Mietkosten von 180'000 Franken pro Jahr

Gemeinderat erleidet Schiffbruch mit Baar-City

Am Donnerstag entschied die Baarer Gemeindeversammlung über das brachliegende Restaurant Baar-City. (Bild: zvg)

Der Baarer Gemeinderat wollte das luftige Restaurant Baar-City mit unkonventionellen Methoden aus dem Dornröschenschlaf wecken. Die Bevölkerung hat nun an der Gemeindeversammlung ein klares Votum gefällt.

Seit sechs Jahren ist das Restaurant Baar-City geschlossen. Der Liegenschaftsbesitzer Dieter Zobel scheint es längst aufgegeben zu haben, einen Pächter für das Restaurant in der zehnten Etage des Hochhauses im Dorfkern zu suchen. Nicht nur für die Bevölkerung ist das frustrierend. Auch dem Baarer Gemeinderat reichte es kürzlich.

Er plante deshalb, unorthodoxe Wege zu gehen und die Mietkosten für das Restaurant für zehn Jahre zu übernehmen. Jährlicher Kostenpunkt: 180'000 Franken. An der Gemeindeversammlung vom Donnerstagabend wurde über ebendieses Anliegen diskutiert. Mit sehr eindeutigem Resultat.

Bevor die Voten aus dem Plenum vorgetragen wurden, erklärte der Gemeindepräsident Walter Lipp (Mitte) im zum Bersten vollen Gemeindesaal keck: «Der Gemeinderat strebt die Wiedereröffnung des Restaurants Baar-City an. Dies auf Initiative von Menschen aus der Bevölkerung. Ihr wisst, dass es nicht die Aufgabe der Gemeinde Baar ist, ein Gastrolokal zu mieten, und das werden wir diesen Abend noch ein paar Mal hören.»

Er sollte recht behalten. Hätte sich die Versammlung bei jedem «nicht Aufgabe der Gemeinde» einen Schnaps genehmigt, wäre die Debatte weit weniger sachlich, dafür umso unterhaltsamer geworden.

Das grosse Risiko bereitet den Bürgerlichen Bauchschmerzen

Thomas Gwerder, Präsident der Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission, äusserte sich im Namen der Kommission als Erstes gegen das Unterfangen. Das Risiko von monatlichen 15'000 Franken Mietkosten sei schlicht zu gross.

Die Baarer FDP-Präsidentin Alexandra Müller folgte diesem Votum: «Wir sind uns alle einig, es wäre wünschenswert, an diesem tollen Ort ein Restaurant zu haben. Doch kann es nicht sein, dass sich das der Gemeinderat zur Aufgabe macht. Erst recht nicht auf Kosten der Steuerzahler.» Das bereits genannte Risiko steige insbesondere, «da die Gastrobranche gebeutelt ist und unter einem Fachkräftemangel leidet». Als «wünschenswert, aber definitiv nicht notwendig», lässt sich die ablehnende Haltung der Mitte zusammenfassen.

Das Baar-City-Hochhaus nahe dem Bahnhof Baar. (Bild: mam)

Ein allzu einseitiger Vertrag?

SVP-Mann Michael Riboni zerfleischte das Vorhaben regelrecht: «Klar, es wäre schön, wenn das Restaurant wieder eröffnet würde. Aber nicht unter diesen Bedingungen.»

Riboni erklärte: «Ein Pächter müsste mindestens zwei Millionen Franken Umsatz im Jahr machen, sonst drohen finanzielle Schwierigkeiten. Gerechnet an 300 geöffneten Tagen im Jahr wären das 7000 Franken, welche der Betreiber täglich an Umsatz generieren müsste.» Was wiederum 90 Personen entspräche, die täglich für 80 Franken im Restaurant konsumieren würden. Dies jedoch sei für die SVP nicht der Hauptgrund für die ablehnende Haltung.

«Wir haben den Mietvertrag vorgängig studiert. Er ist völlig einseitig. Dieter Zobel wäre vollumfänglich abgesichert, während alle Risiken auf die Gemeinde abgewälzt würden. Der Besitzer bekäme jährlich fix 180'000 Franken, mit null Risiko. So einen einseitigen Vertrag habe ich noch selten gesehen», sagte der Rechtsanwalt und appellierte an die 441 Anwesenden: «Lassen wir uns nicht von einem Einzelnen auf der Nase rumtanzen.» Er warnte: «Zobel ist kein verlässlicher Vertragspartner.»

«Man kann zwar sagen, dass der Mietvertrag einseitig ist, aber er ‹verhebt›.»

Sonja Zeberg-Langenegger, Baarer FDP-Gemeinderätin

Der Kritik zum Vertrag entgegnete die zuständige Gemeinderätin Sonja Zeberg-Langenegger (FDP): «Man kann zwar sagen, dass der Mietvertrag einseitig ist, aber er ‹verhebt›.» Und weiter: «Sollte der Vertrag zustande kommen, muss Zobel die Liegenschaft ausserdem instand setzen und uns sauber übergeben.»

ALG hat Vertrauen in den Gemeinderat

ALG-Präsident André Guntern widersprach seinen Vorrednerinnen: «Der Gemeinderat hat im Rahmen des Geschäfts eine Gastroberatungsfirma beigezogen und sich gut über die möglichen Risiken informiert. Ich traue dem Gemeinderat zu, dass es ihm gelingt, ein möglichst kleines Risiko einzugehen.» Und weiter: «Bei einem Nein bestrafen wir die Bevölkerung. Diese ging beim ursprünglichen Bebauungsplan davon aus, einen Mehrwert zu erhalten.»

Auch SP-Frau Ronahi Yener sprach sich im Namen der Partei für das Vorhaben aus. «Auch wenn die Vorlage kritisch diskutiert wurde: Letztlich geht es um ein Lokal an exponierter Lage im Dorfkern. Ein Restaurant würde die Attraktivität der Gemeinde Baar steigern.»

Drinks auf der Dachterrasse, gutes Essen mit tollem Blick aufs eigene Dorf, ein noch attraktiveres Baar. Diese Argumente vermochten die Skepsis nicht wettmachen, welche das geplante Unterfangen in der Bevölkerung ausgelöst hatte. Das Resultat fiel derart klar aus, dass die Stimmenzähler gar nicht erst zählen mussten. Eine überragende Mehrheit entschied sich, das Baar-City weiterhin schlafen zu lassen.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Gemeindeversammlung Baar
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Peter Joe
    Peter Joe, 07.12.2023, 06:58 Uhr

    Monatlich 6000.– Miete. Mehr wäre nicht angmessen. In Goldau hat es bessere Lokaĺe für weniger Geld.

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  • Profilfoto von Peter
    Peter, 16.04.2023, 11:22 Uhr

    «Zobel ist kein verlässlicher Vertragspartner.» Genau. Aber die Gemeinde Baar fasst ihn (wie früher seinen Vater, der die Gemeinde auch dauernd über den Tisch gezogen hat, siehe verschiedene Artikel hier) mit Samthandschuhen an, weil er ein potenter Steuerzahler ist. Was ist mit Handeln nach «Treu und Glaube»? Rechtlich vorgehen!

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  • Profilfoto von Manu
    Manu, 15.04.2023, 11:39 Uhr

    Einfach abwarten, die Marktwirtschaft drückt die Miete schonnoch

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