So reagiert Zug auf die Kandidatur von Martin Pfister
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Der Zuger Gesundheitsdirektor Martin Pfister kandidiert für den Bundesrat – und überrascht damit die Schweiz. Das sagen Zuger Politkollegen über seine Kandidatur und seine Fähigkeiten.
Zug ist der Landesregierung wieder so nah wie lange nicht: Martin Pfister (Mitte) will die abtretende Viola Amherd im Bundesrat beerben (zentralplus berichtete). Bis zum offiziellen Eingabeschluss am Montagmittag meldete sich neben Pfister nur der Präsident des Bauernverbands, Markus Ritter. Dass der Zuger am 21. Februar als offizieller Kandidat auf dem Ticket der Mitte-Fraktion landet, dürfte also reine Formsache sein. Letztmals so nah an einem Bundesratssitz war Zug 2015, als Thomas Aeschi (SVP) als einer von drei offiziellen Kandidaten ins Rennen um die Nachfolge von Eveline Widmer-Schlumpf stieg.
Mit seiner Kandidatur hat Pfister die Schweiz überrascht – national gesehen ist er ein Unbekannter. Entsprechend schnellten die Google-Suchen zu seiner Person am Montag um 1000 Prozent hoch. In seinem Heimatkanton hat Pfister mit dem Entscheid ebenfalls für Aufsehen gesorgt, etwa beim ALG-Co-Präsidenten Luzian Franzini, wie er auf Anfrage sagt.
Auch der Zuger FDP-Ständerat Matthias Michel schreibt auf Anfrage: «Sie hat mich insofern überrascht, als man als Nicht-Bundesparlamentarier und insbesondere gegen einen Markus Ritter als Aussenseiter mit entsprechendem Risiko antreten muss. Aber gerade diesen Mut bringt Martin Pfister auf.»
«Korrekt», «eckt nicht an», «überlegt»
Philip C. Brunner, Präsident der SVP-Fraktion im Zuger Kantonsrat, war vor allem über den späten Zeitpunkt erstaunt. «Ich war überrascht, dass er wirklich fünf vor zwölf noch antritt. Damit habe ich nicht mehr gerechnet.» Als Regierungsrat und Gesundheitsdirektor leiste er im Kanton Zug gute Arbeit. Zudem habe er die «ganze Ochsentour» vom Kantonsrat bis Regierungsrat hinter sich, da sei Bundesrat der Höhepunkt einer solchen politischen Karriere. Pfister sei jemand, der es mit allen gut wolle. «Er ist kein Streithahn, fährt nicht rein, ist bedächtig und überlegt, prüft zuerst alles, macht es dann erfolgreich und zieht es durch.»
Seiner Meinung nach spreche nicht viel gegen Pfister – er sehe seine Chancen aber realistisch, da der Baarer auf nationaler Ebene ein Aussenseiter sei. «Selbstverständlich drücke ich ihm als Zuger die Daumen. Aber als Realist denke ich nicht, dass er hier durchmarschiert, ausser es passiert noch etwas Unerwartetes vor den Bundesratswahlen.»
Für SP-Co-Chef Zari Dzaferi kann es gut möglich sein, dass Pfister am Ende gar gewählt werde. «Ich erlebe Martin Pfister als korrekten Menschen. Auch eckt er nicht sonderlich an.» Zudem habe die Vergangenheit gezeigt, dass eher Leute in den Bundesrat gewählt werden, die nicht zuoberst auf der Liste der Partei standen. Dabei schwingt beim Baarer Gemeinderat wohl eine Prise Hoffnung mit. Er kündigt bereits an: «Wir würden sicherlich ein grosses Fest organisieren.»
Brückenbauer bei Konflikten mit Kantonen
Auch Pfisters ehemaliger Regierungsratskollege und FDP-Ständerat Matthias Michel windet dem Zuger Gesundheitsdirektor ein Kränzchen: «Er ist kein medialer Draufgänger und gerade deshalb glaubwürdig.» Zudem falle er durchaus auch mit mutigen Entscheiden auf, etwa damit, die Andreasklinik in Cham in der Grundversorgung von der Spitalliste zu streichen. Dafür wurde Pfister lange und öffentlich kritisiert, trotzdem liess er nicht von seinen Plänen ab (zentralplus berichtete).
Gemäss Michel wäre ein Regierungsrat «mit dem Format Martin Pfisters» gerade angesichts der kommenden Konflikte zwischen Bund und Kantonen, etwa bei den Finanzen oder der Aufgabenverteilung, angezeigt. «Er versteht die Kantone und könnte die notwendigen Brücken bauen. Seine kollegiale und integrative Art wäre in einem Bundesrat zunehmend wichtig.»
ALG-Nationalrätin Manuela Weichelt betont auf Anfrage zudem, dass sich Zug die europäische Zusammenarbeit gewohnt sei, die auch in Bern immer mehr in den Fokus rückt.
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Pfister wäre nicht der erste Bundesrat ohne Bundeserfahrung
Weniger überrascht wurde hingegen GLP-Präsidentin Tabea Estermann, wie sie auf Anfrage sagt. Während andere absagten, habe Pfister abgewartet. Melde sich niemand, melde sich er. «Martin Pfister ist eine sehr korrekte Person, er würde niemandem vor die Sonne treten oder sich hervordrängen», so Estermann. Ihrer Meinung nach wäre er ein «hervorragender Kandidat». Als Teil der erweiterten Staatswirtschaftskommission prüfe sie jeweils die Geschäftsführung der Gesundheitsdirektion – diese leite Pfister vorbildlich.
