Am 4. März wird abgestimmt über Verkauf des Areals

So marode sieht das alte Bahnhöfli in Oberägeri aus

Verbrettert und verrammelt: Das alte Bahnhöfli in Oberägeri, das 1894 gebaut wurde.

(Bild: woz)

Einst stiegen hier Passagiere ein, die vom Ägerital nach Zug mit dem Tram fuhren. Inzwischen steht das historische Stationsgebäude seit Jahren leer und befindet sich in baufälligem Zustand, wie bei einem Rundgang zu erkennen ist. Möglicherweise wird es unter Denkmalschutz gestellt – erst mal soll darüber entschieden werden, ob das Gebäude verkauft wird.

Verbrettert und vernagelt: Dieser wenig schöne Anblick bietet sich einem, wenn man vor dem alten Bahnhöfli in Oberägeri steht. Schon lange wohnt niemand mehr in dem historischen Haus an der Morgartenstrasse, das 1894 erbaut wurde. Weil es niemand renovieren wollte, und weil die Gemeinde Oberägeri es am liebsten abreissen möchte.

Nur vier Oberägerer für Erhalt des Bahnhöflis

Bei der Konsultativabstimmung, die von der IG «Dorfkern Oberägeri – (k)ein Ballenberg: Denkmalschutz mit Mass» angestossen wurde, haben sich bekanntlich nur vier Personen für den Erhalt der historischen Immobilie ausgesprochen.

Eigentlich topmodern: Der mintgrüne Treppenaufgang.

Eigentlich topmodern: Der mintgrüne Treppenaufgang.

(Bild: woz)

Aber auch sonst ist Oberägeri kein besonders denkmalschützerisches Reservat – der Neubau von Immobilien und deren profitable Nutzung stehen im Vordergrund. Dabei ist Oberägeri so ein schönes Dorf.

Entscheid des Verwaltungsgerichts steht noch aus

Was konkret das alte Bahnhöfli betrifft, läuft derzeit noch ein Verfahren zwischen der Gemeinde Oberägeri und dem Zuger Amt für Denkmalpflege. Dieses lehnte den Wunsch der Gemeinde ab, das alte Banhöfli aus dem Inventar zu nehmen, um ungehinderter auf dem Areal an der Morgartenstrasse planen zu können. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob das Bahnhöfli nun unter Schutz gestellt wird oder nicht, wird für Mitte bis Ende des Jahres erwartet.

Am 4. März wird bekanntlich über den Verkauf der Liegenschaft und des Areals abgestimmt – ein Investor steht schon parat. 2011 hat die Einwohnergemeinde vom Kanton für ihr Finanzvermögen das Grundstück «Altes Bahnhöfli» mit einer Fläche von 1’329 Quadratmetern für 1’020’609 Franken erworben (siehe Box).

Gemeindepräsident Pius Meier in der alten Küche des Bahnhöflis.

Gemeindepräsident Pius Meier in der alten Küche des Bahnhöflis.

(Bild: woz)

Dabei wäre es sehr schade, wenn das Gebäude nicht renoviert beziehungsweise in denkmalschützerischem Duktus entsprechend saniert, sondern abgerissen werden würde. Denn obwohl es sich in bemitleidenswertem Zustand befindet – der Charme der historischen Immobilie ist überall zu spüren.

Kleiner Erker im ersten Stock

Die mit Holzschindeln bedeckte Fassade des Bahnhöflis atmet noch die ursprüngliche Architektur von Dorfhäusern, die um die Jahrhundertwende gebaut wurden. Am Erker im ersten Stock, der auf die Morgartenstrasse hinausgeht, sind noch schöne Schnitzereien im Stil des Bauernbarock angebracht.

Betritt man das Bahnhöfli selbst, das ja von 1913 bis 1955 als Station für das Bähnli zwischen Zug und dem Ägerital diente, weht einem weiter viel Historie entgegen.

Vergessenes Relikt am Fenster.

Vergessenes Relikt am Fenster.

(Bild: woz)

Die Treppenaufgänge sind noch mit Holz furniert und in einem atemberaubend modernen Mintgrün gestrichen. Im ersten Stock, über dem Hochparterre, sieht man eindrücklich, wie die Menschen dort damals recht stilvoll gelebt haben.

