Wohin mit 200 Millionen Franken Gewinn?

Steuern Zug: Rabattaktion könnte noch Jahre weitergehen

Der Kanton Zug rechnet mit grossen Überschüssen – nun wird über weitere Steuersenkungen und Investitionen diskutiert. (Bild: Adobe Stock)

Das Geld sprudelt im Kanton Zug im Überfluss. Diskussionen über Steuersenkungen im Kantonsrat sind so sicher wie das Amen in der Kirche, spätestens bei der Beratung des Budgets 2022. zentralplus hat sich umgehört, was die Parlamentarier mit dem Geldsegen anfangen wollen – Ideen gibt es zuhauf.

Um die 200 Millionen Franken Überschuss jährlich wird der Kanton Zug zwischen 2022 und 2025 ausweisen können. Damit rechnet er im Finanzplan für die nächsten Jahre, der im Zusammenhang mit dem Budget fürs kommende Jahr kürzlich vorgestellt wurde (zentralplus berichtete). 2022 soll bekanntlich ein Gewinn von 204 Millionen Franken herausspringen. Das Budget muss aber noch vom Kantonsparlament genehmigt werden.

Und dort sitzen auch jene Leute, welche in der Regel über die finanzielle Zukunft des Kantons entscheiden. Somit auch über die Zukunft des befristeten dreijährigen Rabatts von 2 Prozent auf den Steuerfuss. Dieser temporären Steuersenkung hat das Zuger Stimmvolk im März zugestimmt (zentralplus berichtete).

Dass sie bei anhaltenden Millionengewinnen durch eine Intervention einer bürgerlichen Parlamentarierin oder eines bürgerlichen Parlamentariers in eine dauerhafte Steuersenkung umgewandelt werden könnte, ist eine Urangst der Linken.

Reserven machen Sinn

«Dies wäre unverantwortlich», sagt Andreas Hürlimann, Fraktionschef der Alternative – die Grünen. Hürlimann, Mitglied der Staatswirtschaftskommission (Stawiko) sagt, es sei bereits zum Zeitpunkt der «Corona-Steuersenkung» klar gewesen, dass die nächsten Planjahre positiv aussähen und mit Überschüssen gerechnet werden könne. Gleichzeitig seien weitere nachgelagerte negative Effekte durch die Covid-Pandemie nicht auszuschliessen und das ganze Ausmass der Krise sowieso noch nicht klar. «Finanzielle Reserven sind deshalb sinnvoll», so Hürlimann.

«Steuern auf Vorrat sind definitiv keine gute Idee.»

Cédric Schmid, Präsident FDP Kanton Zug

In der Vergangenheit wäre eine Steuersenkung im Kanton Zug bei ähnlichen finanziellen Voraussagungen so gut wie selbstverständlich gewesen. Wobei allerdings der Steuerfuss bisher immer sakrosankt war – man dokterte lieber am Steuerregime herum. Nun allerdings zeichnet sich mindestens in Sachen Steuerfuss bei den Bürgerlichen ein Sinneswandel ab.

Zukunft birgt Risiken

Schwerpunkte für eine künftige Finanzpolitik festzusetzen, sei immer mit unbekannten Risiken verbunden, sagt Philip C. Brunner, Fraktionschef der SVP im Zuger Kantonsrat. «Weder die Pandemie noch der Einbruch der Steuereinnahmen zwischen 2013 und 2017 wurden so vorausgesehen», sagt er. Auswirkungen seien «sträflich unterschätzt und auch nicht frühzeitig erkannt» worden. Solches könne mit neuen Herausforderungen wieder geschehen. «Darum soll weiter achtsam mit den heutigen Steuereinnahmen umgegangen werden», sagt Brunner.

Die Senkung des Steuerfusses samt den damit verbundenen Massnahmen sei ja zeitlich begrenzt, so Brunner. «Der Kantonsrat kann mit dem Budget 2024 diese Senkung und Massnahmen jährlich verlängern, vielleicht nochmals über drei Jahre?», denkt der SVP-Fraktionschef laut über ein wahrscheinliches Szenario nach.

Fokus auf Vermögenssteuern

«Steuern auf Vorrat sind definitiv keine gute Idee», sagt Cédric Schmid, Präsident der FDP des Kantons Zug. Das Geld werde innovativer und zukunftsorientierter von Privaten und Firmen eingesetzt. Daher sei eine moderate Steuerbelastung anzustreben, die sich gemäss Schmid «an den effektiv notwendigen Staatsausgaben, nicht an den möglichen Steuersubstraten und künstlich geschaffenen Ausgaben orientiert».

«Der Fokus soll auch auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gesetzt werden.»

Laura Dittli, Präsidentin Die Mitte Kanton Zug

Schmid spielt damit auf eine FDP-Motion zur Senkung der Vermögenssteuern an. Die Vermögenssteuern des Kantons Zug seien im Vergleich zu den anderen Kantonen im Mittelfeld. «Die Zeit ist reif, dies zu korrigieren», sagt Schmid. Man könne aber keine Aussage dazu machen, ob 2023 eine weitere oder definitive Senkung des Steuerfusses möglich sei.

