Sempacher dient in der Schweizergarde

So lebt ein Luzerner Gardist in der Vatikankaserne

Der Sempacher Luca Krummenacher dient seit etwa zwei Jahren in der Schweizergarde. (Bild: zvg)

In wenigen Wochen entscheiden die Luzernerinnen, ob sie Geld an einen Kasernenneubau spenden wollen. Der Sempacher Gardist Luca Krummenacher beschreibt, wie die Hellebardiere derzeit hausen.

Den meisten Luzernern dürfte inzwischen das Wahlcouvert ins Haus geflattert sein. Neben den nationalen Vorlagen stimmen die Luzernerinnen auch über einen Spendenbeitrag ab (zentralplus berichtete). Für rund 50 Millionen Franken möchte der Vatikan eine neue Kaserne für die Schweizergardisten bauen.

Zur Finanzierung hat sich eigens eine Stiftung gebildet, die bei Schweizer Kantonen um eine Spende gebeten hat. Der Kanton wollte ursprünglich einen Franken pro Einwohner schicken – doch Freidenker, SP, Grüne und die GLP haben dagegen Referendum ergriffen (zentralplus berichtete). Nun entscheiden also die Luzernerinnen, ob der Kanton spendet oder nicht.

Gardisten leben zu zweit oder zu dritt im Zimmer

Doch die meisten kennen die Gardisten lediglich als lustiges Fotosujet der letzten Romreise. Wenige dürften wissen, wie es innerhalb der diskutierten Kaserne aussieht. Deshalb hat die Autorin bei einem Bekannten nachgefragt, der derzeit in der Schweizergarde dient: beim 22-jährigen Luca Krummenacher aus Sempach.

Wie er am Telefon beschreibt, ist die Kaserne grob in drei Bereiche unterteilt. Einer für Offiziere, die jeweils eine eigene Wohnung haben und vorwiegend mit ihrer Familie dort leben. Einen weiteren für Unteroffiziere, die in der Regel ebenfalls Einzelzimmer haben. Und den Bereich der Mannschaft, in dem auch er wohnt.

Hier wohnen sie in der Regel in spartanisch eingerichteten Zweier- oder Dreier-Zimmern: «Bei Bezug des Zimmers gibt es ein Bett, ein bis zwei Schränke, einen Pult und einen Stuhl.»

Zwar können die Gardisten sich je nach Bedarf noch eigene Möbel dazukaufen. «Doch die meisten Zimmer sind sehr klein und bieten dafür keinen Platz.» Auch ein eigenes Badezimmer gibt es nicht. Diese stehen den Gardisten jeweils pro Stockwerk zur Verfügung. Also teilt ein einzelner Hellebardier seine Dusche mit 20 bis 30 anderen Männern, wie Krummenacher vorrechnet.

Privatsphäre? Nicht vorhanden

Das zeigt auch ein Video, in dem er der Autorin kurz sein Zimmer zeigt. Zwar ist das Zimmer nicht gerade der Treppenschrank von Harry Potter. Viel Platz bleibt trotzdem nicht. Nach einem kurzen Eingangsbereich folgt ein Zimmer, das Platz für zwei Schränke, ein Bett und ein Pult bietet.

«Seinen» Teil erreicht Luca Krummenacher über eine Treppe. Also eine Art Zimmer im Stil einer Maisonettewohnung. Die Bereiche sind nicht weiter getrennt, er sieht von seinem Pult aus direkt in den Teil seines Zimmerkameraden. «Du hast praktisch keine Privatsphäre», meint Krummenacher.

Also wie im Militär? Für Krummenacher hinkt der Vergleich. «Im Militär hat man zwar noch weniger Privatsphäre. Doch dies nur für eine begrenzte Zeit.» Die Rekruten und Soldaten können an den Wochenenden jeweils nach Hause. «Aber wir leben effektiv 24/7 hier drin. Und teilen uns Duschen, WC, Waschmaschine … alles.»

