Luzern: Überraschungen vor den Stadtratswahlen

SP ebnet Weg für Bitzi Staub – nicht ganz freiwillig

Schon bald im Stadthaus? CVP-Stadtratskandidatin Franziska Bitzi Staub muss zumindest von der SP keine Konkurrenz fürchten. (Bildmontage: jal)

Wird Franziska Bitzi Staub die neue Stadträtin? Die Chancen der CVP-Frau stehen zumindest sehr gut. Denn die SP wird voraussichtlich keinen Gegenkandidaten stellen – besser gesagt: Sie kann nicht. Ob die SVP antritt, ist hingegen noch offen. Eine stille Wahl wird es aber so oder so nicht geben – wegen einem «Wiederholungstäter».

Die städtische SP hat bei den Wahlen im Frühling einen ordentlichen Sieg gefeiert – und stellt mit Beat Züsli nun erstmals den Luzerner Stadtpräsidenten. Im November hätte sie womöglich erneut jubeln können, denn mit dem Rücktritt von Stefan Roth (CVP) ist ein Stadtratssitz frei geworden. Doch die SP gibt Forfait.

Die Genossen werden CVP-Stadtratskandidatin Franziska Bitzi Staub nicht angreifen, obwohl Parteipräsident Claudio Soldati die CVP-Kandidatin als «knallharte Finanzpolitikerin» betitelte, was nicht als Lob gemeint war. Dass die SP dennoch auf eine Kandidatur verzichtet, geschieht allerdings nicht freiwillig.

Denn der Grund dafür ist nicht politischer Natur, sondern schlicht fehlendes Personal. «Es hat sich kein Parteimitglied für eine Kandidatur beworben», sagt SP-Präsident Claudio Soldati. Die SP hat intern eine Bewerbungsfrist bis am Montagmittag angesetzt. Bereits am Freitag sagten Kantonsrätin Ylfete Fanaj und Grossstadtrat Daniel Furrer ab (zentralplus berichtete).

«Wir gehen davon aus, dass die SP nicht antreten wird.»

Claudio Soldati, SP-Präsident

Nun ist auch die Dritte, die im Vorfeld Interesse bekundete, wieder abgesprungen: Judith Dörflinger Muff stehe nicht zur Verfügung, sagt Claudio Soldati und zieht daraus den Schluss: «Wir gehen davon aus, dass die SP nicht antreten wird.» Theoretisch könnte sich an der Parteiversammlung diesen Mittwoch spontan noch jemand melden, aber das ist laut Soldati sehr unwahrscheinlich.

Keine SP-Empfehlung für Bitzi Staub

Soldati bedauert, dass die SP-Mitglieder nun keine Möglichkeit hätten, eine Kandidatur zu beschliessen. Er selber hat bereits deutlich gemacht, dass Franziska Bitzi Staub in seinen Augen «rechter» sei als der abgetretene Stefan Roth. Trotzdem zeigt er Verständnis für die Absagen innerhalb seiner Partei. «Wenn sich jemand zur Verfügung stellt, muss er oder sie mit Haut und Haaren dahinterstehen.»

Hat die Nomination von CVP-Kronfavoritin Franziska Bitzi Staub die möglichen SP-Kandidaten abgeschreckt? «Neben den privaten, beruflichen und familiären Umständen ist es auch immer ein Aspekt, gegen wen man antreten würde», sagt Soldati. «Ob es der Massgebliche war, kann ich aber nicht beurteilen.»

«Ich sehe keinen Grund, wieso wir eine bürgerliche Kandidatur unterstützen sollten.»

Claudio Soldati, SP-Präsident

Am Mittwoch stellt sich CVP-Kandidatin Franziska Bitzi Staub den Fragen der SP-Versammlung. Ob sie mit guten Argumenten auftrumpft oder nicht: Die SP-Geschäftsleitung wird sich nicht für die Juristin aussprechen. Traditionellerweise unterstütze die SP rot-grüne Kandidaten, sagt Soldati. «Ich sehe keinen Grund, wieso wir davon abweichen und eine bürgerliche Kandidatur unterstützen sollten.» Die SP werde vermutlich keine Wahlempfehlung abgeben.

SVP: Chancen für Kandidatur erhöht

Der Rückzug der SP macht den Weg frei für die SVP. Sie muss sich nun nicht mehr darum sorgen, mit einer eigenen Kandidatur die bürgerlichen Stimmen zwischen CVP und SVP zu zersplittern – und der SP so ungewollt zu einem Sitz zu verhelfen.

«Ein Teil der Partei will, dass wir antreten, ein anderer Teil will nicht.»

Peter With, SVP-Präsident

Was eine mögliche Kandidatur angeht, hält sich Parteipräsident Peter With aber noch bedeckt. «Ein Teil der Partei will, dass wir antreten, ein anderer Teil will nicht», sagt er und verweist auf die bevorstehende Mitgliederversammlung diesen Freitag. «Ich persönlich habe noch keine Präferenz und bin offen für beide Lösungen.»

