Mehrere Parteimitglieder sind im Pro-Komitee

SVP Luzern ringt um Haltung zur «Ehe für alle»

Am 26. September stimmt die Schweiz darüber ab, ob homosexuelle Paare künftig heiraten dürfen. (Symbolbild: Unsplash/Sofia Hernandez)

Sollen schwule und lesbische Paare heiraten dürfen? Bei der SVP Luzern gehen die Meinungen der Parteimitglieder auseinander. Vor allem Junge, unter ihnen ein Stadtrat, befürworten die «Ehe für alle».

So bunt wie die Regenbogenfahne ist die Allianz für eine «Ehe für alle». Ausser der SVP sitzen in Luzern Vertreter aller grossen Parteien im Pro-Komitee. Für sie ist klar: Schwule und lesbische Paare sollen künftig heiraten dürfen und Zugang erhalten zu Adoption und Samenspende. Sie plädieren für ein Ja zur Abstimmung vom 26. September.

Und auch innerhalb der SVP gibt es befürwortende Stimmen. Das zeigte sich am letzten Wochenende an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz, die bereits ihre Parole fasste. Zwar sprach sich eine Mehrheit gegen die Vorlage aus, doch auch ein Antrag zur Stimmfreigabe stand zur Diskussion. Letztlich scheiterte dieser allerdings mit 148 zu 39 Stimmen deutlich.

Nicht alle wollen sich exponieren

Eine der 39 Stimmen kam vom Krienser Stadtrat Marco Frauenknecht. «Die Ehe allen Paaren, ob hetero- oder homosexuell, zugänglich zu machen, finde ich richtig. Dies auch aus Sicht der Gleichberechtigung», sagt der 33-jährige Politiker, der dem Komitee «SVP Ja zur Ehe für alle» angehört.

Marco Frauenknecht ist bei weitem nicht der einzige SVPler, der so denkt. Im Pro-Komitee engagieren sich mehrere Luzerner SVP-Politiker, insbesondere Junge, unter ihnen etwa Lucian Schneider, der Vizepräsident der Jungen SVP Luzern. Auch die Basis der Partei ist gemäss der ersten SRG-Umfrage relativ progressiv eingestellt: Knapp die Hälfte der Befragten, die SVP wählen, spricht sich für die «Ehe für alle» aus.

«Die Samenspende für lesbische Paare ist ein grosses Hemmnis.»

Angela Lüthold, SVP-Präsidentin Kanton Luzern

Doch gerade wegen der unterschiedlichen Haltungen und teilweise persönlicher Betroffenheit ist in Gesprächen mit SVP-Exponenten eine gewisse Anpassung zu spüren. Nicht alle wollen sich äussern, auch aus Angst vor unnötigen Diskussionen oder um zu verhindern, dass in den Medien von einer gespaltenen Partei die Rede ist.

«Innerhalb der Bevölkerung wird die Diskussion kontrovers geführt, genau so wird die Diskussion innerhalb der SVP geführt», sagt Marco Frauenknecht. Doch er wertet das positiv: «Für mich ist dies ein Zeichen einer lebendigen politischen Meinungsbildung, was für eine Volkspartei wie die SVP wichtig ist.»

Dass parteiintern unterschiedliche Meinungen vertreten werden, spürt auch Angela Lüthold, Präsidentin der SVP Kanton Luzern. Umso wichtiger sei die anstehende Diskussion. «Das ist mir lieber, als wenn man die Faust im Sack macht und schweigt.» 

Luzerner Parteileitung favorisiert Nein-Parole

Welche Parole die SVP Luzern vertritt, entscheidet sich am 4. September. Die Parteileitung beantragt den Delegierten ein Nein. Doch selbst dieser Entscheid fiel nicht einstimmig.

Aus Sicht von Präsidentin Angela Lüthold reicht die heutige Regelung mit der eingetragenen Partnerschaft vollends. Mehr als an der Ausweitung des Ehe-Begriffs stört sich die SVP-Führungsriege aber an den Möglichkeiten der Fortpflanzungsmedizin. «Die Samenspende für lesbische Paare ist ein grosses Hemmnis. Wir müssen irgendwo Grenzen setzen. Ein optimales Umfeld für heranwachsende Kinder bietet eine Familie mit Vater und Mutter, in gelebter Diversität.»

«Wichtig ist doch für ein Kind, dass es von den Eltern respektiert und geliebt wird.»

Marco Frauenknecht, Krienser Stadtrat

Schwule und Lesben sollen heiraten dürfen, aber das mit den Kindern ist schwierig: Dieses Argument hört man von vielen Gegnern der Vorlage. Auch Patrick Zibung, Präsident der Jungen SVP Luzern, sagt: «Ich habe nichts gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, sondern bin nur wegen des Zugangs zur Adoption und Samenspende gegen die Vorlage. Das geht mir persönlich zu weit.» 

Das Argument mit dem Kindswohl kann Marco Frauenknecht nicht nachvollziehen. «Wichtig ist doch für ein Kind, dass es von den Eltern respektiert und geliebt wird», sagt der Krienser. «Ob diese Eltern nun gleichgeschlechtlich sind oder nicht, ist doch schlussendlich nicht von Belang.» Zumal es eine gesellschaftliche Realität sei, dass viele Ehen in die Brüche gehen.

Das Dilemma der Partei

Ob sich diese Haltung in der Luzerner SVP durchsetzen wird, entscheiden die Delegierten am nächsten Samstag in Schenkon. Andernorts konnten sich die SVP-internen Befürworter der «Ehe für alle» nur in einzelnen Sektionen durchsetzen, beispielsweise in Schaffhausen oder Biel.

Immerhin hat die JSVP Schweiz die Stimmfreigabe beschlossen. Die Jungpartei in Luzern dürfte diesem Beispiel folgen, sagt Patrick Zibung und bringt das Dilemma der SVP auf den Punkt: «Aus liberaler Sicht kann man dafür sein, aus konservativer Warte dagegen – beide Positionen sind mit der Parteilinie vereinbar.»

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Andreas Bründler
    Andreas Bründler, 30.08.2021, 13:36 Uhr

    Ich bin voll und ganz dafür, dass Lesben und Schwule heiraten dürfen. Aber mir geht es einfach ein bisschen zu weit, dass damit auch der ganze Zugang zur Fortpflanzungstechnik geöffnet wird. Deshalb habe ich schweren Herzens nein gestimmt.

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    • Profilfoto von M.Schmidig
      M.Schmidig, 01.09.2021, 11:09 Uhr

      Der Zugang zur Fortpflanzungstechnik wird genau so weit geöffnet wie für heterosexuelle Paare. Die Leihmutterschaft ist weiterhin für alle Paare in der Schweiz verboten. Künstliche Befruchtung wird nun auch für lesbische Frauen möglich, wie bisher für Heterosexuelle.

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  • Profilfoto von B Suter
    B Suter, 29.08.2021, 09:16 Uhr

    Schade, dass die Mehrheit der SVP dagegen ist. Es ist längst überfällig dass die homosexuelle Bevölkerung die Gleichen Rechte wie die heterosexuelle bekommt.
    Denken sie an das Frauenstimmrecht. Heute ist wohl niemand mehr stolz darauf, dass es bis 1990 gedauert hat bis der letzte Kanton dazu gezwungen (!) wurde den Frauen die gleichen politischen Rechge zuzugestehen wie den Männer. Bei der Ehe für alle sind wir auch schon wieder sehr langsam, aber mit einem klaren Ja können wir trotzdem noch ein positives Zeichen setzen.

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