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Kaum ein Zuger Regierungsrat hat 2024 für so viel Aufsehen gesorgt wie der Direktor des Inneren, Andreas Hostettler. Trotzdem hat ihn der Kantonsrat am Donnerstag zum Landammann gewählt. Aber nicht ohne Nebengeräusche.
Normalerweise ist die Wahl des Zuger Landammanns durch den 80-köpfigen Kantonsrat eine reine Formalität. Die Parteien stellen ihre Kandidaten im Turnus, die vorherige Statthalterin wird zum Landammann. Doch an diesem Donnerstag soll mit Andreas Hostettler (FDP) ausgerechnet der Regierungsrat zum Chef der kantonalen Exekutive werden, der sich in den vergangenen Monaten so manchen Schnitzer leistete.
Eine Auswahl:
- Weil einige Urnenbüros ungültige Stimmen mitgezählt haben, musste die Abstimmung zur Transparenz-Initiative vom 9. Juni wiederholt werden. Die Junge Alternative forderte im Anschluss den Rücktritt Hostettlers, da er als Direktor des Inneren für «reibungslose» Abstimmungen zuständig ist (zentralplus berichtete). Dieser wusch seine Hände in Unschuld: Verantwortlich für das Debakel seien die Gemeinden und das Stimmvolk (zentralplus berichtete).
- Ein Bericht der Staatswirtschaftskommission (Stawiko) liess im Juni kein gutes Haar an Hostettler: Er habe das Kommissionsgeheimnis verletzt, zwischen Kaderpersonen seiner Departemente hätte es Liebesbeziehungen gegeben, er habe Familienangehörige und Parteimitglieder in Kaderpositionen gehievt – ohne Ausschreibung (zentralplus berichtete). Er handelte sich eine Rüge der Kommission ein. Gegenüber zentralplus verteidigte Hostettler die Anstellungen auf Berufungsweg und betonte, dass nicht er, sondern sein Kader die Hauptauswahl der Kandidaten treffe. Allerdings verstehe er die «berechtigten» Fragen und gelobte Besserung (zentralplus berichtete) …
- … nur um später erneut von der Stawiko gerügt zu werden. Der Grund: Eine der betroffenen Personen, deren Anstellung ohne Ausschreibung bereits kritisiert worden war, wurde bereits kurze Zeit später befördert. Die Kommission kommentierte das als «fehlendes Fingerspitzengefühl» (zentralplus berichtete).
- Die jüngsten Schlagzeilen drehten sich um den Verkauf des Luxusgrundstücks am Ägerisee. Dieses soll mutmasslich weit unter Wert verkauft worden sein, woraufhin die Schwester des Verkäufers ihren Bruder verklagte – und vor Kurzem auch den Kanton Zug (zentralplus berichtete). Die Frage, ob beim Deal alles rechtens lief, untersucht die Direktion des Innern. Gemäss der «Zuger Zeitung» zeigt ein Schreiben eines Anwalts auf, die Direktion des Inneren habe «in massiver Weise unbegründete Vorwürfe» gegen eine der untersuchenden Juristinnen erhoben. Sie sei dadurch mehrere Monate arbeitsunfähig geworden (zentralplus berichtete).
Leere Zettel oder Stimmen für Parteikollegen
Als FDP-Fraktionschef Michael Arnold in der Kantonsratssitzung am Donnerstagnachmittag in einem Votum für Hostettler wirbt, ist er deutlich ernster als die Vorredner bei den Wahlen zu der Stimmenzählerin oder zum Kantonsratspräsidenten. Er betonte in seinem Votum das Engagement, den Fleiss und den «unermüdlichen Einsatz», den Hostettler seit 2019 als Direktor des Inneren an den Tag gelegt habe. Er erwähnte aber auch, dass dieser «stets Verantwortung für sich und seine Direktion übernommen hat und immer hingestanden» sei. Seine Kollegen bat er darum, ihm ihr Vertrauen auszusprechen.
Jedoch mit mässigem Erfolg, wie sich in der Auszählung zeigte. Ganze zwölf Zettel blieben leer, wodurch das absolute Mehr bei 32 Stimmen lag. Zudem erhielt Heinz Tännler (SVP) eine Stimme, Martin Pfister und Laura Dittli (beide Mitte) je zwei. Zwölf Stimmen verbuchte Hostettlers Parteikollege und designierter Statthalter Florian Weber. Das Resultat: Andreas Hostettler wurde mit 45 Stimmen gewählt. Zwar im ersten Wahlgang, jedoch alles andere als mit einem Glanzresultat.
