Die namhaftesten Abgänge im Parlament

Sie prägten den Zuger Kantonsrat – und treten nun ab

Vier politische Schwergewichte verlassen den Zuger Kantonsrat Ende Jahr. (Bild: Andreas Busslinger)

Im Zuger Kantonsrat bringen die Wahlen prominente Abschiede mit sich. Doch manche Gesichter wird man womöglich schon bald wieder auf der politischen Bühne antreffen.

Wahlen sind immer eine Zeit des Aufbruchs. Kandidaten präsentieren sich als Gestalter der Zukunft, ihre Köpfe säumen Strassen und Felder und ihre Slogans füllen Briefkästen und Social-Media-Feeds.

Wahlen sind aber auch immer eine Zeit des Abschieds. Mit dem Ende der Legislatur nehmen jeweils einige Politikerinnen den Hut. Im Kanton Zug, wo am 2. Oktober unter anderem das 80-köpfige Parlament neu bestellt wird, treten 14 amtierende Kantonsräte nicht mehr zur Wahl an. Mehrere Parteien müssen dabei prominente Abgänge verkraften.

SVP verliert langjährigen Fraktionspräsidenten Manuel Brandenberg

Manche werden ihn vermissen, andere vermutlich nicht. Unbestritten ist: Man wird bemerken, dass er weg ist. Manuel Brandenberg ist ein SVP-Politiker, wie er im Buche steht – oder zumindest wie der typische Vertreter der bürgerlichen Partei gern gezeichnet wird: Pointiert, provokant, gewieft.

Ob Maskenpflicht, Reihentests an den Schulen oder Kompetenzen der Regierung: Gerade im Nachgang der Corona-Krise sparte der langjährige Fraktions- und Parteipräsident der SVP nicht mit Kritik am «diktatorischen Regime» der Behörden (zentralplus berichtete). Mit seiner angriffigen Art eckte er öfters an, doch das störte den Rechtsanwalt nie. «Der Kompromiss steht in der Politik für mich am Schluss und nicht am Anfang», sagte er im Zuge seiner Ständeratskandidatur 2015 in einem Interview mit der «Zuger Zeitung».

«Kaum etwas ist so schnelllebig und flüchtig wie politischer Erfolg.»

Manuel Brandenberg, SVP

Zwölf Jahre im Amt seien genug, begründet Brandenberg nun gegenüber zentralpus seinen Rückzug aus der Politik. Der Stadtzuger stand für einen schlanken Staat, tiefe Steuern und konservative Werte ein. Angesprochen auf seine politische Bilanz hält er den Ball indes flach: «Es gab Erfolge und Misserfolge. Kaum etwas ist so schnelllebig und flüchtig wie politischer Erfolg.»

Gleichwohl werde der die politische Arbeit vermissen, sagt Brandenberg. Und zeigt zum Ende seiner Amtszeit, dass man sehr wohl in der Sache knallhart bleiben kann, aber im Umgang versöhnlich. Denn was ihm besonders in Erinnerung bleiben werde, seien «die guten menschlichen Kontakte über alle Parteigrenzen hinweg».

Der Stadtzuger Manuel Brandenberg (SVP) stand für einen schlanken Staat, tiefe Steuern und konservative Werte ein. (Bild: zvg)

Mit Daniel Stadlin tritt ein Aushängeschild der Grünliberalen ab

Bei den Zuger Grünliberalen nimmt einer der Pioniere den Hut. Daniel Stadlin wurde 2010 als einer der ersten Vertreter der GLP sowohl ins Stadt- als auch ins Kantonsparlament gewählt. Nun sei er seit vier Jahren der Älteste im Parlament und seit zwölf Jahren dabei, sagt Stadlin: «Jetzt ist es Zeit, Jüngeren Platz zu machen.»

Als gut ausgebildeter, pragmatischer Politiker mit einem Flair für Zahlen verkörpert Stadlin quasi den Prototypen der Grünliberalen. Als erster in seiner Partei setzte er 2018 auch zum Sprung in die Regierung an, verfehlte die Wahl aber deutlich. Auf seine Karriere rückblickend streicht er interessanterweise zwei Grossprojekte hervor, die beide an der Urne scheiterten: das Entlastungsprogramm 2015–2018 und den Stadttunnel mit Aufwertung der Zuger Innenstadt.

