Sparprojekt lässt Federn – bei den Mehreinnahmen

So schnell ist die Zuger Steuererhöhung wieder vom Tisch

Gegen Sparpolitik: Junge Alternative übergeben dem Zuger Kantonsratspräsident Daniel Thomas Burch (FDP) einen Protestbrief und einen «Sparhammer».

(Bild: mam)

Da waren es nur noch 92 statt 144 Millionen Franken: Die Sparmassnahmen im Rahmen des Projekts «Finanzen 2019» erfahren erhebliche Einschnitte. Zusätzliche Steuern scheinen nicht mehr gefragt, und die politische Mitte entzieht hier selbst einer temporären Erhöhung die Unterstützung. Die Linke fordert nun den Abbruch des dritten Sparprojekts. 

Nichts da mit Steuererhöhung: Glaubte man bis vor kurzem, nach 40 Jahren der Senkungen könnte im Kanton Zug eine moderate Erhöhung nötig werden, bläst die Regierung nun zum Rückzug. «Die Situation hat sich in der Zeit, in der wir am Sparprogramm arbeiten, deutlich positiv verändert», sagt Finanzdirektor Heinz Tännler dazu. «Die Zeit hat für uns gearbeitet». Und dementiert nicht, dass die Rechnung des letzten Jahres deutlich positiver ausfallen wird als budgetiert. Die Finanzen des Kantons Zug scheinen also ähnlich volatil zu sein wie der Kurs des hier heimischen Bitcoin.

So wird im «Sparpaket 2019» die Einführung eines zusätzlichen Einkommenssteuertarifs für natürliche Personen gestrichen (zentralplus berichtete). Es sollte eine neue oberste Tarifstufe für besonders Gutverdienende eingeführt werden. Insgesamt 18 Millionen Franken hätte man so zusätzlich einnehmen wollen. Auch von einer generellen Steuererhöhung will man nun absehen. Der kantonale Steuerfuss soll zwar weiterhin von 82 auf 86 Prozent angehoben werden, neu aber nur noch auf zwei Jahre befristet.

Bürgerliche gegen befristete Steuererhöhung

Rund 50 Millionen Franken müssten die Mehreinnahmen betragen, soll der Sparverzicht kompensiert werden können. Hinzu käme eine für Zug wohl positive Ausgestaltung des Nationalen Finanzausgleichs (NFA) sowie der Steuervorlage 17. Zusammen mit den verbleibenden Sparmassnahmen, die noch 92 Millionen Franken einbringen dürften, soll das strukturelle Defizit des Kantons so der Vergangenheit angehören. Vorausgesetzt, die CVP bleibt bei ihrer Unterstützung, was bezweifelt werden kann.

«Das strukturelle Defizit darf einfach nicht auf Kosten von Nicht-Reichen ins Lot gebracht werden.»

Barbara Gysel, Präsidentin SP Kanton Zug

Denn was die befristete Steuererhöhung anbelangt, äussert sich Fraktionschef Thomas Meierhans ablehnend: «Momentan ist eine Steuererhöhung nicht zwingend notwendig, da sich die wirtschaftliche Situation inzwischen wieder verbessert hat und entsprechend mehr Steuereinnahmen generiert werden können.» Und auch die SVP kündigt an, dass sie sich «mit aller Kraft» wehren wird. Barbara Gysel, Präsidentin der SP Kanton Zug, äussert sich hingegen verhalten befürwortend dazu. «Aus unserer Sicht ist es immerhin ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch längst nicht hinreichend. Das strukturelle Defizit darf einfach nicht auf Kosten von Nicht-Reichen ins Lot gebracht werden.»

Doch wie sieht es bei den anderen Massnahmen aus? Ursprünglich waren im dritten Zuger Sparpaket dieses Jahrtausends total 385 Massnahmen geplant, deren neun fallen nach der Vernehmlassung weg. Und damit auch 52,2 Millionen Franken. Der Kantonsrat darf noch über solche von 42 Millionen Franken befinden, weitere Sparvorhaben von 50 Millionen Franken entscheidet die Regierung in Eigenregie. 

ALG fordert gar Abbruch des Sparprojekts

Für die Linke fallen die Sparbemühungen einmal mehr einseitig zulasten der weniger Vermögenden aus. Dabei wirft sie der Regierung vor, den Volksentscheid gegen das 2016 abgelehnte Sparpaket zu wenig ernst zu nehmen. Ins Visier nimmt ALG-Fraktionschef Anastas Odermatt dabei Einsparungen im Sozialbereich. Er fordert wie Parteikollege Andreas Lustenberger nun einen Abbruch des Projektes. Lustenberger dazu: «Das Projekt zu beerdigen würde Grösse der Regierung zeigen. Mit dem Sparpaket wurde ein Schnellschuss getätigt, den es nun zu korrigieren gilt.»