Gegen ihn spreche hingegen, dass er noch nie im National- oder Ständerat war und dadurch wenig Erfahrung mit den Bundesmechanismen habe. Auch kenne er wenig Parlamentarier in Bundesbern, gibt Estermann zu bedenken. Und diese sind dafür bekannt, eher Kandidaten aus ihren Reihen zu wählen. Gänzlich unmöglich ist eine Wahl als amtierender Regierungsrat in die Landesregierung jedoch nicht: 2007 wurde mit Eveline Widmer-Schlumpf eine Bündner Regierungsrätin statt SVP-Doyen Christoph Blocher in den Bundesrat gewählt. Auch die Sozialdemokratin Micheline Calmy-Rey war vor ihrer Wahl zur Bundesrätin 2002 «nur» Genfer Staatsrätin. Trotzdem: Oft kommt das nicht vor.
Profitiert Pfister von Protestwählern?
Trotzdem glaubt die GLP-Chefin nicht, dass er ein Alibikandidat sei. Als Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz habe er eine wichtige, überregionale Funktion inne. Klar sei er «für den Otto-Normal-Bürger ein No-Name». Aber von Elisabeth Baume-Schneider (SP) habe man vorher auch kaum etwas gehört, bevor sie gewählt worden sei.
Und: Während Ritter eher ein Exzentriker sei, sei Martin Pfister der «Prototyp eines Mitte-Politikers», so Estermann. Überlegt, ruhig und konsensorientiert – sie könne sich daher vorstellen, dass Parlamentarier aus Protest vor einer Bauernmehrheit den Zuger wählen. Auch, dass er als Gesundheitspolitiker voraussichtlich das VBS übernehmen müsste, sieht sie als keine grosse Hürde. «Bei einem Mittagessen hat er mir mal verraten, dass er zufällig in die Gesundheitspolitik gerutscht ist und sich vorstellen könnte, etwas anderes zu machen.»
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Die Zuger FDP äussert sich in einer Mitteilung mit einem Seitenhieb zur Kandidatur: «Mit Besorgnis nehmen wir zur Kenntnis, dass die Mitte-Partei auf nationaler Ebene nur über eine dünne Personaldecke für oberste Führungsaufgaben in unserem Land verfügt.» Und weiter: «Man muss es dem Zuger Martin Pfister hoch anrechnen, dass er in dieser Situation in die Lücke springt.» Für die Partei wäre es wieder an der Zeit, dass die Zentralschweiz in der Landesregierung vertreten wäre. Sie wünsche Martin Pfister daher gutes Gelingen.
Würde Martin Pfister Bundesrat, kämen Blitzwahlen auf Zug zu
Zusammengefasst lässt sich sagen: Zug freut sich, anerkennt Pfisters Profil als Staatsmann – sieht jedoch auch den gewichtigen Nachteil, dass Pfister gegen den in Bern etablierten Markus Ritter antritt. Sollte sich Pfister dennoch gegen den klaren Favoriten durchsetzen, ist Zug gefordert. Die Wahl ist auf den 12. März angesetzt. Da Viola Amherd bereits per Ende März abtritt, würde Pfister wohl bereits zwei Wochen nach der Wahl als Bundesrat antreten müssen. Sprich: Innert zwei Wochen müsste er wohl als Regierungsrat zurücktreten.
Der Zuger Landschreiber Tobias Moser hat diese Möglichkeit bereits durchgespielt, wie er am Telefon sagt. Rein rechtlich sei Zug auf den Wechsel eines Regierungsrats in das Bundesparlament vorbereitet. Der Gewählte darf bis zur Ersatzwahl Regierungsrat bleiben, muss danach aber zurücktreten. Letztmals war das beim heutigen Mitte-Ständerat Peter Hegglin der Fall. Das gelte bei der Wahl in den Bundesrat jedoch nicht, so Moser. Sprich: Ab 1. April müsste ein Stellvertreter die Geschäfte Pfisters übernehmen, in diesem Fall der Direktor des Inneren, Andreas Hostettler (FDP).
Eine Ersatzwahl benötige mindestens zwölf Wochen Vorlaufzeit, so Moser weiter. «Die Parteien und ihre Kandidierenden sind natürlich gefordert. Zwölf Wochen sind bereits sehr knapp.» Will Zug einen allfälligen Bundesrat Pfister schnellstmöglich ersetzen, würden Mitte Juni Wahlen anstehen. Und treten mehr als zwei Kandidaten an, könnte auch ein zweiter Wahlgang nötig sein. Dieser würde acht Wochen danach stattfinden.
Zug müsste bei einem Bundesrat Martin Pfister also eine Weile auf einen Regierungsrat verzichten – aber für die erste Zuger Vertretung in über 40 Jahren würde der Kanton das wohl hinnehmen.
- Google-Trends der Schweiz vom 3. Februar
- Telefonat mit Tobias Moser, Zuger Landschreiber
- Medienkonferenz der Mitte zu den eingegangenen Kandidaturen für den Bundesrat
- Telefonat mit Tabea Estermann, GLP-Präsidentin Zug
- Telefonat mit Philip C. Brunner, SVP-Fraktionschef
- Schriftlicher Austausch mit Luzian Franzini, ALG-Co-Präsident
- Schriftlicher Austausch mit Matthias Michel, Zuger FDP-Ständerat
- Artikel «Blick»
- Schriftlicher Austausch mit Zari Dzaferi, SP-Co-Chef und Baarer Gemeinderat
- Schriftlicher Austausch mit Manuela Weichelt, ALG-Nationalrätin
- Medienmitteilung der FDP Zug
- Medienarchiv zentralplus