tag Überstunden, ein Plus bezüglich Arbeitszeit von rund einer Woche und rund vier Tage Ferien, welche sie bis Ende April einziehen mussten. Entsprechend fällt das Fazit von Tännler aus: «Wir haben es im Griff. Es bewegt sich alles im gesetzlichen Rahmen.»

Stawiko schaut genauer hin

Ein durchschnittlicher Feriensaldo von vier Tagen sei unproblematisch. Ausserdem sei der Arbeitszeitsaldo am Stichtag im Durchschnitt weniger als halb so gross gewesen wie erlaubt. «Die Mitarbeitenden gehen also mit der flexiblen Arbeitszeitregelung vernünftig um», so der Finanzdirektor. Überstundenarbeit werde nur in ausserordentlichen betrieblichen Fällen angeordnet oder bewilligt. Entsprechend hätten nur 15 Prozent der Mitarbeitenden am Stichtag einen Überstundensaldo gehabt.

Also doch alles im grünen Bereich?

Nicht ganz, wie die Stawiko, präsidiert von CVP-Kantonsrat Andreas Hausheer, im Geschäftsbericht bemerkt. Denn rund die Hälfte des Totals der Saldi entfallen auf 30 Personen. Das sind weniger als zwei Prozent der Mitarbeitenden, deren Arbeitszeit erfasst wurde.

Bis zu zwei Wochen Überzeit

Von den hohen Saldi betroffen sind insbesondere Personen aus den eingangs erwähnten Bereichen um Polizei und Amt für Informatik und Organisation. Tännler bestätigt, dass es dabei vor allem um die Überstunden- und Arbeitszeitsaldi und weniger um den Feriensaldo geht. Er könne nicht genau sagen, wie viel Überzeit die betroffenen Personen haben. Doch gehe es kumuliert um Tage, bei manchen seien es umgerechnet eine bis zwei Wochen.

«Wir versuchen, den Hebel über die Jahresarbeitszeit anzusetzen.»

Heinz Tännler

«Es handelt sich dabei nicht um ein neues Phänomen und es lässt sich auch nicht so leicht verhindern», so Tännler weiter. Er betont aber auch, dass sich die Mitarbeitenden bei Stellenantritt der Arbeitsbelastung bewusst seien. «Zudem werden Überstunden oder Wochenendeinsätze natürlich entsprechend vergütet.»

Massnahmen wurden eingeleitet

Im Geschäftsbericht steht auch, der Regierungsrat habe Massnahmen zum Abbau der Saldi ergriffen. Wie sehen diese konkret aus? «Wir versuchen, den Hebel über die Jahresarbeitszeit anzusetzen, welche wir eingeführt haben», erklärt Tännler. Das heisst, die Arbeitszeiten werden jährlich abgerechnet, was zu einer Flexibilisierung führen soll. Ausserdem müssten Überstunden explizit bewilligt und konsequent kontrolliert werden, so Tännler weiter.

Von Seiten der Stawiko heisst es, man werde die Entwicklung weiterhin kritisch verfolgen. Pirmin Andermatt (CVP) ist seit vergangenem Jahr Präsident des Zuger Polizeiverbands (zentralplus berichtete). Er sagt: «Wir sind uns des Problems der Arbeitsbelastung bewusst. Polizeikommandant Thomas Armbruster ist daran, ein Reorganisationskonzept auszuarbeiten. Wir haben uns diesbezüglich ausgetauscht», so Andermatt.

Politisch wird reagiert

Der Baarer bestätigt, dass sich mehrere Polizisten mit Anfragen an den Polizeiverband gewandt hätten, weil es ihnen zu viel wurde. Andermatt erklärt: «Mit weniger Personal ist die Arbeitslast automatisch auf weniger Schultern verteilt.» Der Kanton Zug sei ein Wachstumskanton und dies gelte es auch beim Personal entsprechend zu berücksichtigen.

Andermatt betont, dass verschiedene politische Vorstösse eingereicht wurden oder noch werden, um der erhöhten Arbeitsbelastung entgegenzuwirken. So werde der Zuger Polizeiverband ein Postulat einreichen, um den Polizeibestand wieder zu erhöhen.

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