SP-Politikerinnen stören sich an Muskelprotz auf Fitnessplakat
Die Stadt Luzern schliesse bei ihrer Kommunikation einzelne Personengruppen aus, kritisieren die SP-Grossstadträtinnen Maria Pilotto und Tamara Celato. Stein des Anstosses ist unter anderem ein Fitnessplakat in der Luzerner Ufschötti.
Sie will – aber irgendwie doch nicht. Die Stadt Luzern will sich zwar vermehrt für die Gleichstellung einsetzen. Mit der Unterschrift der europäischen Charta für Gleichstellung beispielsweise.
«Trotzdem zeigen sich in letzter Zeit immer wieder Beispiele, wo die städtische Kommunikation in ihren eigenen Bekenntnissen zurückbleibt», kritisieren die beiden SP-Grossstadträtinnen Maria Pilotto und Tamara Celato. Namens der SP-Fraktion haben sie kürzlich einen Vorstoss eingereicht. Darin fordern sie den Stadtrat auf, zu überprüfen, wie «eine zeitgemässe ein- statt ausschliessende Kommunikation» in den städtischen Kommunikationsstellen konsequent umgesetzt werden kann.
Kommuniziert werden soll, dass niemand ausgeschlossen wird. Weder die verschiedenen Geschlechter noch Menschen mit Behinderungen oder Zugewanderte.
Fitnessplakat soll auch Frauen, molligere und dünnere abbilden
Die beiden Politikerinnen führen drei Beispiele auf, die ihnen die Bevölkerung zugetragen habe und an denen sie sich stören. Zum einen das Plakat vor dem Street-Workout-Park in der Ufschötti. Darauf zu sehen ist ein Mann, der zeigt, wie man Push-ups, Squats und Co. macht. Dieses zeige «eindeutig auf, für wen dieser Park gedacht ist», so Pilotto und Celato.
Wie würde das Plakat im besten Fall aussehen? «Indem beispielsweise eine Übung eine eher rundliche Person vorzeigt, die andere Übung eine Frau», sagt Pilotto auf Anfrage. Aber auch eine dunkelhäutige Person könnte abgebildet werden sowie jung und alt. Bei den zwölf Workout-Übungen, die auf dem Plakat abgebildet sind, sei es eigentlich kein Problem und auch eine Chance, mehr Menschen damit abholen zu können, findet die Politikerin.
Stadt steht Genderstern skeptisch gegenüber
Die Stadt Luzern publizierte letztes Jahr in ihrem Personalmagazin die Weisung, nur die weibliche und männliche Schreibweise zu verwenden und auf den Genderstern zu verzichten. Dieser entspreche nicht «den Prinzipien der Verständlichkeit, Eindeutigkeit, Vorlesbarkeit der korrekten Grammatik oder Rechtssicherheit».
Zeitgleich zum Vorstoss von Pilotto und Celato haben zwei grüne Grossstadträte einen Vorstoss zur ähnlichen Thematik eingereicht. Martin Abele und Laura Spring fordern den Stadtrat auf, «baldmöglichst» alle öffentlich zugänglichen Publikationen für alle Menschen barrierefrei bereitzustellen. Unter anderem soll die Website der Stadt barrierefrei sein und zentrale Dokumente und Schilder zusätzlich in Blindenschrift angefertigt werden. Zudem soll die Stadt Unterlagen zu städtischen Abstimmungen im Hörformat zur Verfügung stellen.
Dass die Stadt dies auf die gesamte städtische Kommunikation übertrage, mache die Vielfalt der städtischen Bevölkerung absichtlich unsichtbar und sei nicht mehr zeitgemäss, lautet nun die Kritik der Sozialdemokratinnen.
«Die Stadt stützt sich auf einen über zehnjährigen Sprachleitfaden», so Pilotto. «Diese Kommunikation trägt dem gesellschaftlichen Wandel und dem heutigen Diskurs aber schlicht nicht mehr Rechnung.»
Wenn die Untertitel bei Filmen fehlen
Doch auch Zugewanderte oder Menschen mit einer Hörbehinderung würden aus der Kommunikation ausgeschlossen. Seit wenigen Wochen sind die historischen Spaziergänge in Film und Leporello verfügbar. Diese sind auf Mundart geführt. Erst nachträglich und aufgrund externer Hinweise habe man die Filme auf Schriftdeutsch untertitelt, moniert Pilotto.
«Dass wir gleichzeitig die Initiative ergriffen haben, zeigt, dass es bei der Stadt definitiv Handlungsbedarf gibt.»
Maria Pilotto, SP-Grossstadträtin
Das zusammen mit dem Vorstoss veröffentlichte Statement eines gehörlosen Luzerners illustriere eindrücklich, welche Hürden mit Untertiteln abgebaut werden könnten. «Untertitel ermöglichen auch den Zugang für Menschen, die kein Schweizerdeutsch sprechen, oder auch dann, wenn ein Beitrag ohne Ton abgespielt werden soll», so Pilotto. Bei Bedarf soll auch die Übersetzung in Gebärdensprache oder in eine Fremdsprache möglich sein.
Die Stadt soll handeln
Neben der Stadtluzerner SP sehen auch die Grünen Handlungsbedarf bei der Kommunikation. Zeitgleich haben Martin Abele und Laura Spring einen Vorstoss zum Thema barrierefreie Kommunikation eingereicht (siehe Box). «Dass wir gleichzeitig die Initiative ergriffen haben, zeigt, dass es bei der Stadt definitiv Handlungsbedarf gibt», so Pilotto.
Es gehe weniger darum, anderen Vorschriften zu machen, wie sie genau zu kommunizieren haben. Vielmehr wolle man fürs Thema sensibilisieren. Dass jemand vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Vielfalt überlegt, bevor er oder sie kommuniziert. «Jede Person, die im Namen der Stadt kommuniziert, soll sich Gedanken darüber machen, wen sie mit ihren Worten anspricht – und wen eben ausschliesst.»