Abstimmung Frauensteinmatt: Die 8 wichtigsten Fragen

«Verschenkt» die Zuger Bevölkerung bald ein Altersheim?

Über die Veräusserung der Frauensteinmatt stimmen die Zuger Stimmbürgerinnen bald ab. Der Vater der Abstimmung: Urs Raschle. (Bild: wia)

In der Stadt Zug wird bald über die Veräusserung des Alterszentrum Frauensteinmatt abgestimmt. Nicht wenige Stimmberechtigte dürften die Vorlage gähnend überflogen und dann weggelegt haben. Doch: Zwischen den Zahlen und Fachbegriffen steckt ein ziemlich spannendes Thema. Wir beantworten die wichtigsten Fragen. Fast ohne Zahlensalat – versprochen.

Ende November stimmen die Stadtzuger darüber ab, ob das Alterszentrum Frauensteinmatt von der Stadt Zug in den Besitz der Stiftung Alterszentren Zug (AZZ) übergehen soll. Das klingt zunächst nicht besonders spektakulär. Doch der Schein trügt, denn die Besitzverhältnisse, die aktuell gelten, sind nicht nur potenziell problematisch, sondern sie widersprechen gar dem Gesetz. Doch von vorne.

Worum geht's überhaupt? Und bitte ohne den Zahlensalat!

Tatsächlich muss sich, wer die Abstimmungsbroschüre zur Frauensteinmatt öffnet, durch einige Zahlen kämpfen. Es geht um Investitionskosten, um Abschreibungen, um Quadratmeterzahlen und Baurechtszinsen. Uff. Doch so trocken ist das Ganze gar nicht, wie Stadtrat Urs Raschle betont.

Raschle hatte das Thema kurz nach seinem Antritt 2015 aufgegriffen, respektive entdeckt, und er ist quasi der Vater dieser Abstimmung. Er sagt: «2012 wurde in Zug ein neues Spitalgesetz beschlossen. Dieses besagt, dass es eine klare Trennung von Heimen und Staat geben muss.» Damit sind die Heime selber dafür verantwortlich, dass sie genügend Geld einnehmen, um etwa künftige Investitionen wie beispielsweise Sanierungen zu tätigen. Bisher war es die öffentliche Hand, welche diese Gelder – wenn nötig – bereitstellte.

«Es ist nicht das Ziel, dass die öffentliche Hand Geld für Heime spricht, wenn bei diesen Sanierungen anstehen.»

Urs Raschle, Zuger Stadtrat

«Als ich 2015 das Stadtratamt antrat, realisierte ich bald, dass diese Trennung im Falle des Altersheims Frauensteinmatt nicht passiert war. Dies äusserte sich unter anderem in früheren Rückstellungen in Millionenhöhe, welche sich jährlich als beträchtlichen Aufwand in den damaligen Jahresrechnungen zeigten, seit einigen Jahren nicht mehr gebildet wurden und zukünftig ganz wegfallen werden», sagt der CVP-Stadtrat. Rückstellungen, die für künftige Investitionen der Heime gemacht wurden. Als Raschle der Sache nachging, realisierte er, dass sich der Status quo, dem geltenden Gesetz entsprechend, ändern müsse. «Eigentlich ist nicht das Ziel, dass die öffentliche Hand Geld für die Heime spricht, wenn bei diesen Sanierungen anstehen.»

Nach einem mehrjährigen umfangreichen Prozess, in welchem alle relevanten Fragen analysiert worden sind und nachdem das Geschäft im Grossen Gemeinderat diskutiert wurde, geht es am 28. November bei der Volksabstimmung darum, die Frauensteinmatt den AZZ zu übergeben. Sagen die Stimmberechtigten Ja, wird die Stiftung in die Verantwortung gezogen. Insbesondere wenn es darum geht, Gelder für künftige Investitionen auf die Seite zu legen. Dies mittels angepasster Taxe.

Was hat die Taxordnung damit zu tun?

Die Alters- und Pflegeheime reichen der Gesundheitsdirektion jährlich die vereinbarten Tagespauschalen ein, also die Taxen mit den für das kommende Jahr veranschlagten Tarifen für die Bewohner. Nur: Das Zentrum Frauensteinmatt wurde im Jahr 2011 von der Stadt gebaut. Diese vermietet das Alterszentrum an die AZZ, ihre Mieterin. Dieser massgebliche Kostenpunkt wurde von der Stadt Zug künstlich tief gehalten. Konkret gewährte diese der AZZ eine jährliche Mietzinsreduktion von rund einer Million Franken. Künftig soll die AZZ die Verantwortung dafür tragen, dass genügend Rückstellungen für die Infrastruktur gemacht werden.

Das Alterszentrum Frauensteinmatt mit Geranienbouquet. (Bild: wia)

Kann es sein, dass Heimbewohner künftig deutlich mehr zahlen?

