Was der Zimmerberg-Tunnel II für Baar bedeutet

SBB-Ausbau: «Dann ist man schneller von Baar aus am HB als von Albisrieden»

Andreas Lustenberger fordert, dass die Zufahrten zum Bahnhof Baar und dem Bushof verbessert werden. (Bild: wia)

In Baar wird der Bahnhof umgebaut. Rund ein Dutzend Über- und Unterführungen werden angepasst, weil es wegen dem Zimmerberg-Tunnel II Platz für ein drittes Gleis braucht. Damit es nicht zu Verkehrsproblemen kommt, muss das lokale Mobilitätskonzept dringend unter die Lupe genommen werden, fordern Kritiker.

Mit dem Zug nach Zürich in 13 Minuten und das vier Mal stündlich. Die Baarer Bevölkerung dürfte diese Aussicht äusserst freuen. Damit dieses Szenario Realität wird, braucht es den Zimmerberg-Basistunnel II. Er umschifft Thalwil elegant und bringt Zuger und Luzerner durch die Röhre direkt nach Zürich.

Die knapp 13 Milliarden Franken für den Ausbauschritt 2035, in den auch der Zimmerberg-Tunnel II gehört, sind vom Bundesparlament 2019 bewilligt. Damit es durch die neuen Bahnkapazitäten zu keinen Nadelöhrsituationen kommt, muss in Baar umgebaut werden. Konkret: Es braucht ein drittes Gleis.

16 neue Über- und Unterführungen

«Dies hat Auswirkungen auf den Bahnhof Baar und die gesamte Zentrumsgestaltung», schreibt die Gemeinde Baar in einer Mitteilung. Zudem müssen die Wege über und unter den Gleisen angepasst werden. «Das dritte Gleis wird in Richtung Bahnmatt angehängt. Dort ist der Platz vorhanden und in den gemeindlichen und kantonalen Richtplänen entsprechend festgesetzt», erklärt der Baarer Bauchef Jost Arnold auf Anfrage.

Und von diesen gibt es einige: 16 Über- und Unterführungen zählt man insgesamt auf Baarer Boden. Angefangen bei der Personenunterführung Lindenpark im Süden bis zur Unterführung beim Littibach kurz vor dem Albistunnelportal im Norden. Gemäss heutigem Stand der Planung sind die Bauwerke von der Neugasse-Unterführung bis zur Stadtgrenze betroffen.

Die Gemeinde Baar spricht von einer Chance, das Projekt der SBB für eigene Ausbauten zu nutzen. Sie hat mit externen Fachplanern jede Unterführung sowie jede Brücke überprüft und Anforderungen formuliert, wie sie aus Sicht der Gemeinde anzupassen sind. «Ob und welche dieser gemeindlichen Anpassungswünsche überhaupt realisiert werden können, wird sich in der Detailplanung weisen», heisst es in der Medienmitteilung.

Der Anforderungskatalog der Gemeinde Baar enthält folgende Punkte:

  • Den Neubau einer Unterführung für den Fuss- und Veloverkehr im Gebiet Unterfeld, um das neue Quartier im Osten der Geleise anzubinden.
  • Die Strassenunterführung Altgasse soll verbreitert und erhöht werden.
  • Eine Verbreiterung zugunsten des Fussverkehrs wünscht sich die Gemeinde bei der Strassenunterführung Neugasse.
  • Die Strassenüberführung Neufeld über die Südstrasse, welche parallel zu den Gleisen verläuft, soll gemäss dem Wunsch der Gemeinde verbreitert werden
Diese Unterführung an der Neugasse soll ebenfalls angepasst werden. (Bild: wia)

Die grössten Veränderungen passieren jedoch voraussichtlich am Bahnhof Baar. «Das dritte Gleis zwischen Zug und Baar bedingt ein viertes Gleis und einen weiteren Perron am Bahnhof. Der Ausbauschritt 2035 hat aber auch auf die Passagierfrequenzen einen grossen Einfluss», so die Gemeinde.

SBB rechnet mit 80 Prozent mehr Pendlern in Baar

Zwischen Baar und Zürich wird der Fahrplantakt verdichtet, die Fahrzeit verkürzt sich von 21 auf 13 Minuten. «Das macht Baar als Wohn- und Arbeitsort noch attraktiver. Die SBB rechnen gemäss Prognose mit einer Frequenzsteigerung im Bahn- und Busverkehr um über 80 Prozent – von 9800 im Jahr 2016 auf 18'000 Passagiere im Jahr 2035», so die Gemeinde.

