Luzerner Stadtrat öffnet Teenagern das Tor zur Politik
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Geht es nach der SP der Stadt Luzern, sollen bereits 14-Jährige ein politisches Mitspracherecht haben und Anträge stellen. Wie sich zeigt, rennt sie damit beim Stadtrat offene Türen ein.
Spätestens mit dem Klimastreik hat sich gezeigt, dass sich auch Jugendliche für politische Themen interessieren. Die Jugend wird politisch aktiver, sei es in einer Jungpartei oder einem Jugend- oder Kinderparlament.
Nach Mitsprache für Ausländer nun auch für Jugendliche
Bislang haben sie jedoch kaum politisches Mitspracherecht. Abstimmen, Vorstösse einreichen oder politische Ämter bekleiden können in Luzern bislang nur Personen, die volljährig sind. Die SP der Stadt Luzern möchte das nun ändern. In einer Motion fordert sie, dass die Altershürde, um politische Vorstösse einzureichen, auf 14 Jahre gesenkt wird (zentralplus berichtete). Sie sollen künftig sogenannte Bevölkerungsanträge stellen dürfen.
Mit dem Bevölkerungsantragsrecht können auch in der Stadt Luzern wohnhafte Ausländer politische Vorstösse einbringen. Für einen entsprechenden Antrag müssen 200 in Luzern wohnhafte Personen unterschreiben. Diese Anträge werden im Grossen Stadtrat dann wie eine Motion oder ein Postulat behandelt. Das Recht blieb bislang volljährigen Personen vorbehalten.
Stadtrat erhofft sich Begeisterung Junger für Politik
Wie in der Stellungnahme des Stadtrats zu lesen ist, unterstützt dieser die Forderung der SP. «Der Stadtrat teilt die in der Motion geäusserte Auffassung, dass die Möglichkeit einer frühen Mitsprache ein wirkungsvolles Mittel sein kann, um Jugendliche für die Übernahme politischer Verantwortung zu motivieren.» Zudem zeige die jüngste Vergangenheit, dass die Jugend sich aktiv bei verschiedenen Anliegen beteiligen wolle.
«Viele politische Entscheidungen betreffen die Zukunft der Jugendlichen. Wir finden es deshalb nur gerecht, wenn sie sich dazu einbringen können.»
Yannick Gauch, SP-Grossstadtrat
Bei Überweisung der Motion könnten zusätzlich rund 2’680 Luzernerinnen Bevölkerungsanträge einreichen. Der Stadtrat hält es wegen dieses prozentual nicht relevanten Anstiegs nicht für nötig, deshalb die Zahl der dafür nötigen Unterschriften anzuheben.
Trotzdem will der Stadtrat die Motion nur teilweise überweisen – wegen eines formellen Fehlers. Im Wortlaut der SP-Motion müssen Antragssteller einen Wohnsitz in der Stadt Luzern haben. Jugendliche können jedoch keinen eigenständigen Wohnsitz haben, weshalb der genaue Wortlaut «noch genauer geprüft» werden müsste.
Jugendliche sollen über ihre Zukunft mitentscheiden
Das Bekenntnis des Stadtrats für die politische Mitsprache der Teenager freut Motionär Yannick Gauch «grundsätzlich sehr», wie er auf Anfrage sagt. Dass auch Jugendliche sich für Politik begeistern können, weiss er aus erster Hand. Der heutige Präsident der SP Stadt Luzern wurde bereits mit 16 Jahren Präsident der Juso Stadt Luzern. Mit der Motion wollen Gauch und die Mit-Motionärinnen erreichen, «dass nun Jugendliche am demokratischen Prozess teilnehmen können. Denn dieses Recht blieb ihnen bisher verwehrt.»
Zu Unrecht, wie Gauch findet. «Viele politische Entscheidungen betreffen auch die Zukunft der Jugendlichen. Wir finden es deshalb nur gerecht, wenn sie sich dazu einbringen können.» Eigentlich hätte die SP dafür die Einführung des Stimmrechtsalters 16 bevorzugt. «Das wäre für uns das beste Mittel, junge Leute für Demokratie und Politik zu begeistern.» Da dies aber auf kommunaler Ebene nicht möglich ist, haben sich die Motionäre für die Änderung des Bevölkerungsantragsrechts entschieden.
Im Kanton schlechte Karten, auf Stadtebene nicht
Apropos Stimmrechtsalter 16: Erst kürzlich hat der Kanton Luzern eine entsprechende Vorlage dazu versenkt (zentralplus berichtete). Ein böses Omen für die Debatte im Grossen Stadtrat am Donnerstag?
Gauch verneint: «Ich denke, in der Stadt Luzern und in urbanen Regionen ist man stärker für dieses Thema sensibilisiert. Hier sieht man regelmässig, wie sich bereits junge Leute mobilisieren, Aktionen planen und für ihre Anliegen einstehen.» Deshalb sei er auch zuversichtlich, dass das Anliegen im Parlament eine Mehrheit findet.
«Ich habe das Gefühl, dass viele Jugendliche nicht wissen, wie man sich politisch beteiligen kann.»
Jonathan Lichtsteiner, Co-Präsident des Jugendparlaments Stadt Luzern
Überweist der Grosse Stadtrat das Anliegen, setze die Stadt Luzern gemäss Gauch ein starkes Zeichen für das Stimmrechtsalter 16, das durch eine Initiative der Luzerner Jungparteien erneut aufs politische Tapet kommt (zentralplus berichtete). Eine Initiative, die auch von der SP aktiv unterstützt werde: «Die Zeit ist schon lange reif für das Stimmrechtsalter 16», findet Gauch.
Nebst Möglichkeit zur Partizipation braucht es auch Information
Der Co-Präsident des Stadtluzerner Jugendparlaments, Jonathan Lichtsteiner, freut sich ebenso über die Haltung des Stadtrats. «Es ist eine gute Sache, wenn man den Jugendlichen eine Möglichkeit gibt, an der Politik teilzuhaben.» Allerdings befürchtet der 17-jährige Kantischüler, dass diese Möglichkeit der Partizipation nicht automatisch zum Selbstläufer wird: «Ich habe das Gefühl, dass viele Jugendliche nicht wissen, wie man sich politisch beteiligen kann, abgesehen von Abstimmungen und die Ausführung eines politischen Amtes, was auf das Nichtthematisieren der Schulen zurückzuführen ist.»
- Ja klar, schliesslich betreffen politische Entscheide auch sie.
- Nein, mit 14 Jahren ist man definitiv zu jung, politische Entscheidungen zu fällen.
- Sie müssen sich auf jeden Fall vorgängig umfassend darüber informieren.
Sollte die Stadt das Thema jedoch bei den Jugendlichen bekannt machen, geht er davon aus, dass die Möglichkeit genutzt wird. Zudem sei das Bekenntnis des Stadtrats auch im Hinblick auf das Stimmrechtsalter 16 erfreulich: «Falls das Angebot genutzt wird, haben wir ein gutes Argument, dass die Jugendlichen an politischer Partizipation interessiert sind.»
- Telefonat mit Yannick Gauch, Präsident der SP Stadt Luzern
- Schriftlicher Austausch mit Jonathan Lichtsteiner, Co-Präsident Jugendparlament der Stadt Luzern
- Motion 121 von Yannick Gauch, Raphaela Meyenberg und Tamara Celato
- Stellungnahme des Stadtrats zur Motion 121
- Gemeindeordnung der Stadt Luzern