«Jetzt ist es Zeit, Jüngeren Platz zu machen.»

Daniel Stadlin, GLP

Wieso gerade diese? «Der sehr herausfordernde politische Prozess und die damit einhergehende hohe Emotionalität werden mir in bester Erinnerung bleiben», begründet der 67-Jährige. 

Es passt zu Stadlin, der mit seiner ruhigen und rationalen Art nicht zu den Polteris im Parlament gehörte. Und es passt vielleicht auch zu seiner Partei, die sich in Zug zwar inzwischen etabliert hat, aber der es bisher nicht zur Fraktionsstärke reichte. Als wirtschaftsliberale und finanzpolitisch bürgerliche Partei hat sie unter dem Dach der Mitte-Fraktion Platz gefunden. Das habe es den Grünliberalen ermöglicht, in allen Kommissionen ihre Anliegen einzubringen, würdigt Stadlin die positive Seite. Trotzdem hofft er natürlich, dass sich dies am 2. Oktober ändert – und die GLP erstmals die für eine eigene Fraktion nötige Hürde von fünf Sitzen erreicht.

Daniel Stadlin (GLP) gehörte nicht zu den Polteris im Parlament. (Bild: zvg)

Mitte: Monika Barmet, die Chefin in der Coronakrise, tritt ab

Monika Barmet war es, die bei Ausbruch der Corona-Pandemie das Parlament präsidierte und mit der Staatskanzlei innert Kürze eine Covid-taugliche Lösung finden musste. Und das tat sie entschlossen: Zug war der erste Kanton der Zentralschweiz, der den Sitzungsbetrieb nach der Schockstarre im ersten Lockdown 2020 wieder aufnahm.

Barmet war es auch, die dann in der grossen Dreifachturnhalle der Kantonsschule Zug vorne sass und dafür sorgen musste, dass der Kantonsrat auch zwischen Baskelballkörben und Sprossenwand funktioniert. Und dass die Politiker sich im Ton mässigen, wenn die Wogen hochgehen.

«Als höchste Zugerin unterwegs zu sein, war für mich eine grosse und besondere Ehre.»

Monika Barmet, die Mitte

Die zwei Jahre als Kantonsratspräsidentin in der Zeit der Pandemie seien prägend gewesen und eine besondere Herausforderung. «Als höchste Zugerin unterwegs zu sein, war für mich eine grosse und besondere Ehre», sagt Barmet. Es war quasi der krönende Abschluss ihrer insgesamt rund 20-jährigen politischen Karriere.

Wenn sie, die als erste Frau von Menzingen in den Zuger Kantonsrat gewählt wurde, einen Erfolg aus dieser Zeit herauspicken müsste, wäre es der Bau der Kantonsschule in ihrer Heimatgemeinde. Der geplante Standort sei immer wieder kritisch hinterfragt worden, erzählt sie.

«Bis die Kantonsschule realisiert werden konnte, brauchte es viel Überzeugungsarbeit und dementsprechend ein grosses persönliches Engagement.» Auch sie sagt, ja, die politische Arbeit werde sie vermissen. Aber sie werde das Geschehen auch in Zukunft weiterverfolgen – aus der Distanz.

Mit Monika Barmet (Mitte) tritt die Chefin der Corona-Krise ab. (Bild: zvg)

ALG: Andreas Hürlimann sagt dem Kantonsrat Adieu, aber nicht der Politik

Kurz nachdem Andreas Hürlimann als Kantonsrat die Arbeit aufnahm, war seine Partei noch mit zwei Sitzen in der Regierung vertreten. Inzwischen muss sich die ALG mit der Oppositionsrolle zurechtfinden. Hürlimann war direkt an dieser Entwicklung beteiligt. Wie Daniel Stadlin setzte auch der ALG-Politiker vor vier Jahren zum Sprung in die Regierung an.

Zwar erreichte er das absolute Mehr, schied aber als Überzähliger aus. Eine Zäsur in der Zuger Politgeschichte: Die Linke konnte den Sitz von Manuela Weichelt nicht verteidigen und flog nach fast 100 Jahren aus der Regierung.

