Die Stadt Luzern ist für Velofahrerinnen ein gefährliches Pflaster. Um die Verkehrssicherheit zu verbessern, will der Stadtrat vom Bahnhof über die Seebrücke bis zur Haldenstrasse Tempo 30 einführen. Der Ball liegt beim Kanton.
Vom Kreuzstutz über den Bahnhofplatz bis zur Eichhof-Kreuzung: Gemäss Unfalldaten des Bundes gibt es in der Stadt Luzern gleich mehrere Stellen, an denen das Unfallrisiko für Velofahrer besonders hoch ist (zentralplus berichtete). Die Zahl der Velounfälle nahm denn auch massiv zu im letzten Jahr (zentralplus berichtete).
Nun will die Stadt Luzern handeln. Allerdings sind ihr teilweise die Hände gebunden. Viele der gefährlichen Stellen befinden sich auf den Verkehrshauptachsen. Und für Kantonsstrassen ist – der Name sagt es schon – der Kanton zuständig.
Stadt muss ein Gesuch beim Kanton stellen
Das heisst: Die Stadt kann nicht mehr tun, als beim Kanton anzuklopfen. Und das wird sie auch. So hat sie etwa für die Bundesstrasse beim Kanton eine Temporeduktion und einen Velostreifen beantragt. «Auch auf der Achse Bahnhof bis Haldenstrasse und Löwenplatz ist eine Temporeduktion als kurzfristige Massnahme zu prüfen», sagte Milena Scherer, Co-Leiterin Mobilität der Stadt Luzern diese Woche gegenüber der «Luzerner Zeitung».
Wie kam es dazu? Der Grosse Stadtrat hatte im Februar 2019 den Aktionsplan Fussverkehr und Veloverkehr zur Überarbeitung an den Stadtrat zurückgewiesen. Daraufhin gab der Stadtrat bekannt, dass er die in den Aktionsplänen enthaltenen Vorhaben in eigener Kompetenz einzeln beschliessen will. «Dazu gehören auch die in der Ratsdebatte diskutierten und im Aktionsplan enthaltenen Studien zu Handen des Kantons», erklärt Scherer auf Nachfrage von zentralplus.
Diese sind im Sinne von Variantenstudien abgeschlossen und wurden an die zuständige Dienststelle des Kantons weitergeleitet. «Die Studien kommen zum Schluss, dass Temporeduktionen auf verschiedenen Abschnitten zielführende Massnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit sind. Ob und welche Massnahmen schlussendlich umgesetzt werden, wird in einem nächsten Schritt durch den Kanton zu klären sein», so Scherer.
Massiver Widerstand von den Bürgerlichen
Tempo 30 auf der Seebrücke? Noch vor einigen Jahren hat allein die Vorstellung bei den Bürgerlichen einen Aufstand ausgelöst. «Auf wichtigen Quartier-Hauptstrassen können auch VBL-Busse nur noch mit Tempo 30 herumtuckern, derweil immer mehr Automobilisten, mit bereits 10 km zu schnell, zu Temposünder abgestempelt werden», polterte 2012 die SVP. Damals war ein Vorstoss noch abgelehnt worden, nachts in der Stadt Luzern flächendeckend Tempo 30 einzuführen.
Zuerst wird ein externes Gutachten erstellt
Nun scheint es gar nicht mehr abwegig, die Geschwindigkeit der Autos sogar tagsüber zu drosseln. Das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern sagt auf Anfrage von zentralplus zwar, dass das Gesuch von der Stadt für die Seebrücke noch nicht eingetroffen ist. Judith Setz, stellvertretende Leiterin Kommunikation, erklärt aber schon mal das allgemeine Vorgehen: «Wenn aus einer Gemeinde der Antrag kommt, innerorts von der gesetzlichen Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde abzuweichen, wird zunächst ein externes Gutachten erstellt.»
Das dauert erfahrungsgemäss rund ein halbes Jahr. «Kantonsstrassen sind grundsätzlich dazu da, den Verkehr rasch zügig hindurchzuleiten. Mit dem Gutachten wird geprüft, ob die Einführung von Tempo 30 im konkreten Fall nötig, zweckmässig und verhältnismässig ist.»
Zahl der Schwerverletzten liesse sich halbieren
Anders gesagt: Die Gutachterinnen untersuchen, ob der gewünschte Effekt – vorliegend die Erhöhung der Verkehrssicherheit – allenfalls auch mit anderen Mitteln erzielt werden könnte. Die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur stützt ihren Entscheid dann auf die Erkenntnisse aus dem Gutachten. Wann dieses vorliegt, kann Judith Setz nicht sagen.
Die Stadt Luzern ist mit ihrem Vorgehen nicht allein. Mehrere Gemeinden im Kanton Luzern wollen derzeit auf ihren Hauptachsen Tempo 30 einführen (zentralplus berichtete). Was vor wenigen Jahren noch ein absolutes Tabu war, ist heute punktuell schon Realität. Aus Sicht der nationalen Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) macht dies Sinn. Auf Tempo-50-Strecken würden jährlich 1’900 Personen schwer verletzt. Diese Zahl liesse sich, durch eine «konsequente Einführung von Tempo 30», mindestens halbieren (zentralplus berichtete).
Anmerkung: In einer ersten Version dieses Textes hiess es, das Gesuch sei bereits beim Kanton eingegangen. Das war eine Fehlinformation, welche die Kommunikationsstelle unserer Redaktion gab.