Kritik an Kantonsrat wegen Vatikan-Geldern

Nach Vatikan-Klatsche: Wehklagen bei Zuger Gegnern

Mindestens so bunt wie die Uniformen der Gardisten war auch die Debatte um einen Beitrag für ihre neue Kaserne. (Bild: www.schweizergarde.va)

Im einzigen Kanton, der überhaupt über den Kasernenbeitrag abstimmen konnte, wird der Spendenbeitrag mit 71 Prozent abgelehnt. In Zug bliebt der Souverän aussenvor. Ein Fehler, wie die Gegner des Beitrags finden.

Es ist eine herbe Klatsche: Nicht eine einzige Luzerner Gemeinde hat sich für den Beitrag an die Kaserne der Schweizer Garde ausgesprochen (zentralplus berichtete). Selbst im Wahlkreis Entlebuch, der traditionell konservativ-bürgerlich ausgerichtet ist, scheitert die 400'000-Franken-Spende mit gut 65 Prozent Nein-Stimmen. Damit wird der Beitrag an den Vatikan im einzigen Kanton, der darüber an der Urne befunden hat, steil bachab geschickt.

Nein in Luzern löst Fragen zu anderen Beschlüssen aus

Der Abstimmungsausgang wirft so ein schales Licht auf die anderen Kantone, in denen die Bevölkerung nicht direkt mitsprechen konnte. So fragt sich etwa der Zuger Alt-Nationalrat Jo Lang (ALG) über Twitter: «Delegitimiert das LU-Verdikt nicht alle Behörden-Entscheide?»

Dieser Meinung ist etwa der Zuger ALG-Kantonsrat Luzian Franzini. «Wenn der Beitrag in solch einer katholischen Bastion wie Luzern abgelehnt worden ist, wäre der Beitrag in anderen Kantonen auch abgelehnt worden», sagt er. Auch in Zug, ist der 26-Jährige überzeugt. «Der Luzerner Entscheid zeigt, dass es sicher korrekter gewesen wäre, einen referendumsfähigen Beschluss zu machen.»

Im Kanton Zug war kein Referendum möglich

Denn: Der im Zuger Kantonsrat gesprochene Beitrag von 130'000 Franken ist fix (zentralplus berichtete). Gemäss Kantonsverfassung kann gegen Kantonsratsbeschlüsse, deren Ausgaben unter 500'000 Franken liegen, kein Referendum ergriffen werden. «Damit es also zu einer Abstimmung gekommen wäre, hätten wir absurderweise einem noch höheren Betrag zustimmen müssen», so Franzini.

«Auch bei einer Abstimmung hätte es beide Haltungen gegeben. Und wie diese ausgegangen wäre, kann ich beim besten Willen nicht sagen.»

Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor

Doch der 800'000-Franken-Vorschlag von Manuel Brandenberg (SVP) ist damals chancenlos geblieben. «Hätte die Regierung wirklich gewollt, hätte sie trotzdem eine Möglichkeit gefunden, die Bevölkerung mitreden zu lassen», so Franzini. «Immerhin bin ich froh, dass der Zuger Beitrag mit einem ordentlichen Gesetzesbeschluss und nicht mit Lotteriefondsgeldern gesprochen worden ist», übt er sich im Galgenhumor.

Referendums-Initianten kritisieren Behördenentscheide

Seine Aussage ist auch als Seitenhieb gemeint. In anderen Kantonen wie etwa im Wallis, das eine Million Franken – und damit gut drei Franken pro Einwohnerin – spendet, wird der Beitrag aus dem Lotteriefonds entnommen. Das ist ein Umstand, den die Initiantinnen des Luzerner Referendumskomitees, die Freidenker-Vereinigung, scharf auf Twitter kritisieren: «In fast allen anderen Kantonen haben die Exekutiven für die Vatikansubvention Lotterie- und andere Fonds geplündert, obschon nichts am Vorhaben gemeinnützig ist.» Sie stellen gar in Aussicht, rechtliche Schritte zu prüfen.