Das sprach der 56-Jährige, der nun wie vorgesehen ab dem neuen Jahr zwei Jahre lang Landammann ist, in seiner Rede auch an: «Das Wahlresultat zeigt, dass Vertrauen nicht Gott gegeben und selbstverständlich ist.» Vertrauen könne man verlieren, verwirken und verspielen. «Was ich aber auch weiss: Vertrauen kann man zurückgewinnen», gab er sich kämpferisch. Er nehme das als Auftrag, dem Kantonsrat und der Zuger Bevölkerung noch mehr zuzuhören. Politik sei wie ein Berglauf: Man gehe rauf in die Höhen, aber auch tief in die Niederungen. Auch der Baarer Gemeindepräsident Walter Lipp (Mitte) liess es sich in seiner Gratulationsrede nicht nehmen, Hostettler zu wünschen: «Lass dich nicht unterkriegen.»
Zweifel im Vorfeld
Zwar gab es im Kantonsrat weder offene Voten gegen den FDP-Mann noch wurde ihm das Amt verwehrt. Hinter vorgehaltener Hand brodelte in den Fraktionen jedoch Unmut, wie zentralplus in Erfahrung bringen konnte. In mehreren Fraktionssitzungen wurde die Wahl offenbar kritisch thematisiert. Einige Kantonsräte bezweifelten, dass der FDP-Regierungsrat die zusätzlichen Aufgaben stemmen könne, die das Amt als Landammann mit sich bringe. Andere wiederum betonten, dass die Wahl nicht gross Thema in der Fraktion gewesen sei oder nicht der richtige Ort, um den Unmut der vergangenen Monate zu äussern.
Auch zentralplus-Leser störten sich daran, dass Hostettler bald den Kanton vertreten sollte. So schrieb eine Leserin unter einem kürzlich erschienenen Artikel zum Verkauf der Villen am Ägerisee: «Und solche Regierungsvertreter werden im Kanton Zug zum ‹Landammann› erkoren? Da schwindet das Vertrauen in dieses Gremium doch enorm!»
Nicht das erste Mal gibts Stunk um eine Wahl
Dass eine Wahl für den Landammann für Aufsehen sorgt, passiert nicht oft. Doch vor fast 20 Jahren sah sich die damalige SP-Regierungsrätin Brigitte Profos – damals ebenfalls Direktorin des Inneren – in einer ähnlichen Situation. Sie wurde erst im zweiten Wahlgang zur ersten Frau Landammann gewählt, und das auch nur mit den gerade benötigten 37 Stimmen des absoluten Mehrs.
Ihr wurde im Vorfeld vorgeworfen, sie führe ihr Departement schwach und verzögere Geschäfte, wie etwa der «Tages-Anzeiger» damals schrieb. Ebenfalls erntete sie scharfe Kritik für ihre Absage des Zuger Orientierungslaufs 2004, da dieser während der Jagdsaison hätte stattfinden sollen. Auch spielte eine Rolle, dass Profos erst kurze Zeit Regierungsrätin war. Sie rückte 2001 im Zuge des Zuger Attentats für die verstorbene SP-Regierungsrätin Monika Hutter-Häfliger nach.
Nochmals vier Jahre zuvor stemmten sich rechtsbürgerliche Politiker gegen die Wahl des linksgrünen Sicherheitsdirektors Hanspeter Uster als Landammann. Doch der Kantonsrat wählte letzten Endes auch ihn.
Wer sonst noch gewählt wurde
Nebst dem Landammann wurden am Donnerstag noch weitere Ämter vergeben:
- Florian Weber (FDP) als Statthalter
- Stefan Moos (FDP) als Kantonsratspräsident
- Anna Bieri (Mitte) als Vizekantonsratspräsidentin
- Ronahi Yener (SP) als Stimmzählerin und Rupan Sivaganesan (SP) als ihr Ersatz
- Livio Bundi (SVP) als Stimmzähler und Patrik Kretz (SVP) als sein Ersatz
- Telefonate und schriftliche Austausche mit Zuger Kantonsräten
- Medienberichte von 2005
- Medienarchiv zentralplus
- Teilnahme an der Zuger Kantonsratssitzung vom 19. Dezember
- Informationen zur Landammannfeier der FDP Zug