Die Pandemiefolgen und Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit einer internationalen Mindeststeuer für Unternehmen seien derzeit «nicht voraussagbar». Daher gelte es vorsichtig und zurückhaltend mit den Mitteln umzugehen.

Ausgaben für Familien und Infrastruktur

Bei der Mitte gibt man sich hinsichtlich der fiskalischen Zukunft im Kanton Zug ungefähr. Man nehme das Budget 2022 und die Planung «zufrieden und erleichtert zur Kenntnis», sagt Laura Dittli, Präsidentin von Die Mitte Kanton Zug. Die Partei unterstütze die geplanten Investitionen in die Infrastruktur im Kanton Zug und auch das Projekt «Zug+». Das sei für die Zuger Wirtschaft und das Gewerbe ein wichtiges Zeichen.

«Der Fokus soll nebst der Infrastruktur jedoch auch auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gesetzt werden», sagt Laura Dittli. Was genau das hinsichtlich der Steuerpolitik bedeutet, sagt sie nicht, definiert jedoch die Ziele: Die lokalen Betriebe sollen wettbewerbsfähig bleiben, der Fachkräftemangel bekämpft und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden, sodass Zug als Wirtschaftsstandort und Wohnkanton attraktiv bleibe.

«Das Programm Zug+ ist zaghaft, ja fast schon unmotiviert.»

Daniel Stadlin, Kantonsrat GLP

«Die vorübergehende zweiprozentige Steuerfusssenkung für die Jahre 2021 bis 2023 steht tatsächlich zur Disposition», sagt Kantonsrat Daniel Stadlin von der Grünliberalen Partei (GLP), die im Zuger Kantonsrat eine Fraktionsgemeinschaft mit der Mitte bildet. «In Anbetracht der prognostizierten riesigen Überschüsse in den nächsten vier Jahren und einer voraussichtlichen Liquidität von zirka 2,3 Milliarden Franken bis 2025 wird es zunehmend schwieriger, einen höheren Steuerfuss als 80 Prozent zu rechtfertigen», sagt Stadlin.

Die Steuerfusshöhe müsse sich ja letztlich an den vom Staat benötigten finanziellen Mittel orientieren. Faktisch müsste der aktuelle Steuerfuss also eher weiter gesenkt denn wieder erhöht werden. Dies auch im Hinblick auf die von der OECD geplante Minimalsteuer von 15 Prozent für internationale Konzerne.

Hürlimann: «Sparen auf Vorrat schadet»

Allerdings sollte die «sehr komfortable finanzielle Situation» auch dazu genutzt werden, um mit einer gewissen Grosszügigkeit Investitionen zu prüfen, die den Kanton langfristig und nachhaltig weiterbringen. «Das Programm Zug+ ist da sehr zaghaft, ja fast schon etwas unmotiviert», sagt Stadlin. Nachbesserungen wären durchaus angezeigt.

«Es braucht endlich eine Politik für Normalverdienende.»

Luzian Franzini, ALG-Kantonsrat

Bei der Feststellung, dass sich die Steuerfusshöhe an den tatsächlich benötigten Mitteln orientieren müsse, erinnern sich die Alternativen daran, dass mit den drei Sparpaketen in der Vergangenheit Ausgaben in der Höhe von rund 100 Millionen Franken eingespart werden, die nun immer als Überschüsse anfallen. «Es zeigt sich, dass nach wenigen mageren Jahren eine wohl lange Phase von Überschüssen vor uns liegt», sagt Fraktionschef Andreas Hürlimann. Sparen auf Vorrat schade sozialen und gesellschaftlich wichtigen Angeboten. «Zug kann sich auch einige magere Jahre leisten, ohne gleich in eine Spar-Hysterie zu verfallen – das Polster ist gross genug», sagt Hürlimann.

«Die Zeit ist gekommen, um die negativen Auswirkungen der Sparpakete zu beheben.»

Barbara Gysel, Präsidentin SP Kanton Zug

Ins selbe Horn stösst SP-Präsidentin Barbara Gysel. «Der Kanton ist kein Unternehmen, Gewinne sind nicht das Ziel», sagt sie. Daher sei nun die Zeit gekommen, um die negativen Auswirkungen der Sparpakete zu analysieren «und wo nötig zu beheben.»

Alternative möchten «Green New Deal»

Die Überschüsse sollten proaktiv investiert werden, sagt Luzian Franzini, ALG-Kantonsrat und Mitglied der erweiterten Stawiko. «Es braucht auch endlich eine Politik für Normalverdienende.» Zug solle das Geld beispielsweise in bezahlbare Wohnungen und gemeinnützigen Wohnraum investieren. Zukunftsgerichtete Investitionen in bezahlbare Kinderbetreuung, eine nachhaltigere Mobilität oder ein offensives Klimaprogramm brächten dem Kanton mehr als weitere Steuersenkungen.

