SP spricht von «Schönfärberei»

Tiefe Firmensteuern schenken in Luzern (doch noch) ein

Der Luzerner Finanzdirektor Reto Wyss sieht die Tiefsteuerstrategie bestätigt – endlich. (Bild: zvg)

Auf diese Nachricht hat Luzern lange gewartet: Der Kanton profitiert erstmals seit der umstrittenen Halbierung doch noch von den Unternehmenssteuern. Das zeigt ein neues Gutachten. Dieses löst nicht überall Jubelsprünge aus.

Man kann sich die Freude des Luzerner Finanzdirektors Reto Wyss förmlich vorstellen: «Der Kanton hat die Wende geschafft», schreibt sein Departement am Montag in einer Mitteilung. Erstmals liefern die neu in Luzern angesiedelten Firmen so viel Steuern ab, dass sie die rückläufigen Gelder aus dem Nationalen Finanzausgleich übersteigen.

Im Klartext: Das Luzerner Verlustgeschäft der tiefen Steuern ist Geschichte. Denn nach der umstrittenen Halbierung der Firmensteuern im Jahr 2011 erlebte der Kanton eine böse Überraschung. Nicht nur gingen die Steuereinnahmen der Unternehmen erwartungsgemäss stark zurück.

Strafe für die Tiefsteuerstrategie des Kantons Luzern

Die neue Steuerstrategie führte auch dazu, dass Luzern weniger Geld aus dem Nationalen Finanzausgleich (NFA) bekam. Dieser Verteilmechanismus funktioniert, ganz rudimentär gesagt, so: Reiche und finanzkräftige Kantone zahlen ein, strukturschwache Kantone erhalten Geld.

Mit seinen tiefen Steuern galt Luzern im NFA als finanzkräftig und erhielt deutlich weniger Geld (zentralplus berichtete). Der Minderertrag war so hoch, dass er die zusätzlichen Steuereinnahmen von Firmen überstieg. Ein fiktives Beispiel: Zieht ein Unternehmen neu in den Kanton Luzern und zahlt 100 Franken an Gewinnsteuern, so war die Reduktion der Ausgleichszahlung durch den NFA höher als 100 Franken. Kurzum: Luzern wurde für seine Tiefsteuerstrategie «bestraft» und machte unter dem Strich Minus damit.

Luzern profitiert von Reform des Finanzausgleichs

Jetzt geht die Rechnung für den Kanton Luzern also erstmals auf. In den letzten Jahren konnte Luzern im Vergleich zu den anderen Kantonen eine überdurchschnittliche Ressourcenentwicklung vorweisen. Dies geht aus einer Studie hervor, die Professor Christoph A. Schaltegger vom Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik an der Universität Luzern (IWP) im Auftrag des Luzerner Finanzdepartements erstellt hat.

«Der Kanton Luzern hat aus eigener Kraft finanzielle Unabhängigkeit erlangt und seine Finanzkraft massgeblich gestärkt. Das bestätigt, dass unsere Finanz- und Steuerpolitik aufgeht.»

Reto Wyss, Finanzdirektor

Schaltegger kommt in seiner Studie zum Schluss, dass sich in den vergangenen Jahren die Situation für den Kanton Luzern merklich verbessert hat. Dafür verantwortlich seien hauptsächlich die erhöhte Finanzkraft Luzerns und die Reformen des Finanzausgleichs. «Luzern zeigt, dass man es auch als relativ grosser Kanton schaffen kann», so Schalteggers Fazit.

Finanzdirektor sieht sich in Strategie bestätigt

Gemäss Studie dürfte die Ressourcenentwicklung weiterhin überdurchschnittlich steigen und folglich die NFA-Transfers in den Folgejahren weiter sinken. Während der Kanton 2011 noch 360 Millionen Franken aus dem NFA erhalten hat, waren es 2021 noch 135 Millionen.

In diesem Video erklärt der Kanton Luzern die aus seiner Sicht erfreuliche Entwicklung:

Finanzdirektor Reto Wyss (Mitte) reagiert erfreut: «Der Kanton Luzern hat aus eigener Kraft finanzielle Unabhängigkeit erlangt und seine Finanzkraft massgeblich gestärkt. Das bestätigt, dass unsere Finanz- und Steuerpolitik aufgeht.»

«Es ist an Absurdität nicht zu überbieten, wie der Regierungsrat feiert, dass zusätzliche Steuereinnahmen in Zukunft kein Verlustgeschäft mehr sein sollen.»

