Luzern siedelt wohl weitere Jobs am Seetalplatz um

Verwaltungsgebäude: Schlägt der Kanton Emmen die Tür zu?

Die Luzerner Agglomeration boomt – speziell das Gebiet Luzern Nord rund um den Seetalplatz.  

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die CVP Emmen will die Gemeindeverwaltung beim neuen Bürokomplex am Seetalplatz unterbringen. Doch es ist unklar, ob der Kanton in seinem geplanten Verwaltungsgebäude überhaupt Platz dafür hat. Denn um zu sparen, wird das Projekt nochmals aufgerollt. Und weil kein Budget da ist, ist Luzern sowieso ein halbes Jahr in Verzug.

Er gilt als Albtraum jedes Fahrschülers und als hässlichste Mega-Kreuzung der Region: der Seetalplatz in Emmen. Doch das wird bald Geschichte sein; die ganzen Verkehrswege werden umgekrempelt und das Areal erhält ein komplett neues Gesicht. Dafür sorgt auch das geplante Verwaltungszentrum des Kantons: 1’100 Angestellte sollen Ende 2023 in den Neubau nach Emmenbrücke ziehen. Der Kantonsrat hat letzten Juni dafür einen 5-Millionen-Planungskredit gesprochen. So weit, so gut.

Eigentlich hätte ab Ende April 2017 das Wettbewerbsverfahren gestartet werden sollen. Doch der Kanton ist im Verzug. «Weil wir einen budgetlosen Zustand haben, ist die Planung für das Verwaltungsgebäude am Seetalplatz noch nicht viel weiter als per Jahresende 2016», sagt Kantonsbaumeister Hans-Urs Baumann. «Denn wir können keine Planungsaufträge erteilen.» Er schätzt, dass man mindestens ein halbes Jahr länger benötigt als geplant. Sprich: Bis man die Kriterien für den Wettbewerb definiert habe, werde es vermutlich Spätsommer.

Doch das ist nicht alles. Die Finanzlage hat auch anderweitige Konsequenzen für das 160-Millionen-Projekt. In der Botschaft für den Projektierungskredit sind die rund 30 Abteilungen aufgelistet, die nach Emmen ziehen sollen. Mit der aktuellen Organisationsentwicklung – einem Teil des Sparpakets KP17 – wird das nochmals überprüft. Baumann: «Allenfalls sollen weitere Dienststellen ebenfalls mitumziehen. Das sind wir zurzeit intern am Abklären.» Um welche Dienststellen es geht, will Baumann nicht sagen.

Kein Platz für Emmen?

Das betrifft nicht nur die Angestellten der Kantonalverwaltung, sondern womöglich auch der Emmer Gemeindeverwaltung. Diese ist im «Schoggiturm» einquartiert, dem markanten Hochhaus, das eine Sanierung nötig hätte. Die CVP Emmen verlangte deshalb kürzlich, dass man einen Umzug in den Kantonsneubau am Seetalplatz ins Auge fasst (zentralplus berichtete).

Geht es darum, dass Emmen als Gastgeberin mit von der Partie ist, wenn rund um den Seetalplatz und die Viscosistadt das neue Zentrum der boomenden Gemeinde entsteht? «Nein», sagt Postulant und CVP-Einwohnerrat Andreas Roos. «Der Grundgedanke dahinter ist, Synergien zu nutzen. Die Gemeinde- mit der Kantonsverwaltung unter ein Dach zu bringen, wäre eine Chance, die wir unbedingt prüfen müssen.» Da das Zentrum Gersag sanierungsbedürftig ist, müsse die Gemeinde alle Augen offen halten.

«Ich bezweifle, dass wir den Platz in gewünschter Form bereitstellen können.»

Hans-Urs Baumann, Luzerner Kantonsbaumeister

Doch beim Kantonsbaumeister Hans-Urs Baumann rennt die CVP damit nicht gerade offene Türen ein. «Ich kann zurzeit kein Zugeständnis machen, dass die Gemeindeverwaltung überhaupt Platz hat.» Ursprünglich waren rund 9’000 Quadratmeter für Drittmieter vorgesehen, diese Mietflächen dienen aber auch als zukünftige Reserve für den Kanton. Baumann hält fest: «Wenn der Vorschlag in Emmen auf Anklang stösst, müssen wir wissen, wie viel Platz sie benötigen. Ich bezweifle aber, dass wir diesen in gewünschter Form bereitstellen können.»

Vor Volksabstimmung geht nichts

Wie der Emmer Gemeinderat dazu steht, ist offen, er nimmt zu hängigen Vorstössen keine Stellung. Das Thema ist allerdings nicht neu: Der Einwohnerrat hat im 2015 ein Postulat überwiesen, das einen Planungsbericht verlangt. Dieser soll zeigen, wie es mit dem «Patient» Zentrum Gersag weitergeht und die Optionen für die Verwaltung abklären. Als mögliche Standorte für einen Verwaltungs-Neubau nannte der Gemeinderat damals auch den Seetalplatz, die Viscosistadt oder den Sonnenplatz.