«Dass der Betrag unter dem Referendumsschwellenwert liegt, ärgert uns natürlich. Aber zumindest wurde nicht gemogelt.»

Andreas Kyriacou, Freidenker-Vereinigung

Auf Anfrage sagt Freidenker-Präsident Andreas Kyriacou: «Aus unserer Sicht ist die Kasernenspende eine rechtswidrige Verwendung der Lotteriemittel.» Bevor die Vereinigung jedoch dutzende Rechtsstreite anzettle, wolle man die jeweiligen Regierungen einladen, auf ihren Entscheid zurückzukommen. So auch in Zug. Kyriacou hält dem Kanton Zug immerhin zugute, dass der Beitrag zumindest «rechtlich sauber» gesprochen worden sei. Und dass die Regierung sich nicht beim Lotteriefonds bedienen wollte. «Dass der Betrag unter dem Referendumsschwellenwert liegt, ärgert uns natürlich. Aber zumindest wurde nicht gemogelt.»

Hätten Zugerinnen tatsächlich anders entschieden?

Dass das Zuger Parlament oder die Regierung auf ihren Entscheid zurückkommt, ist unwahrscheinlich. So meint Finanzdirektor Heinz Tännler auf Anfrage kurz und knapp: «Das war ein Entscheid des Kantonsrats und den gilt es zu akzeptieren.»

Den Vorwurf der Freidenker-Vereinigung, dass der Kanton Zug den Beitrag «freudig durchgewunken» habe, lässt Tännler jedoch nicht auf sich sitzen: «Das Geschäft war umstritten. Im Vorgang zum Entscheid hat im Kantonsrat eine intensive Debatte stattgefunden.» Und da die Debatte von gewählten Volksvertretern geführt wurde, sei auch der Vorwurf, das Volk sei nicht gehört worden, haltlos.

Letzten Endes sei alles nach geltendem Recht verlaufen. «Und dieses gilt es einzuhalten. Sonst hätte man am Schluss einen Präjudiz-Fall nach dem anderen.» Zumal eine allfällige Abstimmung nicht automatisch das Aus für den Kasernenbeitrag bedeutet hätte: «Auch bei einer Abstimmung hätte es beide Haltungen gegeben. Und wie diese ausgegangen wäre, kann ich beim besten Willen nicht sagen.»

Auch ohne Luzerner Beitrag läuft die Spendensammlung gut

Ob mit oder ohne Zuger Abstimmung: der Erfolg der Spendensammlung würde sowieso nicht davon abhängen. Zwar äussert die Kasernenstiftung in einer Medienmitteilung Bedauern über den Entscheid des Kantons Luzern. Sie hält dabei jedoch fest: «Der Luzerner Beschluss gefährdet die Erreichung des angestrebten Spendenziels nicht.» Die Schweizergardisten dürfen sich wohl auf eine neue Kaserne – frei von Schimmel – freuen (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor
  • Telefonat mit Luzian Franzini, Zuger ALG-Kantonsrat
  • Artikel kath.ch
  • Telefonat mit Andreas Kyriacou, Präsident der Freidenker-Vereinigung der Schweiz 
  • Teilnahme an der Zuger Kantonsratssession vom 2. Juni
  • Medienmitteilung Stiftung für die Renovation der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde
  • Tweet der Freidenker-Vereinigung Schweiz
  • Tweet von Jo Lang, Alt-Nationalrat
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1 Kommentar
  • Profilfoto von oliver.heeb
    oliver.heeb, 27.09.2022, 12:08 Uhr

    Ob man die Kaserne der Schweizergarde unterstützen will, soll Privatsache bleiben. Die Idee, dass der Steuerzahler das Hobby einer auserkorenen Clique von Vertreter/innen aus dem bürgerlich-liberalen-konservativen Milieu mitfinanzieren soll, war von Anfang an daneben. Vielmehr wäre es angebracht, das Söldnerwesen kritisch zu hinterfragen; auch in seinen modernen Ausprägungen. Heute werden diese armen Kerle auch als «Foreign Fighters» bezeichnet. Noch schlimmer sind, die, welche aus diesem Elend zu Vermögen kamen und kommen.

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