«Wir haben ein sehr ausgewogenes Paket geschnürt, das sozial verträglich ist»

Heinz Tännler, Finanzdirektor Kanton Zug

Grundsätzlich sei laut Lustenberger bestätigt worden, was sie bereits seit längerer Zeit sagen: «Sparen wird inzwischen als politisches Programm benutzt und scheint momentan keine Notwendigkeit mehr zu sein.» Der Steuerfuss müsse bei juristischen Personen erhöht werden, konkret bei den grossen Holdinggesellschaften.

«Wir fühlen uns mit dem vorliegenden Vorschlag überhaupt nicht unwohl», entgegnet Tännler, «ganz im Gegenteil. Wir haben ein sehr ausgewogenes Paket geschnürt, das sozial verträglich ist». 

Hat Tännler resigniert?

Dennoch fällt bei der überarbeiteten Vorlage auf, dass beim Verzicht auf Steuererhöhungen die Forderungen der bürgerlichen Parteien fast integral übernommen wurden. Dabei wollte der Finanzdirektor die vorgesehenen Steuererhöhungen noch vor wenigen Wochen gegen alle Widerstände verteidigen.

«Die Unterrichtsqualität sinkt durch ein bis zwei Schüler mehr nicht.»

Thomas Meierhans, Fraktionschef CVP Kanton Zug

Hat er nach dem geballten bürgerlichen Widerstand also resigniert? «Man hat uns immer vorgeworfen, die Ergebnisse der Vernehmlassung nicht ernst zu nehmen. Nun machen wir das Gegenteil, und es scheint in Frage gestellt zu werden», sagt Heinz Tännler. Und verweist darauf, dass mit der auf zwei Jahre befristeten Erhöhung des kantonalen Steuerfusses um vier Prozent insgesamt 64 Millionen Franken Mehreinnahmen vorgesehen sind. «Man darf nicht vergessen, dass von einer generellen Tarifanpassung auch der Mittelstand betroffen wäre, sagt Tännler. «Kommt noch hinzu, dass mit der Einführung einer Mindeststeuer für juristische Personen rund fünf Millionen zusätzlicher Fiskalertrag generiert wird».

Die Kanti-Schulklassen werden grösser

Zu reden geben dürften die Klassengrössen. Die Massnahme der Erhöhung der Klassen- und Kursgrössen an den kantonalen Mittelschulen bleibt Teil des Sparpakets. Dies kommt bei Andreas Lustenberger alles andere als gut an: «Es kann nicht sein, dass konstant bei den öffentlichen Schulen gespart wird. Die Bildungsqualität leidet darunter, was wiederum negative längerfristige Auswirkungen hat.»

Anders sieht dies Heinz Tännler: Ob man sich Ende auf Klassen mit 19 oder 20 Schülern einigt, sei ein politischer Entscheid. Immerhin sei der Kanton Zug jener mit den kleinsten Klassengrössen. Ähnlich klingt es bei der CVP, die der Massnahme zugestimmt hat: «Die Unterrichtsqualität sinkt durch ein bis zwei Schüler mehr nicht», sagt Thomas Meierhans dazu. Vor allem bei Kantonsschülern, die wissen sollten, weshalb sie im Unterricht sitzen, stelle dies kein Problem dar.

«Es wird mit ungleichen Ellen gemessen»

Zu Diskussionen führte in den letzten Wochen auch die geplante Streichung des Beitrages an Privatschulen, was immerhin 1,4 Millionen Franken ausgemacht hätte. Dass die Schulen nun doch weiterhin finanziell unterstützt werden sollen, erklärt Tännler damit, dass man die Unterstützung schon beim letzten Sparpaket halbierte. «Bei einer neuerlichen Reduktion ist zu befürchten, dass ein vermehrter Wechsel in die öffentlichen Schulen stattfände, was zu zusätzlichen Kosten führen würde. Und damit wäre der Spareffekt relativiert», sagt der Zuger Finanzdirektor.

Thomas Meierhans betont in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit von Privatschulen. «Sie sind ein zentraler Teil unseres Bildungssystems», sagt er. Man denke bei Privatschulen jeweils sofort an teure Schulen für Kinder aus reichem Haus. «Doch dem ist nicht immer so.» Es gehe beispielsweise auch um Schulen für Kinder mit Lernschwierigkeiten.

Direkte und indirekte Privilegien

Barbara Gysel widerspricht dieser Einschätzung. «Wir haben das Prinzip der öffentlichen Schulen. International Schools hingegen werden nicht per se in Frage gestellt, es wäre nur überfällig, die mehrfachen direkten und indirekten Privilegien mittels Steuergeldern abzuschaffen. Da wird im Vergleich zu anderen Institutionen mit ungleichen Ellen gemessen.»

Entsprechend sehe sie nicht ein, weshalb Privatschulen weiterhin zusätzliche Fördergelder vom Kanton erhalten sollten. Laut Andreas Lustenberger gebe es vielmehr bei staatlichen Schulen weiterhin Nachholbedarf. Stichwörter dabei seien der Mittagstisch oder die Frühbetreuung.

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