Mini-Comeback von Roland Fischer

Ständiger Ideenklau: GLP hadert mit dem Schicksal

Er sei viel im KKL anzutreffen: Der ehemalige GLP-Nationalrat Roland Fischer.

(Bild: bra)

Ex-Nationalrat Roland Fischer kehrt als Präsident der Luzerner GLP auf die Politbühne zurück. Im Interview erklärt der 50-Jährige Finanzprofi, welche Ziele er sich gesteckt hat, warum er die Tiefsteuerstrategie ganz ok findet – und verteilt Seitenhiebe an die Konkurrenz, die CVP und die FDP.

zentralplus: Herr Fischer, seit letztem Herbst sind Sie weg vom Fenster – seit Sie den Nationalratssitz verloren haben. Ihr letzter Blog-Eintrag ist vom 19. Oktober 2015. Was machen Sie eigentlich?

Roland Fischer: Naja, weg vom Fenster stimmt nicht ganz. Ich bin noch Vizepräsident der GLP Schweiz und beruflich habe ich mein Pensum als Dozent an der Hochschule Luzern – Wirtschaft ausgebaut. Ausserdem war ich stets im Vorstand und in der Geschäftsleitung der GLP des Kantons Luzern aktiv.

zentralplus: Sie haben vor einem halben Jahr den Nationalratssitz an Franz Grüter (SVP) verloren, schmerzt es Sie noch?

Fischer: Es war kein freudiger Tag. Das kann man schon so sagen. Aber persönlich nehme ich das nicht. Bei den Nationalratswahlen sind die Parteienstimmen entscheidend. Es sind Proporzwahlen und keine Majorzwahlen. Deshalb hat der Sitzverlust mit mir selber oder meiner politischen Arbeit nicht viel zu tun. Mein persönliches Resultat war zudem sehr gut. Aber klar, es schmerzt schon, aus parteipolitischen Gründen.

«Die GLP will diesen Sitz wieder zurück.» 

zentralplus: Werden Sie sich den Sitz wieder holen?

Fischer: Klar, das werden wir bei den nächsten Wahlen 2019 versuchen. Das ist unser Ziel. Die GLP will diesen Sitz wieder zurück. Ob ich mich persönlich zur Verfügung stelle, sehen wir dann. Da will ich mich noch nicht festlegen.

zentralplus: Kurzes Foto, bitte. Wie sieht diese Überzeugung aus?

Daumen hoch: Fischer sieht der Rückeroberung des Nationalratssitzes mit Zuversicht entgegen.

Daumen hoch: Fischer sieht der Rückeroberung des Nationalratssitzes mit Zuversicht entgegen.

(Bild: bra)

zentralplus: Sie werden am 4. April sehr wahrscheinlich zum Präsidenten der GLP Luzern gewählt. Ist es für Sie ein Polit-Comeback?

Fischer: Nein, als Comeback würde ich es nicht bezeichnen. Ich habe mich innerhalb der GLP weiter engagiert. Für mich ist es eine Fortsetzung, einfach in einem anderen Rahmen, nicht mehr national, sondern kantonal.

zentralplus: Und was wäre im Kanton Luzern als Dringendstes zu tun?

Fischer: Ich glaube, die grösste Herausforderung des Kantons liegt im finanzpolitischen Bereich. Obwohl der Kanton einen Überschuss auswies (zentralplus berichtete), steht er überhaupt nicht gut da.

zentralplus: Das sagen alle.

Fischer: Ja, und wir von der GLP haben hierzu in der Vergangenheit bereits einige Lösungsansätze vorgeschlagen und Vorstösse eingereicht. Leider werden sie erst nach einer gewissen Zeit mehrheitsfähig. Nämlich, wenn CVP und FDP ebenfalls auf die Idee kommen (lacht).

zentralplus: Zum Beispiel?

Zur Person

Roland Fischer vertrat von 2011 bis 2015 die Luzerner Grünliberalen im Nationalrat. Der in Udligenswil wohnhafte Hochschuldozent amtet seit 2009 als Vorstandsmitglied der Luzerner Grünliberalen und seit 2015 als Vizepräsident der GLP Schweiz. Der 50-Jährige lebt in Udligenswil in fester Partnerschaft mit Michele Graber, GLP-Fraktionspräsidentin im Luzerner Kantonsrat.