Schlaf mitgerechnet, verbringe er gut ein Drittel bis zur Hälfte seiner Zeit in der Kaserne. Er selbst komme inzwischen gut damit klar. «Doch wenn du einen ruhigen Moment für dich brauchst oder ein privates Telefonat führen willst, musst du dafür raus. Und auch da ist eigentlich eine Grossstadt.»

Kaserne kämpft mit Schimmel und Feuchtigkeit

Mit dem Bau einer neuen Kaserne sollte dann jeder Gardist ein Einzelzimmer erhalten. Der Neubau sei jedoch insbesondere wegen des stark sanierungsbedürftigen Zustands des Gebäudes vonnöten. «Vor allem mit der Feuchtigkeit hat die Kaserne Probleme. Quasi das ganze Untergeschoss ist nicht nutzbar, da die Räume undicht und viel zu feucht sind.» Die Folge: Aufenthaltsräume fehlen ganz, Ausbildungsräume stehen nur wenige zur Verfügung. Und einige davon haben Wasserschäden oder Schimmel.

Auch die fehlende Isolation sei ein Problem. «Im Hochsommer muss man hoffen, dass die Klimaanlage nicht aussteigt. Weil wenn draussen gut 40 Grad herrschen, lebst du in einem Ofen.» Mit neuen Fenster sei es jedoch nicht getan. Auch die Mauern seien schlecht isoliert.

«Grundsätzlich geht es irgendwie. Doch ständig muss irgendwas geflickt werden. Wenn man die Probleme aber nachhaltig beheben möchte, kommt man um eine Sanierung nicht herum», so der gelernte Metallbauer.

Eine Einschätzung, die der Vatikan selbst jedoch nicht teilt. Wie Krummenacher erklärt, beurteile der Vatikan den Zustand der Kaserne als okay. Mitunter einer der Gründe, weshalb der Vatikan den Neubau nicht selbst berappt.

Acht Kantone lehnen Spende ab

Eine Anfrage bei der Kasernenstiftung zeigt: Die Spendensammlung ist auf gutem Weg. Die 5 Millionen Franken fürs Provisorium während der Bauphase übernimmt der Vatikan. Von den restlichen 45 Millionen Franken sind mit Spenden und Spendenzusagen rund 37,5 Millionen Franken beisammen. Das Gros der Spenden – rund 28 Millionen Franken – stammen dabei von Privaten, Unternehmen und katholischen Gemeinschaften. Der Bund bezahle 5 Millionen Franken und die Kantone bisher rund 4,5 Millionen Franken.

Doch nicht alle Kantone haben einer Spende zugesagt. Wie Kath.ch schreibt, haben Appenzell Ausserrhoden, Bern, Basel-Stadt und Basel-Land, Thurgau und die Westschweizer Kantone Genf, Neuenburg und Waadt die Spende abgelehnt. Trotzdem ist die Kasernenstiftung optimistisch: «Der Stiftungsrat ist zuversichtlich, das Spendenziel noch in diesem Jahr erreichen zu können», wie die Medienbeauftragte Katia Röthlin schreibt.

Ob noch 400'000 Franken vom Kanton Luzern hinzukommen, wird sich am 25. September entscheiden. Luca Krummenacher wird von der neuen Vatikankaserne jedoch nichts sehen: Per Ende Oktober beendet er seinen Dienst als Gardist.

Wenn du wissen willst, wieso gerade der Kanton Luzern eine besondere Beziehung zur Schweizergarde hat, versuch dich doch an unserem Quiz.

Verwendete Quellen
  • Artikel auf Kath.ch
  • Schriftlicher Austausch mit Katia Röthlin, Medienbeauftragte Kasernenstiftung
  • Schriftlicher Austausch mit Manuel von Däniken, Medienverantwortlicher Schweizergarde
  • Telefonat mit Luca Krummenacher, Schweizergardist
  • Broschüre zum Neubau der Kaserne
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