Erhöhungen offenlegen – bald auch in Luzern?

Top oder Flop? Diese Erfahrungen macht Zug mit der transparenten Vormiete

Was hat der Vorgänger für dieselbe Wohnung bezahlt? Im Kanton Zug erfährt man's.

Was in Luzern diskutiert wird, kennt der Kanton Zug seit Langem: die Formularpflicht. Wer in eine neue Wohnung zieht, erfährt automatisch, was der Vorgänger bezahlt hat. Das sollte in allen Städten Pflicht sein, findet der Zuger Mieterverband. Der Hauseigentümerverband spricht hingegen von einem Leerlauf.

Mieter erfahren heute in der Regel nicht, was ihr Vorgänger für die Wohnung bezahlt hat. Und damit auch nicht, ob der Vermieter allenfalls den Zins erhöht hat, obwohl höchstens die Wände neu gestrichen wurden.

Das will der Mieterverband im Kanton Luzern ändern. Am 27. September kommt die Initiative «Fair von Anfang an, dank transparenter Vormiete» zur Abstimmung (zentralplus berichtete).

Die sogenannte Formularpflicht ist im Kanton Zug seit Jahrzehnten gängige Praxis. Wer in eine neue Wohnung zieht, erhält zusätzlich zum Mietvertrag ein Formular, in dem der Vermieter den bisherigen Mietzins ausweist und eine allfällige Erhöhung begründet.

Unterschiedliche Einschätzungen

Wie fallen die Erfahrungen aus? Das hängt stark davon ab, wen man fragt. Als «unentbehrlich» bezeichnet der Mieterinnen- und Mieterverband des Kantons Zug die transparente Vormiete. «Sie bietet eine minimalste Transparenz für die Mieter», sagt Co-Präsident Urs Bertschi. «Für mich ist es unverständlich, wieso die Formularpflicht nicht in allen Städten obligatorisch ist.» 

«In einem ausgetrockneten Markt bringt die Formularpflicht nichts.»

Alain B. Fuchs, Hauseigentümerverband Zugerland

Beim Hauseigentümerverband Zugerland fällt das Fazit hingegen wenig euphorisch aus. Der bürokratische Aufwand halte sich zwar in Grenzen, sagt Präsident Alain B. Fuchs. Doch in vielen Fällen handle es sich um einen Leerlauf. Er ist überzeugt: «In einem ausgetrockneten Markt bringt die Formularpflicht nichts.»

Dem widerspricht Urs Bertschi, der selber als Mieteranwalt tätig ist. Er kenne mehrere Fälle, in denen Mieter dank der Überprüfungsmöglichkeit der Vormiete erfolgreich den Anfangsmietzins angefochten und am Ende weniger Miete bezahlt haben.

Vor die Schlichtungsbehörde ziehen nur wenige

Anders als im Kanton Zürich, wo die Verfahren seit Einführung der Formularpflicht stark stiegen, ist die Zahl der Streitigkeiten in Zug überschaubar (siehe Box). «Es werden wenige Gesuche eingereicht», sagt Simona Dognini von der Schlichtungsbehörde Miet- und Pachtrecht.  

«Man kann nicht sagen, dass die Formularpflicht zu einer Flut von Verfahren geführt hat.» 

Simona Dognini, Schlichtungsbehörde Miet- und Pachtrecht

Jährlich seien es lediglich eine Handvoll Streitfälle wegen des Anfangsmietzinses. «Man kann nicht sagen, dass die Formularpflicht zu einer Flut von Verfahren geführt hat.» 

Wegen der Coronakrise könnte sich das allerdings vorübergehend ändern. Im laufenden Jahr registrierte die Behörde bereits neun Verfahren. «Womöglich hängt das damit zusammen, dass der Druck auf die Einkommen zugenommen hat», so Dognini. Es gebe immer mal wieder Schwankungen, allerdings bewege sich die Zahl auch dann meist im einstelligen Bereich. 

Formular ersetzt nicht die Fairness

Dass es einzelne schwarze Schafe unter den Vermietern gibt, streitet auch Alain B. Fuchs vom Zuger Hauseigentümerverband nicht ab. Die übrigen Eigentümer agierten aber fair. «Die Zuger Vermieter drücken nicht einfach ungerechtfertigte Mietzinserhöhungen durch», sagt Fuchs. «Denn sie sind nicht interessiert an einer Maximierung des Ertrags, sondern an guten und langjährigen Mietern.» Dass Einzelfälle zu einer stärkeren Regulierung der ganzen Branche führten, sei ein bedauerlicher Trend. 

«Es erhöht die Hemmschwelle, einfach die Preise hochzuschrauben.»

Urs Bertschi, Mieterverband Zug

Der HEV-Präsident ist überzeugt, dass die transparenten Vormieten nicht dazu beigetragen haben, die Preise zu dämpfen. Der Kanton Zug gehört seit Jahren zum Spitzenreiter in Sachen Wohnungsnot. Nirgends haben Mieter eine so kleine Auswahl wie in Zug, entsprechend tief muss man für eine Bleibe in die Tasche greifen.

Urs Bertschi vom Mieterverband kennt die Zahlen. Dass die Preise in den Städten vielerorts so hoch sind, liege an der hohen Nachfrage und dem Umstand, dass institutionelle Anleger von der Rendite getrieben seien. Insofern ist auch für ihn klar: «Die Formularpflicht ist nicht das Allheilmittel.» Sie sei auch kein Ersatz für einen fairen Umgang zwischen Vermieter und Mieter. «Aber sie stellt eine Hemmschwelle dar, einfach die Preise hochzuschrauben.»

Anfangsmietzins anfechten

Wenn ein Mieter das Gefühl hat, der Mietzins einer Wohnung sei missbräuchlich, kann er ihn anfechten – auch wenn er den Mietvertrag unterschrieben hat. Das ist bis 30 Tage nach dem Einzug möglich.

Zahlen des Bundesamts für Wohnungswesen zeigen, dass das im Kanton Zug trotz der Formularpflicht nur eine Handvoll Mieter tun. Im Kanton Zürich hingegen fechten jährlich über 100 Personen den Anfangsmietzins an – die Zahl ist seit der Einführung der transparenten Vormiete deutlich gestiegen. Auch im Kanton Basel-Stadt, wo die Formularpflicht 2018 eingeführt wurde, zeigt sich diese Tendenz.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Müller
    Müller, 03.08.2020, 10:08 Uhr

    Das kommt drauf an. Ich ziehe in eine sehr schöne 3 Zimmer nur 1,380-inkl, sie wird gestrichen, das Parkett aufgefrischt, die Küche erhält auf Wunsch von mir, eine Geschirrmaschine. Sie war noch nicht drin, ich zahle kein Rappen mehr, es gab vor ein paar Jahren neue tolle 3 Fach schallgedämte Fenster sagt die jetzige Mieterin, also die gleich viel bezahlte und keine Geschirrmaschine wollte. Es gibt sie noch, die netten Verwaltungen bei grossen wie L.. oder W.. die zocken nur gerne ab und sind auch beim Mieterverband nicht gerne gesehen.

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