Die Nebenkosten steigen aufs nächste Jahr hin deutlich. Die Stadtluzerner SP und Grünen fordern, dass die Stadt Luzern einspringt – und grosszügig Geld verteilt.
Die Energiepreise schiessen durch die Decke. Heizen, Warmwasser, Strom – all das wird im neuen Jahr deutlich teurer. In Luzern kostet alleine die Stromrechnung zwischen 20 und 23 Franken mehr pro Monat (zentralplus berichtete).
Fast noch stärker dürften sich die steigenden Heizkosten auf der Nebenkostenrechnung niederschlagen. Im Auftrag von «SRF» hat eine Immobilienfirma vorgerechnet, wie sich die steigenden Energiepreise auf verschiedene Wohnungen und Heizungssysteme auswirken. In einer schlecht isolierten Wohnung mit Ölheizung werden die Heizkosten voraussichtlich um über 1’000 Franken zunehmen.
Stadt soll wegen Energiekrise Geld verteilen
Haushalte mit tiefen Einkommen werden darum unter Druck geraten. Davor hat bereits der Schweizer Mieter- und Mieterinnenverband gewarnt. Und auch bei der Luzerner Linken schrillen die Alarmglocken. Menschen mit tiefen Einkommen würden in den kommenden Monaten vor «beträchtlichen finanziellen Herausforderungen» stehen. Zumal nebst den Energiekosten auch die Kosten für die Krankenkassenprämien deutlich ansteigen dürften. Das steht in einer dringlichen Motion, welche die Fraktionen der SP und der Grünen/Jungen Grünen diese Woche eingereicht haben.
Die Forderung der Motion ist simpel. Die Stadt Luzern soll allen Luzernern circa 180 Franken schenken. Damit soll der Preisschock zumindest teilweise abgefedert werden können. Der Zustupf soll für alle in Luzern wohnenenden Menschen gelten, unabhängig von ihrem Alter oder ihrem Aufenthaltsstatus. Eine fünfköpfige Familie würde demnach also rund 1’000 Franken von der Stadt erhalten – einfach so.
«Aus unserer Sicht ist unser Vorschlag die bessere Lösung, als die Steuern zu senken.»
Simon Roth, SP-Grossstadtrat
Darum auch der ungefähre Betrag von 180 Franken pro Kopf. Der vom Mieterverband geschätzte Anstieg der Nebenkosten wäre so gedeckt. Wichtig ist zudem ein zweites Kriterium, wie SP-Grossstadtrat und Motionär Simon Roth auf Anfrage betont: «Dieses Geld soll so schnell wie möglich ausbezahlt werden. Darum sollen die Kosten weniger als 15 Millionen Franken betragen, weil es sonst erst noch eine Volksabstimmung braucht.»
Stadt rechnet mit Verlusten in den nächsten Jahren
Um diesen Betrag in Relation zu den Finanzen der Stadt Luzern zu setzen: 2021 schloss die Jahresrechnung der Stadt mit einem Überschuss von 51 Millionen Franken ab – trotz budgetiertem Verlust von 22 Millionen Franken. Auch in den Vorjahren lag am Ende des Jahres immer mehr Geld in der Stadtkasse als budgetiert. Der Überschuss der letzten sieben Jahre beläuft sich auf 176 Millionen Franken (zentralplus berichtete).
Die Stadt begründet den unerwartet hohen Überschuss mit unvorhersehbaren zusätzlichen Steuereinnahmen. Für das Jahr 2022 rechnet die Stadt mit einem Minus von 13 Millionen Franken. Bis 2025 drohen die Verluste weiter anzuwachsen. Ein schlechtes Vorzeichen für den Vorstoss der Linken?
- Yeah, 180 Franken einfach so, super!
- Ich ziehe eine Steuersenkung diesem einmaligen Geschenk vor.
- Die Stadt soll nicht mit dem Geld um sich werfen.
Sowieso mahlen die Mühlen der Politik langsam. Erst muss der Grosse Stadtrat an der nächsten Sitzung über die Dringlichkeit der Motion befinden. Und sollte die Motion tatsächlich überwiesen werden, ist es am Stadtrat, deren Umsetzung zu prüfen und einen Vorschlag auszuarbeiten.
Ist es überhaupt realistisch, dass das Geld schon in diesem Winter – also dann, wenn es gebraucht wird – zur Verfügung steht? Simon Roth stellt klar: «Es sollte möglich sein, dass das Geld schon diesen Winter verteilt wird. In der Corona-Pandemie hat die Stadt den Tourismus auch sehr schnell finanziell unterstützt.» Bereits kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie hat die Stadt Luzern damals Luzern Tourismus mit über 400’000 Franken unterstützt.
Lieber Geld verteilen als Steuern senken
Auch im Fall der Energiekrise sieht Simon Roth die Stadt in der Verantwortung: «Die Stadt steht finanziell gut da und kann sich diese Massnahme leisten.» Wegen des guten finanziellen Ergebnisses der Stadt Luzern wird aktuell gar eine Steuersenkung aktuell diskutiert. Eine solche fordern die FDP, die Mitte und die GLP.
Vor wenigen Tagen hat FDP-Fraktionschef Marco Baumann im zentralplus-Politblog ebenfalls die Energiekrise zum Thema gemacht. «Die aktuelle Teuerung belastet uns massiv, die Energiepreise schiessen in die Höhe. Das spüren wir alle in unseren Portemonnaies.» Auch er fordert darum eine Entlastung, aber in Form von Steuersenkungen: «Eine Steuerreduktion kann uns Stadtluzernerinnen die Entlastung bringen, die wir nun dringend brauchen.» Baumann ist der Ansicht, dass der städtische Haushalt eine Steuersenkung verkraften würde.
Roth hingegen ist wenig überzeugt: «Aus unserer Sicht ist unser Vorschlag die bessere Lösung, als die Steuern zu senken.» Für die Massnahme spreche vor allem, dass sie insbesondere die Haushalte mit tiefen Einkommen entlaste. Im Gegensatz zu Steuersenkungen, von welchen Menschen mit hohem Einkommen überproportional profitieren.
Wie nachhaltig ist der Vorschlag?
Es stellt sich die Frage, wie nachhaltig es ist, einmalig allen Luzernerinnen Geld zu schenken. Roth entgegnet, dass er natürlich hoffe, dass die hohen Energiekosten kein nachhaltiges Phänomen sind und sich langfristig wieder einpendeln. Und er betont: «Es gibt Menschen mit tiefen Einkommen, die diesen Winter Mühe haben werden, die Nebenkosten zu bezahlen. Wenn sie dank dieses Zustupfs ihre Wohnung nicht verlieren, ist es schon eine nachhaltige Massnahme.»
Die nächste Sitzung des Grossen Stadtrats findet am 22. September statt. Dann wird das Parlament erst über die Dringlichkeit des Vorstosses befinden. Spricht sich eine Mehrheit für die Dringlichkeit aus, folgt die Debatte über die Motion selbst an der darauffolgenden Ratssitzung im Oktober.
- Telefonat mit Simon Roth
- Dringliche Motion 205
- Artikel von «SRF»
- Informationen vom Mieterverband Schweiz