Zug müsse eine Klimastrategie ausarbeiten, welche ein klares Netto-null-Ziel vor 2040 definiert und entsprechende Investitionen finanzieren. «Mit einem ‹Zuger Green New Deal› könnten Cleantech-Innovationen im Kanton mit einem entsprechenden Fonds und Investitionen gefördert werden», sagt Franzini.

«Was wir ablehnen, ist die Aufblähung der kantonalen Verwaltung.»

Philip C. Brunner, Fraktionschef SVP

Die SP politisiert auf einer ähnlichen Linie, mahnt aber an, die Opfer der Corona-Pandemie noch besser zu unterstützen. «Sei es finanziell oder körperlich und seelisch, weil sie beispielsweise im Gesundheitswesen arbeiten», sagt Barbara Gysel.

Auch die GLP und die Mitte könnten sich damit anfreunden, dass ein Teil der Überschüsse in Zukunftsprojekte investiert werden. Für sie ist es einfach wichtig, dass der Steuerwettbewerb bestehen bleibt und die Unternehmenssteuern in der Schweiz nicht harmonisiert werden.

Entlastung gefordert

Die Parteien rechts der Mitte setzen die Prioritäten hingegen anders. «Was wir ablehnen, ist die Aufblähung der kantonalen Verwaltung, wo still und leise neue Bedürfnisse durch den Staat übernommen werden, die personell abgedeckt werden müssen», sagt SVP-Fraktionschef Philip C. Brunner. Seiner Ansicht nach braucht es weitere steuerliche Reformen, ja ein eigentliches Entlastungspaket für die Steuerzahler.

Visualisierung des geplanten Hauptstützpunktes der Zugerland Verkehrsbetriebe. Infrastrukturprojekte kann der Kanton Zug aus dem Spaziermünz bezahlen oder vorfinanzieren – er schwimmt dennoch im Geld, das bei der Nationalbank geparkt werden muss, um Negativzinsen zu vermeiden.

Brunner bekundet Sympathien für den FDP-Vorstoss für niedrigere Vermögenssteuern. Ausserdem verweist er auf die SVP-Motion zur Erhöhung des Eigenbetreuungsabzugs für Familien. Weitere Möglichkeiten seien eine Erhöhung des persönlichen Abzugs oder eine höhere Summe für Prämienverbilligungen an den Mittelstand.

Infrastrukturbauten befürworte die SVP, solange es keine Luxusprojekte sind, wie Brunner sagt. Persönlich hält er auch die Idee für prüfenswert, mit den Überschüssen einen Zuger Staatsfonds einzurichten. Dies hatten Kantonsräte der Mitte vorgeschlagen. Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) griff die Idee in der Corona-Krise auf, um mit einem solchen Fonds Start-ups zu retten.

FDP möchte eigene KMU-Steuern

Bei der FDP hat man noch einen anderen Einfall. Sämtliche FDP-Kantonalparteien haben sich vor Kurzem in einem offenen Brief zu einer internationalen Steuerreform geäussert. Diese zielt nach derzeitigem Wissensstand auf Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Franken. «Diese massive Steuererhöhung würde auch die kleinen und mittleren Unternehmen belasten», sagt der Zuger FDP-Präsident Cédric Schmid. Aus diesem Grund schlägt die FDP vor, zwei Steuersätze für juristische Personen einzuführen: Die eine nach den Vorgaben der globalen Mindeststeuern, die andere für Unternehmen, die unter dieser Umsatzgrenze bleiben.

«Den Zuger KMU wäre mit attraktiven Arbeits- und Ausbildungsbedingungen gegen den Lehrlingsmangel mehr geholfen.»

Andreas Lustenberger, Präsident ALG Kanton Zug

Die Idee für prüfenswert halten die Zuger Kantonalparteien der Mitte, der GLP und der SVP. Sie haben sie aber in ihren Fraktionen noch nicht diskutiert. Auf Ablehnung stösst die Idee bei den Alternativen.

Die Idee, die Steuern für Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 750 Millionen Franken weiter zu senken, sei «alter Wein in neuen Schläuchen», sagt ALG-Präsident Andreas Lustenberger. Die Schweiz gehöre jetzt schon zu den attraktivsten Standorten. «Den Zuger KMU wäre vor allem geholfen, wenn mithilfe von attraktiven Arbeits- und Ausbildungsbedingungen der Lehrlingsmangel entschärft werden könnte.» Zudem würden auch viele KMU unter den horrenden Land- und Immobilienpreisen im Kanton leiden, so Lustenberger.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Daniela Übersax
    Daniela Übersax, 28.09.2021, 08:14 Uhr

    Die Mitte hat mal wieder keine Meinung ausser ein paar leeren Worten. Dabei sollte nun dringend einmal das Hauptproblem aller Zuger angegangen werden: Die Wohnungsmisere. Nur die ist schuld, dass so viele Zuger wegziehen müssen, weil sie sich eine Mietwohnung oder gar ein Eigenheim schlicht nicht leisten können. Es braucht auch nicht noch mehr Anreize für Firmen. Hier ist man schon äusserst gut unterwegs, und jede Steuererleichterung für Firmen oder Gutverdienende führt nur zu noch weniger Wohnraum, weil noch mehr Expats zuziehen.

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