Der Bahnhof Baar werde zur multimodalen Drehscheibe und zum modernen Umsteigeknoten. Die Infrastruktur, also die Unterführungen und Zugänge zu den Perrons sowie die Veloabstellplätze und der bestehende Bushof reiche für diesen Anstieg nicht aus.

Die derzeit sechs Bushaltekanten müssen gemäss der Gemeinde Baar um zwei bis vier Kanten erweitert und teilweise verlängert werden, damit auch Doppelgelenkbusse halten können. Gleichzeitig müssen die Haltekanten erhöht werden, damit sie dem Behindertengesetz entsprechen.

«Wenn wir den unterirdischen Bushof jetzt nicht prüfen, ist sie für Jahrzehnte im wahrsten Sinn des Worts verbaut.»

Jost Arnold, Baarer Bauchef

Derzeit erarbeitet die Dienststelle Siedlungs- und Verkehrsplanung der Gemeinde Baar mithilfe von externen Fachplanern eine Studie zum Verkehr am Bahnhof. «Zentrales Element dieser Planung ist der Bushof. Das beauftragte Planerteam hat elf Optionen für dessen Ausbau geprüft – auf beiden Seiten der Gleise.» In die engere Auswahl sind gemäss Gemeinde fünf Varianten gekommen, zwei hätten sich nun als Favoriten herauskristallisiert.

Die erste Variante sieht einen Ausbau des Bushofs am aktuellen Standort vor. «Die zweite Variante ist weitaus kühner: Sie platziert den Bushof unter den SBB-Gleisen.» Dazu sagt Jost Arnold: «Wenn wir diese Option jetzt nicht prüfen, ist sie für Jahrzehnte im wahrsten Sinn des Worts verbaut.»

Andreas Lustenberger, Kantonsrat den Alternativen-Die Grünen, sagt auf Anfrage: «Grundsätzlich befürworten wir, dass es langsam vorwärts geht. Auch, wenn man mit einer Durchsetzung des Zimmerberg Light, also einem zweiten Albisunnel, viel früher schon eine Lösung gehabt hätte.» Das Komitee, das für diese Variante weibelte, hat sich mittlerweile aufgelöst (zentralplus berichtete).

«Ein 15-Minuten-Takt löst zwar ein Problem, führt jedoch zu weiteren Herausforderungen.»

Andreas Lustenberger, ALG-Kantonsrat

«Ein 15-Minuten-Takt löst zwar ein Problem, führt jedoch zu weiteren Herausforderungen. Denn irgendwie müssen die Pendlerinnen und Pendler ja an den Bahnhof, und von da wieder nach Hause kommen», sagt Lustenberger.

Bisher fährt Baar zweigleisig nach Zug. Das soll sich ändern. (Bild: wia)

Verkehrskollaps wegen des Zimmerbergtunnel II?

ALG-Kantonsrat Lustenberger, selber ehemaliges Vorstandsmitglied der Zuger VCS-Sektion, sagt dazu: «Der Kanton Zug plant für 2040 mit 25'000 zusätzlichen Leuten im Kanton Zug. Ich zweifle, ob diese Zahl nicht zu tief angesetzt ist. Mit dem neuen Zimmerbergtunnel ist man von Baar schneller am HB wie von Albisrieden. Das ist ultraattraktiv!»

Er vermutet, dass das Bevölkerungswachstum damit deutlich stärker sei als vom Regierungsrat angenommen. «Dieser jedoch hat eine abwartende Haltung eingenommen. Dabei müsste man jetzt lokal unbedingt auf platzsparende Mobilität setzen. Setzt man nicht voll auf öV und Velo, droht erneut der Verkehrskollaps.»

Das wäre insofern schade, da man diesem mit der Eröffnung der Tangente Zug-Baar ja gerade erst Einhalt gebot (zentralplus berichtete).

Gemäss Jost Arnold sei der Ausbauschritt 2035 in die Wachstumsprognosen für die Gemeinde Baar eingeflossen. Er sagt: «Die Zunahme der Pendlerinnen und Pendler muss mit einem guten ÖV-Angebot aufgefangen werden. Zudem sind Massnahmen nötig, um den Verkehr zu lenken und das Zentrum zu entlasten.» Es sei aber unabhängig vom Ausbauschritt 2035 so, dass weiteres Wachstum zu erwarten sei und dass das Wachstum mehr Verkehr mit sich bringen werde.

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