Uneinigkeit unter Zuger Parlamentariern

«Taten statt Worte»: Linke kritisieren Gerhard Pfister

Muss sich erklären: Nationalrat Gerhard Pfister. (Bild: jal)

Der Zuger Nationalrat Gerhard Pfister fordert, dass der Bundesrat in Sachen Sanktionen gegen Russland vorwärts macht. Einen Vorstoss von Nationalrätin Manuela Weichelt, der im Rohstoffhandel mehr Transparenz herstellen wollte, lehnte er jedoch ab.

Der Zuger Nationalrat Gerhard Pfister fordert vom Bundesrat weitere, eigenständige Sanktionen gegen Russland. Das machte der Mitte-Präsident in einem Tweet Anfang April und in den Medien klar.

Vor diesem Hintergrund muss es erstaunen, dass Pfister kürzlich ein Postulat von Manuela Weichelt abgelehnt hatte: Die grüne Zuger Nationalrätin hatte Transparenz über ausländische Beteiligungen an Schweizer Firmen gefordert.

Ziel des Vorstosses war es, dass auch nicht börsenkotierte Unternehmungen ihre Besitzverhältnisse offenlegen müssen. Die bürgerliche Mehrheit lehnte den Vorstoss ab.

Sie habe ihr Postulat vor zwei Jahren eingereicht und damals nicht gewusst, dass ihre Forderung bei der Behandlung im Nationalrat eine derartige Aktualität haben würde, erklärt Nationalrätin Weichelt auf Anfrage. Umso mehr bedauere sie die Ablehnung: «Wie sollen wir Sanktionen seriös umsetzen, wenn wir nicht wissen, in welchen Schweizer Firmen ausländisches Kapital steckt? Wenn wir nicht wissen, wer die wirtschaftlich Berechtigten sind?»

Zu ergänzen ist: Letzte Woche stimmte Nationalrat Pfister auch gegen einen Vorstoss der Aussenpolitischen Kommission, der den Handel mit russischen Rohstoffen in der Schweiz verbieten wollte.

«Forderungen zu stellen ist einfacher»

Frage darum an Nationalrat Gerhard Pfister: Hätte ein Bericht, wie ihn Nationalrätin Weichelt verlangte, nicht wichtige Grundlagen zum Thema Sanktionen liefern können? Als Antwort verweist Gerhard Pfister auf seine Erklärung kürzlich in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF. Dort sprach sich der Zuger zwar für einen Stopp des Handels mit russischen Rohstoffen in der Schweiz aus. Aber damit Massnahmen gegen den russischen Rohstoffhandel erst wirklich wirksam würden, brauche es eine Koordination zusammen mit anderen europäischen Staaten.

Angesprochen auf Weichelts Vorstoss und die Frage der widersprüchlichen Haltung sagte der Zuger im Radio: «Es geht nicht darum, dass man einzelne Postulate unterstützt oder ablehnt.» Es gehe darum, dass der Bundesrat seine Führungsverantwortung übernehme. Es obliege dem Bundesrat, sich die Informationen zu beschaffen, die er für Sanktionen benötige.

Bloss: damit bleibt unbeantwortet, ob nicht eben doch die Annahme des erwähnten Postulats hilfreich gewesen wäre, damit sich in der Sache etwas bewegt. Manuela Weichelt meint dazu: «Forderungen zu stellen ist offensichtlich einfacher, als nachher auch entsprechende Vorstösse zu unterstützen. Gerade in den aktuellen Krisenzeiten sind vor allem Taten und nicht Worte entscheidend.»

Die Rede im Guggital von 2013

Klar ist, dass das Thema Sanktionen den Rohstoffhandelsplatz Zug unmittelbar betrifft. Bis anhin galt Nationalrat Pfister als klarer Befürworter des sogenannten «Zuger Erfolgsmodells». Das lässt sich beispielsweise einem Vortrag entnehmen, den er im Jahre 2013 hielt. Vor dem Lions Club Zug Kollin sagte Pfister damals: «Man muss aufhören, in Bern gefallen zu wollen. Wir werden immer Prügel erhalten, wenn in der Welt ein Öltanker absäuft und dessen Firma Zuger Sitz hat. Wir werden immer die Bad Guys sein.»

