Geringe Chancen für eine neue alte Zugverbindung

Steinhausen–Cham direttissima? Zentralschweizer winken ab

Cham–Zug und erst dann zurück nach Steinhausen? Das finden 14 Kantonsräte überflüssig. Sie fordern eine direkte Verbindung von Cham nach Steinhausen.

(Bild: Google Maps)

14 Zuger Politiker aus verschiedensten Parteien hatten letztes Jahr dafür plädiert, dass die historische Zugstrecke Cham–Steinhausen wieder aufblühen solle. Die Zuger Regierung winkt ab und erhält Unterstützung aus den Nachbarkantonen. Die Initianten vermissen derweil Visionen.

Wer von Cham mit dem Zug ins Säuliamt reist, der muss zuerst nach Zug reisen, dort umsteigen und quasi retourfahren, bis die Zuglinie nach Steinhausen irgendwann rechts wegzieht. Das ist etwas unpraktisch. Doch das war nicht immer so.

Zwischen 1864 und 1970 existierte eine direkte Zugstrecke zwischen Steinhausen und Cham und dieser trauern einige noch heute nach. Konkret sind es 14 Kantonsräte, welche letztes Jahr ein überparteiliches Postulat zum Anliegen verfassten. Denn mit einer direkten Verbindung zwischen Cham und Steinhausen würde die Strecke Zürich–Luzern gestärkt, das Nadelöhr Zimmerbergtunnel könnte leicht umgangen werden.

Die Regierung findet: Bringt wenig, ist dafür teuer

Die Zuger Regierung findet die Idee mässig. So weist sie darauf hin, dass mit der direkten Bahnverbindung einzig Reisende zwischen den Nebenzentren Luzern Rontal, Zug West, Knonaueramt oder Altstetten profitieren würden, da sie somit einmal weniger umsteigen müssten und dadurch Zeit gewinnen würden. Konkret handle es sich um fünf bis zehn Minuten, die mit einer Direktverbindung eingespart würden.

Weiter werde die öV-Verbindung laut Regierungsrat auch mit einem direkten Weg nicht konkurrenzfähiger im Vergleich zum Individualverkehr. So würde eine Reise zum Beispiel von Cham nach Altstetten mit der Bahn immer noch rund 40 bis 45 Minuten dauern, mit dem Auto rund 30 bis 45 Minuten. Diese Verlängerung der Reisezeit gelte auch für Pendler zwischen Luzern und Zürich, sollte die Bahnverbindung künftig via Knonaueramt geführt werden.

Fürs neue Trassee müssten Häuser abgerissen oder angepasst werden

Zudem stehe die ursprüngliche Linienführung zwischen Cham und Steinhausen, die seit fast 50 Jahren ausser Betrieb ist, nicht mehr zur Verfügung. Entsprechend gebe es auch keine schnelle und kostengünstige Lösung für die Forderung der Postulanten. «Eine Neutrassierung steht in der Zwischenzeit im Konflikt mit verschiedenen erst neulich gebauten Infrastrukturen wie Gebäuden, Verkehrswegen sowie den Bahnhaltestellen Cham Alpenblick und Steinhausen Rigiblick, welche abgebrochen oder zumindest angepasst werden müssten», schreibt der Regierungsrat in seiner Antwort.

Als am ehesten denkbar sieht der Regierungsrat eine «grossräumige Umfahrung des dicht bebauten Raums Cham und Steinhausen». Und er führt gleich aus, dass allein für die neue Erstellung des Bahntrassees mit Kosten von mindestens 50 bis 80 Millionen Franken zu rechnen sei.

«Was ich jedoch vermisse, sind Visionen.»

Jean-Luc Mösch, Zuger CVP-Kantonsrat

Mitinitiant und CVP-Mitglied Jean-Luc Mösch ist wenig begeistert von der Antwort des Regierungsrats. Er erklärt auf Anfrage: «Sagen wir mal so: Die Regierung hat sich Mühe gegeben, die Situation fundiert nach der Ist-Situation abzuklären. Was ich jedoch vermisse, sind Visionen. Denn in Zug bauen wir an verschiedenen Orten und bereits jetzt müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir die öV-Erschliessung bewerkstelligen könnten.» Er spricht etwa von der äusseren Lorzenallmend, wo mittelfristig ein neuer Zuger Stadtteil entstehen soll (zentralplus berichtete).

Weiter argumentiert Mösch: «Schon jetzt verzeichnet der Bahnhof Zug eine enorme Personendichte. Etwas von diesem Druck könnte man wegnehmen, indem man die Pendler am Bahnhof Zug um die Leute reduziert, die eigentlich gar nicht da hin wollen.

Das Nadelöhr soll entschärft werden

Auch sähe Mösch die vorgeschlagene Variante der Postulanten als sinnvoll, da damit das Nadelöhr Zimmerbergtunnel ausgehebelt werden könnte. «Wenn es Störungen in diesem Bereich gibt, dann müssen die Züge zwischen Luzern und Zürich aktuell über Lenzburg umgeleitet werden. Mit einer direkten Strecke zwischen Cham und Steinhausen ginge das deutlich einfacher.» Zu diesem Zweck auf der Säuliämtler Strecke eine durchgehende Doppelspur zu schaffen, sei laut Mösch ein Leichtes.

Und was ist mit den 50 bis 80 Millionen Franken Aufwand, die der Regierungsrat mahnend in Aussicht stellt? «Ich halte diesen Betrag nicht für überrissen und bin nach wie vor der Ansicht, dass das realisierbar wäre», sagt Mösch. So wie die Situation heute stehe, werde wegen der wachsenden Pendlerflut sowieso bald ein Busbahnhof beim Bahnhof Alpenblick nötig. «Denn die öV-Reisenden aus der künftigen Lorzenallmend oder Städtlerallmend müssen ja irgendwie in ihr Quartier kommen.»

«Die Leistungsfähigkeit auf der ausgereizten Bahninfrastruktur in der Zentralschweiz und im Zulauf zum und im Bahnhof Luzern ist ausgeschöpft.»

Der Kanton Luzern in einer Stellungnahme

Die Regierung warnt davor, dass mit einer Direktlinie die Moorlandschaft beim Alpenblick Schaden nähme. Auch dem Punkt widerspricht Mösch: «Ich bin dort aufgewachsen. Die grundverdichtete Verkehrsführung ist immer noch da. Einen grossen Eingriff in die Landschaft erkenne ich daher nicht.»

Die umliegenden Kantone schliessen sich der Regierung an

Im Rahmen des Postulats hatten sich auch die umliegenden Kantone Zürich und Luzern vor einem Jahr zur Idee der Direttissima Steinhausen–Cham geäussert. In Zürich befand man damals, es bestünden bereits jetzt genügend attraktive Direktverbindungen zwischen Luzern und Zürich. Eine Beteiligung des Kantons Zürich an den Erstellungskosten sei nicht möglich.

Auch in Luzern äusserte man sich negativ zur Idee. «Die Leistungsfähigkeit auf der ausgereizten Bahninfrastruktur in der Zentralschweiz und im Zulauf zum und im Bahnhof Luzern ist ausgeschöpft», erklärte dieser knapp. Wie bereits in Zürich sei man auch in Luzern nicht bereit, sich an den Kosten der Strecke Cham–Steinhausen zu beteiligen.

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