Fischer: Momentan überdenken wir ja die untaugliche Ausgestaltung der Schuldenbremse. Eine Anpassung haben die Grünliberalen schon vor Jahren vorgeschlagen. Die Regierung des Kantons hat jetzt endlich den Handlungsbedarf ebenfalls erkannt und wird eine Flexibilisierung vorschlagen.

zentralplus: Was ist an der Schuldenbremse nicht gut?

Fischer: Fünf Jahre sind zu kurz. Die 2011 eingeführte ­Schuldenbremse verlangt einen Ausgleich der Einnahmen und Ausgaben innerhalb dieses engen Zeitraums. Wenn die Wirtschaft aber schlecht läuft, ist es für die Konjunktur nicht sinnvoll, wenn der Staat ebenfalls spart. Zudem verlangen wir eine Lockerung bei der Geldflussrechnung, damit mehr Investitionen getätigt werden können.

«Leider gibt es in der Politik kein Copyright.»

zentralplus: Und das war Ihre Idee?

Fischer: Nicht alleine. Aber die Grünliberalen propagieren eine Lockerung der Schuldenbremse schon seit Jahren. Nur ist es unser Schicksal – vielleicht ein Schicksal der Kleinparteien im Kanton Luzern –, dass unsere Ideen erst von der CVP oder der FDP aufgenommen werden müssen, um gehört zu werden. Leider gibt es in der Politik kein Copyright.

zentralplus: Sie gehören als Finanzfachmann zu den Architekten des Nationalen Finanzausgleichs (NFA). Was dachten Sie als Erstes, als der Kanton die Jahresrechnung präsentiert hat?

«Viele Kantone werden nicht drum herumkommen, die Steuern wieder zu erhöhen.»

Fischer: Der Kanton hat sich sehr ambitionierte Ziele gesetzt. Er möchte ja im Ressourcenindex aufsteigen. Soll heissen, er will von einem Nehmer- langsam zu einem Geberkanton werden. Das wird eine wahre Herausforderung, weil der Kanton Luzern verglichen mit anderen Kantonen sich wirtschaftlich immer noch im Mittelfeld bewegt.

Auf der anderen Seite ist das Ziel aber gut und genau das, was das Prinzip des Finanzausgleichs eigentlich will: Dass die Kantone ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen und versuchen, wirtschaftlich stärker zu werden. So, dass sie nicht mehr vom NFA-Topf abhängig sind.

zentralplus: Können Sie das «NFA-Dilemma» erklären, in welchem der Kanton Luzern momentan drin steckt?

Der Finanzausgleich bemisst sich am Steuerpotenzial eines Kantons. Da der Kanton ein sogenannt ressourcenschwacher Kanton ist, bezieht er relativ viel Finanzausgleich. Aufgrund der tiefen Unternehmenssteuern verliert der Kanton mit jedem zusätzlichen Gewinnfranken mehr Geld beim Finanzausgleich, als dass er Steuern einnimmt. Dieser Effekt wird sich jedoch mit den vorgeschlagenen Anpassungen am Finanzausgleich im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III abschwächen.

zentralplus: Unterstützen Sie die Strategie der tiefen Unternehmenssteuern?

Fischer: Sie ist in Ordnung, so wie sie ist. Bei den Unternehmenssteuern ging Luzern ans Limit, sie war für einen schwachen Kanton wie Luzern ein Risiko. Das darf man nicht vergessen. Ich würde deshalb sicher nicht vorschlagen, die Steuern noch mehr zu senken. Auf der anderen Seite ist der Kanton mit seinen tiefen Unternehmenssteuern gut aufgestellt, was die geplanten nationalen Steuerreformen angeht. Andere Kantone wird die Unternehmenssteuerreform III stark herausfordern. Einige werden die Steuern stark senken müssen, damit mobile Unternehmen im Kanton bleiben. Luzern hat diesbezüglich die Hausaufgaben bereits gemacht.

Wenn man aber langfristig die demografische Entwicklung anschaut und die Kosten, die in Zukunft auf den Staatshaushalt drücken werden: Die meisten Kantone werden nicht drum herumkommen, mittel- bis langfristig die Steuern wieder zu erhöhen.

«Wir wollen wachsen und unseren Wähleranteil ausbauen.»

zentralplus: Es gibt allerdings immer wieder Kritik, dass die Bürgerinnen und Bürger für die tiefen Unternehmenssteuern hinhalten müssen. Der Regierungsrat überlegt sich, den Steuerfuss von 1,6 auf 1,65 Einheiten zu erhöhen.