Vertäfelungen und hässliche Spülen

Mehrere Zimmer sind mit Kirschholz geschmackvoll getäfelt. In einem Raum ist eine zarte Blumentapete mit romantischen Röschen als Motiv zu sehen. In der Küche steht ein alter Holzofen mit Herd, der nicht mehr zu gebrauchen ist.

Funktionales Küchenmöbel.

Funktionales Küchenmöbel.

(Bild: woz)

Die Einbaumöbel aus Holz von anno dazumal unterstreichen indes, wie viel Wohnkultur auch damals schon zu haben war. Eine hässliche Spüle neueren Datums zeigt dagegen, wie sich die Mieter beholfen haben, um darin überhaupt leben zu können.

«Wir müssen erst mal das neue Hallenbad stemmen, das im September dieses Jahres eröffnet wird.»

Pius Meier, Gemeindepräsident Oberägeri

Im Gang ist ein Hundefressnapf vergessen worden, der auf dem Boden steht. Die Böden sind teilweise mit Linoleum und Teppich bedeckt. Es ist überall sehr kalt, weil das Haus nicht isoliert ist und nicht beheizt wird.

Geräumiger Estrich

Da müsste man viel baulich verändern, um das Gebäude zu erhalten. Auf dem jetzt stockdunklen und leeren Estrich könnte man nach einer Sanierung durchaus eine kleine Wohnung einrichten.

Aber würde es Gemeindepräsident Pius Meier nicht auch stolz machen, wenn das alte Bahnhöfli vielleicht wieder in altem Glanz erstrahlen würde? Und wäre es nicht eine Idee gewesen, das alte Bahnhöfli als Heimatmuseum zu nutzen? Um den Morgarten-Mythos zu pflegen. Um die Oberägerer Orts- und Verkehrsgeschichte aufleben zu lassen.

Auf dem Estrich hätte es viel Platz für eine kleine Wohnung.

Auf dem Estrich hätte es viel Platz für eine kleine Wohnung.

(Bild: woz)

«Mjahhh!», entgegnet Meier. Und bekennt, dass es ihm lieber wäre, wenn man andere historische Gebäude in Oberägeri entsprechend sanieren könnte.

«So ein Museum würde laufende Kosten generieren.»

Pius Meier

Von einem neuen Museum hält er nicht viel – schon aus finanziellen Gründen. «So ein Museum würde laufende Kosten generieren, und wir müssen erst mal das neue Hallenbad stemmen, das im September dieses Jahres eröffnet wird», gibt er zu bedenken. Ausserdem gebe es im Sattel schon ein Museum. «Da würde man sich ja dann dauernd konkurrenzieren.»

Verwelkt und doch repräsentativ: der stilvolle Schrank im Flur.

Verwelkt und doch repräsentativ: der stilvolle Schrank im Flur.

(Bild: woz)

 

22 neue Arbeitsplätze würden nach Oberägeri kommen

Bei der Abstimmung am 4. März sollen die Einwohner von Oberägeri entscheiden, ob das «Bahnhöfli» samt umliegendem Areal verkauft wird.

Der Gemeinderat hat beantragt, dem Verkauf der Liegenschaft an der Morgartenstrasse an die SCT Steel Construction Technology AG in Unterägeri zuzustimmen – zum Preis von 2’350’000 Franken mit Unterschutzstellung des historischen Gebäudes. Beziehungsweise zum Preis von 3’870’000 Franken – ohne Unterschutzstellung.

Käuferin ist im Stahlbau tätig

Die Käuferin ist Teil einer weltweiten Firmengruppe, welche hauptsächlich im Stahlbau tätig ist. Zudem hat die Firma bereits die benachbarte Parzelle neben dem Bahnhöfli erworben und würde gerne ihr Areal erweitern.

Das Unternehmen plant, das Gebäude Altes Bahnhöfli zu sanieren und zusätzlich ein neues Gebäude zu errichten. Beide Gebäude würde sie vor allem selbst nutzen. Es ist vorgesehen, alle Schweizer Gesellschaften der Gruppe neu unter einem Dach in Oberägeri als Holdingsitz zu konzentrieren. Dadurch kämen 22 Arbeitsplätze ins Dorf.

Räume, welche die potenzielle Käuferin nicht selber benötigt, würde sie für gewerbliche und private Nutzung vermieten – unter anderem für Wohnungen für eigene Angestellte. Start-ups sollen dabei nicht nur von vergünstigten Mietzinsen profitieren, sondern auch von verschiedenen Dienstleistungen.

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