Luzerner Stadtratskandidaten im Beauty-Check

Wahlkampf: Vorteil durch Schönheit?

Zwei von acht Kandidaten: Kann GLP-Stadträtin Manuela Jost (links) ihren Sitz verteidigen? Gelingt Denis Kläfiger (BDP) die riesige Überraschung? Am 1. Mai lüftet sich das Geheimnis. (Bild: Fotomontage les)

Ein neues Programm misst Attraktivität und Alter von Personen. zentral+ testete die acht Stadtratskandidaten und fragte einen Experten, wie wichtig Schönheit im Wahlkampf sei. Den Kandidaten ist die eigene Attraktivät ziemlich wurst, behaupten sie zumindest.

Kann künstliche Intelligenz Schönheit beurteilen? ETH-Forscher sind davon überzeugt und haben gemeinsam mit der Dating-App «Blinq» ein Tool entwickelt, welches anhand von Fotos die Attraktivität von Menschen ermittelt (hier können Sie Ihre eigene Schönheit testen lassen). Witzige Spielerei? Mitnichten. Hinter dem Tool verbirgt sich ein ziemlich komplizierter, mathematischer Algorithmus. In den sozialen Medien gehen die Ergebnisse unter #howhot gerade viral. zentral+ testet nun die Schönheit der antretenden Kandidaten für die kommenden Stadtratswahlen vom 1. Mai (Ausgangslage siehe Box).

Von «ok» bis «hot»

Gauch und Kläfiger gewinnen gemäss den ETH-Prognosen den Schöhnheitspreis unter den acht Kandidierenden. Beide werden mit dem Attribut «hot» eingestuft. Besser kommen eigentlich nur Models weg. Das Modul beleuchtet aber nicht nur das Aussehen, auch das Alter wird mit ermittelt. Und auch hier können Gauch (5 Jahre älter beurteilt) und Kläfiger (3 Jahre) durchaus zufrieden sein. Sie werden älter eingeschätzt, als sie tatsächlich sind. Für das angestrebte Exekutivamt bestimmt kein Nachteil.

Die beiden Attraktivsten: Denis Kläfiger und Yannick Gauch.

Die beiden Attraktivsten: Denis Kläfiger und Yannick Gauch.

Nun zu den etwas älteren Semestern. Auch hier gibt es zwei Gewinner: Stefan Roth und Adrian Borgula. Alterstechnisch liegt das Modul bei Roth allerdings deutlich daneben. Der Stadtpräsident wird satte 19 Jahre jünger geschätzt, als er tatsächlich ist – Borgula 3 Jahre jünger. Das Stadtratsamt lässt die beiden also alles andere als alt aussehen.

Tragen bisher die Schönheitskrone: Stadtpräsident Stefan Roth und Adrian Borgula

Tragen bisher die Schönheitskrone: Stadtpräsident Stefan Roth und Adrian Borgula

Nun zum Rest. «Nur» ein «ok» spuckt die ETH-Rechenmaschine für die verbleibenden Kandidaten aus. Martin Merki, Peter With, die einzige Frau, Manuela Jost, und Beat Züsli.

Immerhin «ok» schneiden die restlichen vier Kandidaten ab. Die einzige Frau Manuela Jost, Peter With (oben rechts), Beat Züsli (unten links) und Martin Merki.

Immerhin «ok» schneiden die restlichen vier Kandidaten ab. Die einzige Frau Manuela Jost, Peter With (oben rechts), Beat Züsli (unten links) und Martin Merki.

Was bringt Attraktivität?

Politologe Georg Lutz

Politologe Georg Lutz

Was bringt das Äussere im Zusammenhang mit den Wahlchancen überhaupt? Politologe Georg Lutz forscht auf diesem Gebiet. «Schön sein ist ein Bonus in vielen Bereichen», sagt er. So wisse man etwa aus der psychologischen Forschung von einem positiven Einfluss bei Bewerbungsgesprächen oder anderen Bewertungen. «Auch im Wahlverhalten lassen sich solche Tendenzen erkennen», weiss Lutz.

Lutz sagt: «Je weniger Infos es über Kandidaten gibt, umso eher spielen Soft-Faktoren wie das Aussehen eine Rolle.» Dies ist bei den Luzerner Stadtratswahlen nicht unbedingt der Fall, da es sich um eine Majorzwahl handelt. Das heisst, man wählt keine Parteiliste, sondern Personen, die im Allgemeinen der Öffentlichkeit bekannt sind. Bei der Wahl ins Luzerner Stadtparlament könnte dies schon eher zutreffen. «Innerhalb der Liste einer Partei ist es für die Wähler schwierig, die einzelnen Kandidaten zu beurteilen. Auch inhaltlich sind die Unterschiede gering.» Deshalb komme dem Aussehen eine grössere Bedeutung zu, hält Lutz fest.

Lieber Komplimente von charmanten Frauen

«Schönling» Kläfiger meint auf unseren Test angesprochen schon, dass die Attraktivität einen gewissen Einfluss haben könnte. «Es gibt bestimmt Sympathiepunkte. Ein Bonus, der vielleicht die Aufmerksamkeit lenken kann, aber dadurch noch niemanden an die Urne bringt», relativiert der chancenlose BDP-Kandidat sogleich. Er definiert sich sowieso lieber über den politischen Inhalt. Kläfiger will eine unabhängige Alternative zu den bewährten Kräften bieten. Allen Frauenherzen, die beim Anblick Kläfigers höherschlagen, sei noch erklärt: Kläfiger ist bekennender Homosexueller. Die Rechte von Schwulen und Lesben sind dann auch ein Schwerpunkt seines politischen Programms (zentral+ berichtete).

«Die Wähler entscheiden aufgrund der Kompetenz, der Innovationskraft und des Leistungsausweises eines Kandidaten.»