Fischer: Man sollte Unternehmenssteuern nicht isoliert betrachten. Unternehmen schaffen Arbeitsplätze. Von diesen Löhnen resultieren dann wiederum Steuereinnahmen. Unternehmens- und Einkommenssteuern sollte man nicht gegenseitig ausspielen, sondern als Gesamtpaket betrachten.

zentralplus: Theoretisch klingt das gut.

Fischer: Die Wirtschaft hat einen Dämpfer erlebt in den letzten Jahren. An den klammen Kantonsfinanzen ist nicht nur die Tiefsteuerstrategie an sich Schuld. Aber klar: Der Kanton Luzern ist mit seiner Strategie auf dem falschen Fuss erwischt worden. Hätten wir noch heute eine Situation wie 2006, 2007 oder 2008, als die Wirtschaft sehr stark war, dann sähe das für die Kantonsfinanzen wieder ganz anders aus.

Das ist übrigens genau der Punkt: Wir müssen die Schuldenbremse so anpassen, dass sie konjunkturellen Schwankungen Rechnung trägt.

zentralplus: War die Schuldenbremse damals aus einer Schönwetterpolitik entstanden?

Fischer: Das kann man so sagen, ja.

zentralplus: Zurück zu Ihrer Partei. Was haben Sie als neuer Präsident ab 4. April vor?

Fischer: Wir wollen wachsen und unseren Wähleranteil ausbauen.

zentralplus: Da haben Sie noch einiges vor, der Wähleranteil der GLP liegt bei knappen 6 Prozent. Wie wollen Sie das anstellen?

Fischer: So schlecht stehen wir gar nicht da. Wir haben zwar mit einem Stimmenanteil von 5,8% (6,1% im Jahr 2011) nur wenig an Wählerstärke eingebüsst. Im Vergleich zum Resultat der Kantonsratswahlen im März 2015 (4,3%) konnten wir sogar wieder etwas zulegen. Ausserdem erreichten die Jungen Grünliberalen das beste Ergebnis aller Luzerner Jungparteien. Als kleine Partei sind wir jedoch auf Listenverbindungen angewiesen und deshalb stark vom Abschneiden anderer Parteien abhängig.

Wir werden unser Programm, bei dem Umwelt und Klima, eine liberale Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik und die soziale Verantwortung im Zentrum stehen, durchziehen und nicht auf populistische Schienen geraten.

zentralplus: Sie haben bald Geburtstag. Was wünschen Sie sich?

Fischer: Eigentlich bin ich wunschlos glücklich, vielen Dank.

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Ökologisch und liberal im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Sinne: das vimentis-Profil von Roland Fischer.

Ökologisch und liberal im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Sinne: das vimentis-Profil von Roland Fischer.

(Bild: vimentis)

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1 Kommentar
  • Profilfoto von hansruedi.buob bluewin.ch
    hansruedi.buob bluewin.ch, 01.04.2016, 01:06 Uhr

    …. Aufgrund der tiefen Unternehmenssteuern verliert der Kanton mit jedem zusätzlichen Gewinnfranken mehr Geld beim Finanzausgleich, als dass er Steuern einnimmt…..
    Es ist unglaublich, wie gewisse Politsysteme wirken. Jeder Anreiz sich zu verbessern wird zunichte gemacht. In der Sozialpolitik hat man solch perverse Anreizsysteme teilweise erkannt und versucht mit Programmen wie «Arbeit muss sich lohnen» entgegenzuwirken. Roland Fischer als einer der Väter des NFA gepriesen sollte für uns eine bessere Antwort parat haben als dass sich dieser Effekt in Zukunft etwas abschwächen werde – beseitigt gehören solche Fehlkonstruktionen! Die kantonale Finanzpolitik kann sich noch so anstrengen – die Anstrengung lohnt sich unter sochen Systemen nicht.
    Wenn sich die Rahmenbedingungen des NFA offenbar nicht ändern lassen, warum begibt sich eine kantonale Finanzpolitik auf einen Weg, der statt Erträge generiert massivst solche vernichtet? Sind hier Podestfetischisten am Werk, die die Zusammenhänge und die Mechanik des NFA nicht verstehen? Warum greift niemand die anlässlich der Rechnungspräsentation des Kanons kurz vorgestellte Analyse auf, die diese perversen Zusammenhänge erahnen lassen?

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