SP Kanton Luzern

Wyss bezeichnet diese als Investition in die Zukunft, die jetzt Jahr für Jahr mehr positive Effekte habe. «Es war nicht immer eine einfache Zeit und es hat eine Weile gedauert», räumt der Rothenburger ein. «Aber das damalige Risiko wird – Stand heute – belohnt.»

Die Analyse, die gemäss Wyss eine fünfstellige Summe kostete, wurde im Hinblick auf das Finanzleitbild 2022 des Kantons Luzern erarbeitet. In diesem will die Regierung die Finanzpolitik für die nächsten Jahre definieren – es wird nächste Woche präsentiert.

SP wirft dem Finanzdepartement Schönfärberei vor

Dass dieses Grundsatzpapier kontroverse Reaktionen auslöst, ist programmiert. Die SP, seit langem Kritikerin der Tiefsteuerstrategie, wirft dem Kanton vor, mit der neuen Studie die eigene Finanzpolitik bejubeln zu lassen.

«Es ist an Absurdität nicht zu überbieten, wie der Regierungsrat feiert, dass zusätzliche Steuereinnahmen in Zukunft kein Verlustgeschäft mehr sein sollen», schreibt die Partei in einer Mitteilung. Denn die Verluste der Vergangenheit seien nicht wettgemacht – weder bei den Einnahmeausfällen noch bei zahlreichen Abbauprojekten. Der Kanton hatte vor einigen Jahren ein schmerzliches Sparpaket an die Hand genommen, das zu Demonstrationen und Protesten führte (zentralplus berichtete).

Inzwischen hat sich die finanzielle Situation von Luzern verbessert, insbesondere aufgrund der zusätzlichen Ausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank. Für die SP allerdings ein schwacher Trost. Sie weist darauf hin, dass die Tiefsteuerstrategie den Kanton massiv mehr gekostet habe als sie einbrachte. «Der Kanton Luzern macht seit über zehn Jahren massive Verluste mit seinen Dumping-Steuersätzen für Unternehmen.» 

Bürgerliche reagieren erfreut

Die bürgerlichen Parteien nehmen die Resultate des Gutachtens derweil mit Freude zur Kenntnis. «Die Mitte erachtet dies als Bestätigung ihrer beharrlichen Finanzstrategie», schreibt die Partei in einer Mitteilung. «Die Steuerstrategie des Kanton Luzerns bewährt sich.»

Ähnliche Töne schlägt die FDP an. Das Gutachten bestätige «einmal mehr die Richtigkeit der kantonalen Finanz- und Steuerstrategie», teilt die Partei mit. Luzern habe damit die finanzielle Abhängigkeit vom NFA deutlich reduzieren können.

Verwendete Quellen
  • Medienkonferenz und Erklärvideo Finanzdepartement Kanton Luzern
  • Gutachten von Prof. Christoph A. Schaltegger
  • Medienmitteilung SP, Mitte und FDP Luzern
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Andreas Bründler, Kriens - Bleiche
    Andreas Bründler, Kriens - Bleiche, 02.05.2022, 20:04 Uhr

    Klar ist die SP mit der Tiefsteuerstrategie nicht einverstanden. Sie will ja besteuern wo es nur geht. Damit alle Unternehmen sich im nahen Zug ansiedeln und Luzern Landwirtschaftszone ist mit hoher regionaler Arbeitslosigkeit.

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  • Profilfoto von Kommentarschreiber
    Kommentarschreiber, 02.05.2022, 18:53 Uhr

    Es ist ja sehr interessant, dass der Luzerner Regierungsrat (wieder einmal?) ein Gutachten beim IWP bestellt und das dann, man wundere sich, auch ganz im Sinne des Regierungsrates ausfällt. Als Reminder, hier der Link eines Artikels über dieses illustre Institut an der UNI Luzern von Zentralplus, 15.12.2021.
    https://www.zentralplus.ch/news/neues-institut-fuer-wirtschaftspolitik-stellt-sich-vor-2257827/
    Interessant auch die Aussage und Beteuerung von Direktor Schaltegger am Montagabend im Regionaljournal Zentralschweiz, dass es hier gar nicht um ein Gefälligkeitsgutachten handle. Hat da jemand etwas zu verbergen? Honi soit qui mal y pense – Ein Schuft der Böses denkt.
    Ich hoffe, der Regierungsrat Luzern bestellt das nächste Gutachten zur Abwechslung einmal an der HSLU bei der Abteilung für Wirtschaft. Die können das nämlich auch, vielleicht einfach etwas unabhängiger…..

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