Yannick Gauch, Juso-Stadtratskandidat

«Grundsätzlich habe ich mehr Freude an einem Kompliment durch eine charmante Frau als an einem der ETH und einer Dating-App», sagt Juso-Kandidat Yannick Gauch. Das Herz des jungen gutaussehenden Mannes wäre übrigens noch zu gewinnen. Zum Einfluss auf das Wahlverhalten meint Gauch: «Die Wähler entscheiden aufgrund der Kompetenz, der Innovationskraft und dem Leistungsausweis eines Kandidaten. Da soll das Aussehen keine Rolle spielen.»

«Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters.»

Peter With, SVP-Stadtratskandidat

Kegelt die SVP die GLP aus dem Stadtrat?

Die Ausgangslage für die Stadtratswahlen präsentiert sich folgendermassen: SP-Stadträtin Ursula Stämmer tritt zurück, die SP will den Sitz mit Beat Züsli verteidigen (zentral+ berichtete). Auch die SVP hat zum Grossangriff geblasen und schickt ihren Präsidenten, Peter With, ins Rennen (zentral+ berichtete). Zittern muss vor allem GLP-Stadträtin Manuela Jost – denn die Minipartei GLP hat eigentlich keinen arithmetischen Anspruch auf einen Sitz in der Luzerner Stadtregierung.

Die Wiederwahl der Bisherigen, Martin Merki (FDP), Adrian Borgula (Grüne) und Stadtpräsident Stefan Roth könnte schon im ersten Wahlgang erfolgen. Lediglich ob Roth Stapi bleibt, steht zur Diskussion. Denn SP-Kandidat Züsli will ihm den Chefsessel wegschnappen. Weiter treten an: Juso-Jungspund Yannick Gauch (21) und BDP-Präsident Denis Kläfiger (24). Ein Sitzgewinn der beiden Jungpolitiker wäre allerdings eine Riesensensation. Doch ein Aspekt im Wahlkampf spricht genau für die beiden.

Bereits mehr als 100 Leute aus der Privatwirtschaft, der Kultur und der Politik hätten sich seinem Komitee angeschlossen, erklärt Gauch. «Das ist ein sehr erfreuliches und motivierendes Zeichen. Meine Chancen sind intakt, ein starkes Resultat zur erzielen.» Die Luzerner Bevölkerung sei bereit für frischen Wind und neue Ideen, so der Jungsozialist. Ob das Wahlvolk dem 21-Jährigen das Exekutivamt aber tatsächlich zutraut, ist jedoch völlig undenkbar.

With: «Parteizugehörigkeit ist entscheidend»

Für SVP-Kandidat Peter With ist der Zusammenhang äusserst zweifelhaft. «Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters», so der 43-jährige With (geschätzt: 44). Er anerkennt zwar, dass im Einzelfall bei unentschlossenen und oberflächlichen Wählern das Aussehen ein Kriterium sein könne, «allerdings sind für die meisten Parteizugehörigkeit, bisherige Leistungen und Fähigkeiten ausschlaggebend.»

Und wie schätzt With seine persönlichen Chancen ein? «Die bürgerlichen Wähler haben erkannt, dass mit der bisherigen Zusammensetzung des Stadtrats linke Interessen im Vordergrund stehen», meint der SVP-Kandidat. «Wenn der Mut da ist, über die Parteigrenzen hinweg eine bürgerliche Mehrheit zu wählen, dann sehe ich durchaus gute Chancen.»

Schönheit der Stadt zählt mehr

Mit einem Schmunzeln zum Thema Schönheit reagiert SP-Kandidat Beat Züsli. Er will sich als Stadtrat für die Attraktivität und Schönheit der Stadt Luzern einsetzen und hofft damit ein allfälliges, persönliches Manko kompensieren zu können, schreibt er gefolgt von einem augenzwinkernden Smiley. «Ich hoffe, dass bei der Wahl die politische Attraktivität im Vordergrund steht, und bin sehr zuversichtlich, dass die Wähler dies auch so sehen», so Züsli. Damit folgt er in seinen Ausführungen den anderen Kandidierenden.

«Die Kandidaten strahlen auf Plakaten wie in einer Zahnpastawerbung.»

Georg Lutz, Politologe

Für den 52-jährigen SP-Kandidaten (geschätzt: 48) sieht es relativ gut aus, was die Verteidigung des SP- Sitzes angeht. Dies schätzt er aufgrund seines politischen Leistungsausweises in der städtischen und kantonalen Politik ebenso ein. Kommt hinzu, dass die SP die wählerstärkste Partei in der Stadt Luzern ist und ihr Sitzanspruch unbestritten ist.

Alle amtierenden Stadträte lehnten auf Anfrage eine Stellungnahme zu diesem Thema ab.

Am Ende entscheidet Leistung

Die Kandidaten wollen also lieber nicht nach ihrem Aussehen beurteilt werden. Das entlockt Politologe Lutz ein Schmunzeln. «Wenn ich sehe, wie sich die Politiker mit ihren Plakaten Mühe geben, wie sie strahlen, als sei es eine Zahnpastawerbung, dann ist denen durchaus bewusst, dass es auf das Äussere ankommt.» Allerdings müsse man sehen, dass dies gesellschaftlich beinahe verlangt werde. «Sie können auch nicht schlecht gekleidet und unrasiert an ein Vorstellungsgespräch gehen», relativiert Lutz.

Das Aussehen wird die Luzerner Stadtratswahl nicht entscheiden. Dennoch ist es nicht völlig bedeutungslos. Spätestens bei der Ausübung des Amtes ist es aber definitiv vorbei mit dem Schönheits-Bonus. Da zählt allein die Leistung.

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