Lange Wartezeiten für Jugendliche

SP kritisiert: Psychiatrien in Zug sind am Anschlag

Die Zuger SP-Kantonsrätin Virginia Köpfli fordert mehr Ressourcen zur Stärkung der psychischen Gesundheit. (Bild: Adobe Stock/zvg)

Die Corona-Pandemie schlägt sich auf die psychische Gesundheit nieder. Deshalb will SP-Kantonsrätin Virginia Köpfli von der Regierung wissen, wie es um die psychiatrische Versorgung im Kanton Zug steht. Das Fazit: Die Psychiatrien sind sehr stark ausgelastet. Köpfli sorgt sich besonders um eine Personengruppe.

Brot backen, eine Work-Out-Routine anfangen, vermehrt Telefon- oder Videoanrufe machen. Zu Lockdown-Zeiten haben viele neue Gewohnheiten oder Hobbys aufgenommen, um nicht die Wände hochzugehen. Denn nebst den finanziellen Folgen beeinflusst die Corona-Krise die psychische Gesundheit stark (zentralplus berichtete).

Dieser Umstand bereitet den Zuger SP-Kantonsrätinnen Sorgen. Mit einer Interpellation haben Virginia Köpfli, Isabel Liniger, Guido Suter und Anna Spescha die Zuger Regierung gefragt, wie die psychische Gesundheit der Zuger sich durch die Corona-Krise verändert hat. Und ob der Kanton Zug genügend Hilfeleistungen bereitstellt, sollte die mentale Gesundheit abgenommen haben.

Pandemiebekämpfung als wichtigste Massnahme

Die Zuger Regierung sei sich der Herausforderung der Corona-Pandemie für das mentale Wohlbefinden bewusst, wie sie in ihrer Antwort schreibt. Gemäss einer Studie des Bundesamts für Gesundheit sei jedoch die Mehrheit der Bevölkerung «nicht in ihrer psychischen Gesundheit tangiert». Mit dem Andauern der Pandemie sei aber generell eine gewisse Ermüdungserscheinung festzustellen.

Nur ein vergleichsweise kleiner Anteil der Bevölkerung werde «erheblich» in der psychischen Gesundheit beeinträchtigt. Dazu gehören insbesondere Personen mit Vorbelastungen und Vulnerabilitäten, Jugendliche und junge Erwachsene. So suchen insbesondere auch mehr Jugendliche Psychiatrien auf – Luzerner Psychiatrien verzeichnen einen Anstieg seit Corona (zentralplus berichtete).

«Bei den psychiatrischen Angeboten für Kinder und Jugendliche fehlt eine konkrete Strategie gegen den Engpass.»

Virginia Köpfli, Zuger SP-Kantonsrätin

Deshalb sei das wichtigste Mittel für die Stärkung des psychischen Wohlbefindens «die eigentliche Bekämpfung der Pandemie», ist die Regierung überzeugt. Punkto Corona-Massnahmen galt deshalb «so wenig Massnahmen wie möglich und gleichzeitig so viele wie nötig zu beschliessen», schreibt diese in ihrer Antwort. Im europäischen Vergleich habe die Schweiz sehr kurze und wenig weitreichende Massnahmen beschlossen.

Keine Lücken in der psychiatrischen Versorgung

Grundsätzlich findet der Regierungsrat das Zuger psychiatrische Behandlungs- und nicht-medizinische Beratungsangebot im Vergleich zu anderen Kantonen «überdurchschnittlich gut». Für stationäre Behandlungen gibt es in Zug die Klinik Zugersee, das Clienia Littenheid und die Klinik Meissenberg, welche durchschnittlich zu etwa 93 Prozent ausgelastet sind. In der Klinik Meissenberg sowie mit den Angeboten der Triaplus stehen zusätzlich noch ambulante Angebote zur Verfügung. Zudem seien im Kanton Zug 32 Psychiaterinnen und 74 Psychotherapeuten niedergelassen.

Auch im Bereich der niederschwelligen Angebote zur Förderung und Prävention der mentalen Gesundheit zeigt sich die Zuger Regierung zufrieden. Sie verweist auf nationale Angebote wie «dureschnufe» oder «Wie geht's dir?». Die Regierung erwähnt auch Zuger Angebote wie «Hey Zug – so entsteht Lebensfreude!» oder die von der Pro Senectute organisierten Spaziergänge in den Gemeinden.

«Der Kanton Zug macht viel zur Stärkung des psychischen Wohlbefindens. Aber wir sind noch nicht an einem Punkt, an dem wir ideal auf solche Notlagen reagieren können.»

Virginia Köpfli, Zuger SP-Kantonsrätin

Einzig das Angebot für Kinder und Jugendliche sei aufgrund der Pandemie überlastet und es mussten teils Wartelisten geführt werden, wie die Regierung schreibt. Das Problem kommt nicht aus dem Nichts: Schweizweit mangelte es bereits vor Corona an Fachkräften in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Deshalb sei auch keine kurzfristige Anpassung des Angebots möglich gewesen, so die Zuger Regierung.

93 Prozent Auslastung sei zu viel

Grundsätzlich freut sich die Zuger SP-Kantonsrätin Virginia Köpfli über die ausführliche Antwort des Regierungsrats, wie sie gegenüber zentralplus sagt. Trotzdem geben ihr einige Punkte zu denken. Kritisch sieht sie beispielsweise die grundsätzlich hohe Auslastung der psychiatrischen Angebote: «Bei den akuten Angeboten sieht man, dass diese mit 93 bis 97 Prozent sehr stark ausgelastet sind, auch wenn es keine Wartelisten gibt.»

Zudem fehlen ihr konkrete Angaben zur Auslastung der erwähnten ansässigen Psychiaterinnen und Psychotherapeuten. Denn: «Im Gespräch mit Bekannten kam immer wieder auf, dass sie lange warten mussten, bis sie einen Platz beim Psychiater gefunden hatten.»

Mehr proaktiver Einsatz gewünscht

Insbesondere das Versorgungsangebot für junge Zugerinnen sieht Köpfli kritisch: «Bei den psychiatrischen Angeboten für Kinder und Jugendliche fehlt eine konkrete Strategie gegen den Engpass. Schliesslich ist diese Gruppe von der Corona-Situation am meisten betroffen.» Ihr sei bewusst, dass ein Fachkräftemangel nicht einfach beziehungsweise schnell zu lösen sei. Jedoch müsste die Zuger Regierung gerade in solchen Krisensituationen Perspektiven aufzeigen oder sich beim Bund dafür engagieren.

«Bei der Versorgungsfrage muss man sich immer die Situation der Menschen vor Augen führen: Diese Menschen sind in einer psychischen Notlage und müssen nun teilweise auf ihre Hilfe warten», so die 27-jährige SP-Kantonsrätin. Der Kanton Zug soll deshalb mehr Ressourcen für die psychische Gesundheit zur Verfügung stellen, denn der Kanton kann und soll es sich leisten, so Köpfli.

Auch die Zugänglichkeit der genannten Angebote hinterfragt Köpfli. Bezüglich Nutzung erwähnt die Zuger Regierung nur die erhöhte Verweildauer auf der Website «Psychische Gesundheit Zug» und die generell vermehrten Anfragen von Subventionspartnern. Damit wisse man jedoch noch nicht, ob die Angebote auch von allen Personen genutzt würden, die solche Dienste benötigten, moniert Köpfli.

Abschliessend sagt sie: «Der Kanton Zug macht viel zur Stärkung des psychischen Wohlbefindens. Aber wir sind noch nicht an einem Punkt, an dem wir ideal auf solche Notlagen reagieren können.»

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