«Es wäre schade, wenn wir die Planungsphase verpassen und der Kanton nachher sagt: Jetzt ist es zu spät.»

Andreas Roos, CVP-Einwohnerrat

So oder so: Für den Seetalplatz meldet Baumann gewisse Bedenken an. «Grundsätzlich wäre die Idee, die Reserveflächen zu vermieten, solange wir sie nicht benötigen. Eine Gemeindeverwaltung hätte sicher Interesse an einem langfristigen und dauerhaften Vertrag – das könnte zu Schwierigkeiten führen.» Auf eine Antwort muss man in Emmen sowieso noch länger warten. Denn zuerst braucht der Kanton ein baureifes Projekt. Über dieses werden die Luzerner voraussichtlich 2020 abstimmen, da die geschätzten Kosten von 160 Millionen Franken ein Volks-Ja bedingen. Vor der Volksabstimmung könne man noch nicht über Mietverträge diskutieren, sagt Baumann.

Auch wenn der Kanton am Ende Nein sage: Für den Emmer CVP-Einwohnerrat Andreas Roos ist klar, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um die Debatte anzustossen. «Es wäre schade, wenn wir die Planungsphase verpassen und der Kanton nachher sagt: Jetzt ist es zu spät.»

Nach der Sitzung aufs Laufband

Klar ist hingegen bereits jetzt: Das Verwaltungsgebäude soll mehr werden als ein stinknormales Bürohaus. Vorgesehen sind sogenannte Mantelnutzungen wie ein Restaurant, Kinderbetreuung, Fitness/Wellness-, Einkaufs-, Service- und Dienstleistungsangebote. Kurz: Der Komplex soll alle Anforderungen an einen modernen Arbeitsplatz erfüllen. Die Kantonsangestellten sollen also vom Bürotisch am Mittag direkt aufs Laufband und vor Feierabend kurz einkaufen und nachher ihr Kind abholen können.

Auf dem roten Baufeld möchte der Kanton Luzern seine Verwaltung zentralisieren. Auf den grünen Baufeldern B1 bis B3 sollen auch Wohnungen entstehen.

Auf dem roten Baufeld möchte der Kanton Luzern seine Verwaltung zentralisieren. Auf den grünen Baufeldern B1 bis B3 sollen auch Wohnungen entstehen.

(Bild: Kanton Luzern)

Kantonsbaumeister Hans-Urs Baumann hält allerdings fest, dass dies nicht nur den kantonalen Mitarbeitenden zugute kommen soll. «Das Ziel muss sein, dass der ganze Seetalplatz in sich und als Ganzes funktioniert.» Es könne gut sein, dass die genannten Ideen nicht alle im Verwaltungsgebäude Platz finden. «Wir stehen in engem Kontakt mit den benachbarten Investoren und prüfen gegenseitig interessante Lösungen.» Konkret geht es einerseits um die Credit Suisse und Viscosuisse Immobilien AG, die beim Kino Maxx Ausbaupläne hegen. Ihr Bauprojekt «Metropolis» besteht aus drei Neu- und Anbauten am Kino Maxx und enthält nebst sechs zusätzlichen Kinosälen inklusive Foyer Platz für 170 Wohnungen, Büros, Läden und Gastrobetriebe (zentralplus berichtete).

Andererseits betreffen die Gespräche die Firma Losinger Marazzi, die am Seetalplatz (Baufeld A2, siehe Grafik) mehrere Hochhäuser hinpflanzen will. Das Vorhaben gab kürzlich zu reden, weil möglicherweise die Backoffice-Einheiten der Kantonalbank dorthin kommen sollen (zentralplus berichtete).

Käufer oder Investor gesucht

Vorwärts geht es bald auch direkt an der Reuss (B1–B3, siehe Grafik). Dort sollen mehrheitlich Wohnungen entstehen, sowie ein Teil Dienstleistungsflächen. Allerdings wird das nicht vom Kanton selber gebaut: Er sucht demnächst einen Investor oder einen Käufer, der das Grundstück im Baurecht oder im Eigentum übernimmt. Für diese Dienstleistungsflächen hätten bereits auch andere «kantonsnahe Institutionen» Interesse angemeldet, sagt Baumann, ohne Namen zu nennen.

Im Rahmen der Organisationsentwicklung steht denn auch die Idee im Raum, durch das Zusammenrücken mit solchen Institutionen Synergien zu schaffen. Womöglich – und das ist zur Abwechslung wieder erfreulicher für Emmen – könnte das aber auch eine Option für die Emmer Gemeindeverwaltung werden, sagt Baumann.

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