Verband empfiehlt Parteilosen als Regierungsrat

VCS Luzern verblüfft mit seiner Wahlempfehlung

Sein politisches Programm hat Rudolf Schweizer auf eine Stellwand gedruckt: Arbeit und Soziales seien seine Schwerpunkte.

(Bild: jal)

Luzern steckt mitten im Wahlkampf. Doch darum schert sich der parteilose Regierungsratskandidat Ruedi Schweizer nicht. Er weilt derzeit in Peru. Dennoch wird der Kandidat, der gerne mit kuriosen Ideen auf sich aufmerksam macht, vom VCS Luzern zur Wahl empfohlen. Aus einem kuriosen Grund. 

Regierungsratskandidat Ruedi Schweizer wirbt für ein Parkhaus in der Neustadt. Man könnte alle unterirdischen Garagen, die es da sowieso schon gäbe, miteinander zu einer riesigen Anlage verbinden. «Vielleicht sogar für Cars?», fragt er auf seiner Webseite. Wer weiterstöbert, stösst auf verkehrspolitische Ansichten des Parteilosen. So lehnt er den Durchgangsbahnhof ab.

Einmal mehr kandidiert der bunte Vogel bei den Wahlen. Dieses Mal will er Kantons- und Regierungsrat werden. Als National-, Ständerats- und Stadtratskandidat scheiterte er in der Vergangenheit chancenlos.  

Im kommenden Wahlkampf darf Schweizer überraschenderweise auf die Unterstützung der Luzerner Sektion des Verkehrsclubs (VCS) zählen. Diese empfiehlt Schweizer gemeinsam mit Jörg Meyer (SP), Korintha Bärtsch (Grüne) und Roland Fischer (GLP). Die Unterstützung von Meyer, Bärtsch und Fischer ist aufgrund der Übereinstimmung politischer Ziele nachvollziehbar. Schliesslich wehrt sich links-grün entschieden gegen die Spange Nord oder setzt sich für die Förderung von Velo- oder des öffentlichen Verkehrs ein. Warum aber kommt Carosseriespengler Schweizer in die Kränze?

Wer drei richtige Häkchen setzt…

Die Antworten von VCS-Präsident Michael Töngi erklären zwar, wie das Kuriosum zustande kam, auf die Seriosität der Empfehlungen werfen sie aber ein schlechtes Licht. «Wir haben allen Kandidaten drei Fragen gestellt. Wer diese im Sinne des VCS beantwortet hat, wird von uns empfohlen», sagt Töngi. 

Die Fragen, welche auch in der Wahlhilfe Smartvote auftauchen, lauteten:

  • Soll der Kanton Luzern auf eine Spange Nord verzichten?
  • Soll der Kanton Luzern Massnahmen ergreifen, um den Langsamverkehr gegenüber dem motorisierten Verkehr stärker zu fördern?
  • Braucht es im Kanton Luzern zusätzliche Massnahmen zugunsten des motorisierten Individualverkehrs?

Wer bei dieser Multiple-Choice-Prüfung mit Ja, Ja und Nein votierte, kann auf die Unterstützung des VCS zählen. Schweizer hat «bestanden» und wird nun in einer Zeitschrift an 4’660 Mitglieder und auf der Webseite zur Wahl empfohlen.

Die bürgerlichen Kandidaten Guido Graf, Reto Wyss, Fabian Peter und Marcel Schwerzmann haben sich nicht konkret geäussert, wie der VCS gegenüber zentralplus publik macht.

«Wir beurteilen nicht, wie fähig jemand ist, ein Amt auszuüben.»

Michael Töngi, VCS-Präsident

SVP-Regierungsrat Paul Winiker gab hingegen detailliert Antwort. Zur Spange Nord meinte er: «Zum jetzigen Zeitpunkt Ja oder Nein zum Bau der Spange Nord zu sagen, wäre schlicht unseriös» und zur zweiten Frage erklärte er: «Es ist nicht ratsam, die einzelnen Verkehrsträger, ob die verschiedenen Arten des Individualverkehrs, Bus, Bahn und Schiff gegenseitig auszuspielen.» Diese Antworten waren dem VCS offenbar zu staatsmännisch, auch Winiker wird nicht unterstützt.