Noch eine Woche Zeit für Wahlvorschläge

Am 27. November wird der Nachfolger oder die Nachfolgerin des zurückgetretenen CVP-Stadtrats Stefan Roth gewählt – sofern jemand gegen die offizielle CVP-Kandidatin Franziska Bitzi Staub (43) antritt. Kandidaten müssen bis am Montag, 26. September, bei der Stadtkanzlei gemeldet werden.

Damit der Wahlvorschlag gültig ist, muss er von zehn Stadtluzerner Stimmberechtigten unterzeichnet werden. Zudem muss der Kandidat oder die Kandidatin schriftlich erklären, dass er die Wahl annehmen würde. So wird verhindert, dass jemand ohne sein Wissen als Kandidat gemeldet wird. Falls bis zum 26. September nur Franziska Bitzi Staub bei der Stadtkanzlei vorgeschlagen wird, kommt es zu stillen Wahlen: Dann würde die 43-jährige Juristin als gewählt gelten.

Dass die neue Ausgangslage die Chance auf eine SVP-Kandidatur erhöht, sei möglich, sagt With – ohne sich weiter auf die Äste rauszulassen. Die Parteileitung werde am Mittwoch zusammenkommen und die Strategie diskutieren. Bei der SVP prüfen Parteipräsident Peter With, Urs Zimmermann und Thomas Schärli eine Kandidatur – Letzterer hat damit bereits für Furore gesorgt (hier geht’s zum Artikel).

FDP macht Entscheid von SVP-Kandidat abhängig

Für die SVP stellt sich indes die Frage, ob eine erneute Kandidatur ihr nützt – oder nicht erneut zu einer Blamage führt. Denn ihre Aussichten auf Erfolg sind in der Stadt Luzern nicht gerade riesig. Peter With ist bereits im Frühling angetreten und blieb trotz des bürgerlichen Schulterschlusses und des Supports des Wirtschaftsverbandes weit hinter den Gewählten zurück. Dass die Chancen der deutlich weniger bekannten Schärli und Zimmermann höher sind, dürfte bezweifelt werden. Und auch, ob sie über die eigene Partei hinaus Unterstützung erhielten.

«Es müsste sicher jemand sein, der das Format für dieses Amt mitbringt.»

Fabian Reinhard, FDP-Präsident

Als einzige grössere Partei käme hier wohl die FDP infrage. Und die macht ihre Unterstützung stark von der Person abhängig, die aufgestellt wird. «Es müsste sicher jemand sein, der das Format für dieses Amt mitbringt», sagt FDP-Präsident Fabian Reinhard.

Erfüllt der junge Littauer Thomas Schärli, der die vier CVP-Kandidatinnen pauschal als zu links abtat, dieses Kriterium? «Das wäre wahrscheinlich eher schwierig», sagt Reinhard diplomatisch und verweist auf die fehlende Ausbildung und Berufserfahrung. Auch SVP-Grossstadtrat Urs Zimmermann kann laut Reinhard bezüglich der Erfahrung und dem Auftreten nicht mit Franziska Bitzi Staub mithalten. Reinhard hält aber fest: «Wir werden ein Hearing mit allen nominierten Kandidaten durchführen und anschliessend entscheiden, wen wir zur Wahl empfehlen.»

Schweizer will es nochmals wissen

Ob die SVP antritt oder nicht: Zu einer stillen Wahl wird es wohl trotzdem nicht kommen. Der parteilose Rudolf Schweizer kündigt auf Anfrage von zentralplus an, erneut für den Stadtrat antreten zu wollen. Schweizer kandidierte bereits für diverse politische Ämter, zuletzt im Frühling für die Stadtregierung: Er blieb mit 560 Stimmen im ersten Wahlgang und knapp 1800 Stimmen im zweiten Durchgang – wie bei all seinen Kandidaturen – chancenlos.

Das entmutigt den Carrosseriespengler jedoch nicht. «Egal wie viele Stimmen ich in der Vergangenheit holte: Nur durch eine Kandidatur habe ich die Möglichkeit, meine Stimme zu erheben.» Und starkmachen will sich der 53-Jährige für alle, die sich keiner Partei zugehörig fühlen, für das Gewerbe, für die, die seiner Ansicht nach ausgegrenzt werden.

Dass der Quereinsteiger damit womöglich eine stille Wahl verhindert und bei der Stadt für zusätzliche Kosten von mehreren Zehntausend Franken sorgt, beschäftigt ihn nicht. Legitim ist sein Vorgehen in einer Demokratie allemal. Die Frage, ob solch aussichtslose Wahlgänge auch sinnvoll sind, stellt sich indes nicht zum ersten Mal.

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