An den Käfigen wird in der Stadt nicht gerüttelt

Trotz toten Vögeln: Die Volière ist des Zugers liebstes Kind

Die Vögel in der Volière Zug können sicher sein: Ohne vorzeitigen Tod werden sie noch ein Weilchen dort bleiben.

(Bild: Walter Benz)

Anfang Woche hatte Tierpfleger Walter Benz sämtliche Wellensittiche der Zuger Volière tot in ihrem Käfig aufgefunden. Schlagen nun die Tierschützer Alarm? Fehlanzeige. Obwohl in Käfige eingesperrte Tiere als nicht mehr zeitgemäss gelten, ist die Zuger Volière unbestritten.

Am Mittwoch wurde bekannt, dass alle fünf Wellensittiche in der Volière am Landsgemeindeplatz in Zug verendet sind (zentralplus berichtete). Während der Verdacht im Raum steht, jemand habe die Tiere verbotenerweise gefüttert, braucht der Ornithologische Verein Zug (OVZ), Betreiber der Volière, keine Kritik an seinen Vogelkäfigen zu befürchten.

Der WWF Zug beispielsweise sieht die Volièren nicht in seinem Zuständigkeitsgebiet. «Wir sind eine Umweltorganisation, der es um die Gesamterhaltung von Lebensräumen geht. Entsprechend legen wir unseren Fokus nicht auf Volièren», erklärt Geschäftsführerin Esther Hegglin.

Vogelwarte beschränkt sich auf Wildvögel

Fragt man bei der Vogelwarte Sempach nach, was man dort vom Prinzip der Volièren hält, kommt man ebenfalls nicht weiter. Medienbeauftragter Livio Rey verweist darauf, dass sich die Vogelwarte nur mit Wildvögeln befasst. Entsprechend habe die Stiftung auch keinen Kontakt mit Vogelzüchtern und Käfigvogelhaltern und könne keine Übersicht bieten, wie oft es zu Fällen von externer Fütterung der Vögel komme.

«Es wurden in der Vergangenheit Trennwände rausgenommen und der Bestand der Vögel reduziert.»

Ivo Zürcher, Tierschutzverein Zug

Ivo Zürcher, Spezialist für Wildvögel beim Tierschutzverein Zug, hingegen beteuert, dass es relativ selten vorkomme, dass sich Leute nicht an das Fütterungsverbot halten. «Aber Ausnahmen gibt es natürlich immer», sagt er.

Kaum mehr Wildvögel in den Käfigen

Der Tierschutzverein stelle fest, dass die Haltung der Vögel in der Volière artgerecht erfolge. «Es wurden in der Vergangenheit Trennwände rausgenommen und der Bestand der Vögel reduziert. Somit gibt es mehr Platz pro Vogel.»

Zudem seien die Anlagen möglichst naturnah gestaltet und rund 95 Prozent der Vögel seien aus Nachzuchten und keine Wildvögel. «Dies macht tatsächlich einen Unterschied im Vergleich dazu, wenn wilde Vögel eingefangen und anschliessend in Käfigen gehalten werden», sagt Zürcher.

«Volièren sind noch zeitgemäss»

Auch das Argument, dass ständiger Blickkontakt für manche Vogelarten Stress bedeutet, entkräftet Zürcher. «Sie können sich bei Bedarf zurückziehen und sich ins Dickicht verschlagen.» Klar sei jedoch auch, dass ein Leben in der freien Natur für die Vögel immer besser sei.

Bei Bedarf können sich die Vögel ins Dickicht zurückziehen.

Bei Bedarf können sich die Vögel ins Dickicht zurückziehen.

(Bild: Walter Benz)

Unter dem Strich hält Ivo Zürcher das Konzept der Volièren immer noch für zeitgemäss. «Ich glaube auch, dass der Ornithologische Verein Zug sein Möglichstes tut für die Vögel.» Mit diesem arbeitet Zürcher zusammen, wenn es um Jungvögel geht. Regelmässig gehe er bei der Volière jedoch nicht vorbei.

Politik lässt die Finger davon

Konkret arbeitet Zürcher mit Walter Benz zusammen, dem leitenden Tierpfleger des Ornithologischen Vereins. Dieser bekräftigt, dass auch aus der Politik nie ein ernsthafter Versuch unternommen wurde, am Monument Volière zu rütteln.

Blättert man in den Geschichtsbüchern zurück, wird diese Aussage bestätigt. Nach Aussage der Stadt Zug habe es zumindest in den letzten gut 20 Jahren nie einen Vorstoss gegeben, der sich gegen die Volière gerichtet hätte.

«Die beiden Volièren am Landsgemeindeplatz und das Hirschgehege am Alpenquai bereichern Zug an Attraktionen für Gäste und Einheimische.»

Silvan Abicht (GLP), Ex-Mitglied GGR Zug

Letztmals wurde im Grossen Gemeinderat (GGR) Zug 2014 über die Volière diskutiert. Dabei ging es um den jährlichen Beitrag an den OVZ für die Kosten der Betreuung der Tiergehege und die Ausbildung eines Tierpflegers. Zu den Tiergehegen gehören neben der Volière auch das Hirschgehege und die Fasanerie.

«Fester Bestandteil dieser Stadt»

Zuspruch gab es für den OVZ damals von links wie rechts. Willi Vollenweider (SVP) bezeichnete die Volière, den Fasanengarten und das Hirschgehege als «festen Bestandteil dieser Stadt» und als «nicht mehr wegzudenken».

Silvan Abicht (GLP), bis 2015 Mitglied des GGR, sah ebenfalls einen grossen Mehrwert für die Stadt: «Die beiden Volièren am Landsgemeindeplatz und das Hirschgehege am Alpenquai bereichern Zug an Attraktionen für Gäste und Einheimische. Sie sind nicht zuletzt für die Kinder etwas sehr Schönes.»

Die Wellensittiche lebten zwischen zwei und zehn Jahren in der Volière.

Die Wellensittiche lebten zwischen zwei und zehn Jahren in der Volière.

(Bild: Walter Benz)

So stand denn die Bewilligung des jährlich wiederkehrenden Beitrags von 130’000 Franken und der Anteil an die Ausbildungskosten eines Tierpflegers von 8000 Franken auch nie zur Debatte.

Den toten Wellensittichen zum Trotz scheint die Zuger Volière tatsächlich einen gemeinsamen Nenner darzustellen, bei dem sich Politiker verschiedenster Strömungen, der Tierschutz sowie die Bevölkerung einig sind: Sie gehört zur Stadt Zug und wird dies auch weiterhin tun.

Was denken Sie: Gehört die Volière einfach zu Zug wie der Zytturm oder ist sie nicht mehr zeitgemäss? Ihr Kommentar ist gefragt.

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