Schweizer interessiert die Unterstützung nicht

Doch müsste man, um als Verband glaubwürdig zu wirken, nicht eine tiefere Analyse machen? Nationalrat Michael Töngi sagt dazu: «Wir beurteilen nicht, wie fähig jemand ist, ein Amt auszuüben, sondern geben eine Empfehlung ab, wer mit unserer Politik übereinstimmt. Die Gesamtbeurteilung müssen die Wählerinnen und Wähler vornehmen.»

Zur fragwürdigen Methode kommt aber hinzu, dass viele Ruedi Schweizer das Amt als Regierungsrat gar nicht zutrauen. Sein Auftritt wirkt zuweilen wirr, seine Argumentation sprunghaft, er wittert überall Verschwörungen. 

Problem: Borkenkäfer

Und was sagt Ruedi Schweizer zur Wahlempfehlung? zentralplus erreicht den 55-Jährigen telefonisch. Er befindet sich gerade in Lima auf einer dreiwöchigen Bildungsreise, wie er den Aufenthalt in Peru nennt. So kurz vor den Wahlen sei das kein Problem, man kenne ihn ja und seine Wahlchance sei sowieso verschwindend klein. 

Zur VCS-Unterstützung, dessen Mitglied er übrigens nicht sei, sagt Schweizer: «Das ist mir egal. Wenn sie hinter meinen Ideen stehen können, sollen sie mich empfehlen.» Schweizer geht im Gespräch nicht auf konkrete Fragen ein. Er spricht von der Metro, dem IPV-Bundesgerichtsurteil und geht im gleichen Satz zur Bedrohung der Luzerner Wälder durch den Borkenkäfer über.

Ruedi Schweizer im «Übergwändli»: Damit wollte er im Wahlkampf 2015 zeigen, dass er für die Anliegen der Handwerker einsteht.

Ruedi Schweizer im «Übergwändli»: Damit wollte er im Wahlkampf 2015 zeigen, dass er für die Anliegen der Handwerker einsteht.

(Bild: rob)

Alternativer Gewerbeverband unterstützt eigenes Mitglied nicht

Mitglied ist Ruedi Schweizer beim Verein «LU – Luzerner Unternehmen». Dieser Lobbyverband setzt sich für die Anliegen von Klein- und Kleinstunternehmen ein. Der Verein hat sich für die Regierungsratswahlen klar positioniert und eine eigene Liste im Sinne der Konkordanz eingereicht. Auf dieser befinden sich Jörg Meyer, Reto Wyss, Guido Graf, Fabian Peter und Paul Winiker. 

Vereinspräsident André Egli sagt: «Wir haben diesen Entscheid gefällt, bevor wir von der Kandidatur Ruedi Schweizers wussten.» Eine ausgewogene Vertretung der politischen Parteien in der Regierung abzubilden, stehe im Zentrum. Zu Schweizers Engagement im Verein sagt Egli: «Wir schätzen seinen Input sehr und wünschen ihm alles Gute im Wahlkampf.» Ob Schweizer die Fähigkeiten für das Amt des Regierungsrates mitbringen würde, will er nicht beantworten. Eine Frage, die man sich beim VCS gar nicht stellte. 

Wie es andere Verbände machen

Der TCS, welcher als Vertreter der Autolobby quasi den Gegenpart zum VCS darstellt, gibt keine Wahlempfehlungen ab.

Der Luzerner Gewerbeverband strebt auch in Zukunft eine bürgerliche Regierung an. Nebst den Bisherigen (Graf, Wyss, Schwerzmann und Winiker) wird auch Fabian Peter zur Wahl empfohlen. Begründet wird dies mit dem Wunsch nach Kontinuität in der Regierung.

Der Luzerner Gewerkschaftsbund unterstützt für die Regierungsratswahlen einzig Verbandsmitglied Jörg Meyer.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Walter Albrecht
    Walter Albrecht, 26.02.2019, 09:28 Uhr

    peinlich!

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