Der frühere Zuger Nationalrat Jo Lang erinnert sich: «In Zug gab es seit 2002 – verschärft seit 2006 – heftige Auseinandersetzungen um Putin und andere russische Gesellschaften.» Die Alternativ-Grünen hätten vor Putin-Firmen gewarnt. «Während unserer damaligen Kampagnen, die bis in den Juli 2006 dauerte, distanzierte sich Gerhard Pfister von uns und unserer Thematisierung der ‹Ostmafia›.»

Frage vor diesem Hintergrund an Nationalrat Gerhard Pfister: Fand da in der Zwischenzeit von seiner Seite her eine Neupositionierung statt? Der Mitte-Nationalrat meint dazu: «Die Regeln eines starken, unabhängigen und wettbewerbsfähigen Rechtsstaats sind nicht das Problem. Das Problem sind die Personen, die dagegen verstossen. Sie gehören sanktioniert. Den Rechtsstaat, seine Werte und seine Regeln verteidige ich weiterhin.»                               

Die Putin-Nähe der russischen Akteure in Zug

Allerdings stellt sich die Frage, ob in diesem Zusammenhang gewisse Akteure oder auch Regeln nicht schon längst hinterfragbar gewesen wären. Luzian Franzini, Zuger Kantonsrat der Grünen-Alternativen, sagt dazu: «Die Putin-Nähe der russischen Akteure im Zuger Rohstoffhandel ist kein Geheimnis und wurde durch die ALG und andere Akteure seit Jahren aufgedeckt.» Personen wie Matthias Warnig von der Nordstream, Viktor Vekselberg, Wladimir Potanin oder Andrej Melnitschenko seien bekannte Putin-Freunde. «Sie geschäften beziehungsweise leben seit Jahren in Zug.»

Dass die vermeintlich «wettbewerbsfähigen Regeln» grosse Schlupflöcher enthalten, werde von der ALG ebenfalls seit Jahren kritisiert. «So etwa lag im Zug der ersten Aktienrechtsrevision im Jahre 2016 die Forderung nach Transparenz in Bezug auf Zahlungen an Staaten auf dem Tisch.» Die bürgerliche Mehrheit habe diese abgelehnt.

Im letzten Jahr hätten sich die Bürgerlichen zudem gegen die Unterstellung von Anwaltskanzleien unter das Geldwäschereigesetz gewehrt. Luzian Franzini fügt an, er sei sich ziemlich sicher, dass Nationalrat Gerhard Pfister diese beiden Vorschläge jeweils abgelehnt hatte. Ein Blick in das Abstimmungsprotokoll des Nationalrats bestätigt, dass Pfister bei der Änderung des Geldwäschereigesetzes, so weit es auch die Unterstellung der Beraterinnen – also der Anwaltskanzleien – vorsah, für Nichteintreten votierte. Auch bei der Aktienrechtsrevision stimmte er für den Vorschlag des Bundesrats, der lediglich vier Schweizer Unternehmen zu Transparenz verpflichtet.

Luzian Franzini sagt: «Bei Pfister liegt hier offensichtlich eine grosse Differenz zwischen Taten und Worten vor. Was es jetzt braucht, sind konkrete Handlungen, um die Geschäfte des Putin-Regimes in der Schweiz zu beenden und mögliche Schlupflöcher zu schliessen.»

Das sagt Gerhard Pfister

Was sagt Nationalrat Pfister zu diesen Vorwürfen? Auf Anfrage schreibt der Mitte-Präsident, «Sanktionen gegen die Finanzierung des Krieges aus der Schweiz heraus sind ohne neue Gesetzesänderungen wie die erwähnten Vorschläge möglich».

Dies sei vor allem zielgerichteter, spezifischer und wirksamer. «Artikel 1, Absatz 2 des Embargogesetzes beziehungsweise dessen Anwendung genügt vollkommen. Man muss es nur wollen.»

Verwendete Quellen
  • Auskünfte von alt Nationalrat Josef Lang, Nationalrätin Manuela Weichelt, Nationalrat Gerhard Pfister und Kantonsrat Luzian Franzini
  • Auskünfte der eidgenössischen Parlamentsdienste und der Bundeskanzlei
  • Samstagsrundschau von Radio SRF
  • Rede von Gerhard Pfister von 2013
1 Kommentar
Apple Store IconGoogle Play Store Icon