Obwohl seither noch stärker der unbequeme Stachel im Fleisch des bürgerlichen Wirtschaftskantons Zug, blieb Hürlimann selbst als Fraktionspräsident der ALG seinem gemässigten Stil treu. Schrille Töne sind genauso wenig seine Sache wie ideologische Scheuklappen.

Nun gibt Andreas Hürlimann sein Amt im Kantonsrat nach 16 Jahren ab. Der 40-Jährige will das politische Parkett allerdings nicht verlassen, sondern nur die Bühne wechseln: Hürlimann kandidiert als Gemeinderat und Gemeindepräsident von Steinhausen, wo er früher schon mal Bauchef war.

Trotz seiner politischen Erfahrung wird die Wahl indes keineswegs eine Reise im Schlafwagen. Seine Konkurrenz ist ebenfalls ein politisches Schwergewicht: Andreas Hausheer von der Mitte, der ebenfalls seit mehr als einem Jahrzehnt im Kantonsrat sitzt – und dieses Amt, im Unterschied zu Hürlimann, auch behalten will (zentralplus berichtete).

Will von der kantonalen Politbühne auf die kommunale wechseln: Andreas Hürlimann (ALG). (Bild: zvg)

Etliche Wechsel während der laufenden Legislatur

Nebst diesem Quartett hören insgesamt zehn weitere Mitglieder des Kantonsrates zum Ende der Legislatur auf. Besonders die SVP muss Federn lassen. Nebst Brandenberg treten auch Beni Riedi, Martin Schuler, Matthias Werder, René Kryenbühl und Flavio Roos nicht mehr an. In der Mitte-Fraktion hängt auch Hans Baumgartner sein Amt an den Nagel, bei der ALG Mariann Hess. Und die FDP verliert ihre langjährige Fraktionschefin Cornelia Stocker sowie mit Markus Spörri und Rolf Brandenberger zwei weiter Mitglieder.

Und die SP? Ihre amtierenden Kantonsrätinnen treten allesamt wieder an. Allerdings musste die Fraktion bereits im Laufe der Legislatur mehrere Aushängeschilder ziehen lassen, unter ihnen Zari Dzaferi, Anna Spescha oder Hubert Schuler. Auch bei der Mitte sind mit Heini Schmid und Manuela Leemann profilierte Köpfe bereits vorzeitig zurückgetreten, ebenso bei der FDP mit Beat Unternährer. Insgesamt traten während der laufenden Legislatur 13 Kantonsräte zurück. 

Trotz aller Rochaden: Dass ein Abgang nicht für ewig sein muss, zeigt aktuell die Zuger Stadträtin Vroni Straub-Müller (CSP). Sie gibt ihr Amt in der Exekutive bekanntlich bald ab – strebt aber eine Rückkehr in die kantonale Politik an: Sie kandidiert am 2. Oktober für den Kantonsrat, dem sie bereits bis 2019 angehörte. Wahlen können zugleich Abschied und Aufbruch sein.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Monika Barmet, Daniel Stadlin und Manuel Brandenberg. 
  • Webseite Zuger Kantonsrat mit Mitgliederliste
  • Bereinigte Listen Erneuerungswahl Zuger Kantonsrat 
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Philip C. Brunner
    Philip C. Brunner, 19.09.2022, 14:57 Uhr

    Ein wirklich sehr ausgewogener und fairer Artikel über diese vier, den Kantonsrat über Jahre prägenden Personen, denen für ihre langjährige Arbeit im Dienste der Öffentlichkeit zu danken ist und man ihnen in jeder Beziehung alles Gute wünscht. Es ist eben nicht so, dass nur neue, junge Kräfte für das Parlament wichtig sind, sondern gerade auch langjährige Mitglieder aus allen Parteien, welche ihr jahrelange Erfahrung einbringen können.

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    • Profilfoto von Stefan Moos
      Stefan Moos, 29.09.2022, 14:59 Uhr

      Lieber Kollege Philip
      Ich bin mit Dir grundsätzlich einverstanden. Allerdings bin ich der Meinung, dass Cornelia Stocker auch zu diesem Kreis der prägenden Kantonsrätinnen gehört.

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