Tatsächlich müsste die AZZ die Taxen für das Zentrum neu berechnen. «Im Zuge dessen kann es zu Anpassungen nach oben kommen», bestätigt Urs Raschle. «Der AZZ gehören jedoch bereits mehrere Altersheime in der Stadt Zug, nämlich die Gebäude Herti, Neustadt und die Alterswohnungen Waldheim. Das gibt der Stiftung Spielraum, Investitionen querzusubventionieren und Synergien zu nutzen.» Auch bestünde die Möglichkeit, dass man in einem Heim mehr sozialverträgliche Plätze einrichte, so der Stadtrat.

Was darf's denn kosten? (Exgüse, jetzt kommen zwei Zahlen)

Die Stadt will das Gebäude des Alterszentrums Frauensteinmatt für knapp 9 Millionen Franken veräussern. Im gleichen Schritt soll das Unterbaurecht an die AZZ übergeben werden. Auch die zweckgebundenen Rückstellungen in der Höhe von 12,4 Millionen Franken – wir erinnern uns an den Aufwand in den damaligen Jahresrechnungen, der Urs Raschle in der städtischen Bilanz missfiel – wird der AZZ übertragen. Doch Obacht: dieser vorgeschlagene Preis behagt nicht allen.

Warum wird der Verkaufspreis kritisiert?

Dieser sei viel zu tief, findet etwa Martin Iten, seines Zeichens CSP-Gemeinderat. «Die anfänglichen Investitionskosten fürs Zentrum Frauensteinmatt beliefen sich auf 28,5 Millionen Franken. Nun veräussert man den Bau zum Buchwert, in diesem Fall für knapp 9 Millionen. Diese muss die AZZ jedoch nicht zahlen, da diese 9 Millionen von den Rückstellungen abgezogen werden.»

«Es handelt sich de facto um ein riesengrosses Geschenk an eine Drittpartei.»

Martin Iten, CSP-Gemeinderat

Die AZZ erhalte sogar zusätzlich noch etwa 4,5 Millionen Franken obendrauf, äussert Iten sein Unverständnis. «Es handelt sich de facto um ein riesengrosses Geschenk an eine Drittpartei.» Iten ist einer der wenigen, der die Vorlage kritisiert. Im Grossen Gemeinderat war er eine von fünf Personen, die sich dagegen aussprachen. 26 Rätinnen waren dafür, fünf enthielten sich ihrer Stimme. Der Verkaufspreis ist jedoch nicht der einzige Punkt, den Iten kritisiert.

Gibt die Stadt die Zügel zu sehr aus der Hand?

Stadtrat Urs Raschle betont, dass die Stadt trotz der Übergabe an die AZZ noch immer Einfluss nehmen könne. «Wir behalten die Parzelle Frauensteinmatt im Baurecht, wie es der ausdrückliche Wunsch der Grundeigentümerin, der Stiftung Priesterheim, ist. Mit der AZZ hätten wir einen Unterbaurechtsvertrag.» Dazu komme, dass geregelt sei, dass jeweils zwei Leute der Stadt im Stiftungsrat dabei seien und deren Interessen einbringen könnten. «Im Notfall können wir den Stiftungsrat entmachten», so Raschle.

Iten hingegen ist der Ansicht, dass die Stadt respektive die Bevölkerung, sehr wohl an Einfluss einbüsse. «Wir wissen nicht, wie sich die Stiftung künftig entwickeln wird. Vielmehr weiss man, dass die AZZ in der Vergangenheit auch schwierige Phasen bestritten.» Iten fragt sich, warum die Veräusserung überhaupt stattfinden müsse, habe das bisherige Modell doch zehn Jahre lang einwandfrei funktioniert.

Was bringt der Stadt die Veräusserung an die AZZ?

Die Stadt Zug ist überzeugt, mit der Veräusserung Geld zu sparen. Und zwar ganze 1,5 Millionen Franken jährlich. Kosten, welche heute mitunter in der Mietzinsreduktion und in Abschreibungen versanden. Wie bereits erwähnt, ist die Stadt Zug der Ansicht, trotz Verkauf einen massgeblichen Einfluss auf die Zusammenarbeit mit der AZZ zu behalten. Dies nicht zuletzt auch aufgrund der Leistungsvereinbarung und der Vertretung im Stiftungsrat. Last but not least entspräche das Modell wieder dem geltenden Spitalgesetz.

Was passiert, wenn die Stimmbevölkerung Nein sagt?

Dazu sagt der «Vater der Vorlage», Urs Raschle: «Dann würde die Welt nicht untergehen. Doch wären somit die gesetzlichen Vorgaben des Kantons nicht erfüllt.» Zudem, so der Stadtrat, «kann es bei einer Ablehnung der Vorlage sein, dass die AZZ irgendwann bei der Stadt anklopft und von der öffentlichen Hand Geld möchte für Sanierungen». Die Stadt wünscht sich jedoch genau das Gegenteil. «Nämlich, dass die Heimleitungen genügend kompetent sind, diese Rückstellungen selbst in genügendem Masse zu tätigen.»

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