Zuger Perle: Überbauen, aber wie?

Salesianum kommt wieder vors Volk

Welche öffentliche Nutzung soll im Salesianum stattfinden? Das sei Sache der Bauherrin, findet die FDP. (Bild: Google Maps)

Warum ist die Debatte um die öffentliche Nutzung im Salesianum so neblig? Das fragt die Linke im Zuger Stadtparlament. Die Bürgerlichen finden: Ist doch alles geklärt. Die Ansichten unterscheiden sich so frappant, dass da etwas nicht stimmen kann.

Jetzt ist klar: Das Salesianum kommt wieder vors Volk. Nachdem das Stadtparlament fast alle Anträge zur Klärung der öffentlichen Nutzung auf dem Areal abgeschmettert hat, haben die linken Gemeinderäte das Behördenreferendum ergriffen. Der Bebauungsplan für das schöne Grundstück am See wird also nur dann rechtskräftig, wenn das Volk damit einverstanden ist.

Und das hält SVP-Gemeinderat Manfred Pircher schon zu Beginn der Debatte für gesichert: «Das Volk hat schon einmal Ja gesagt, und es wird auch wieder Ja sagen. Müsste man nicht einmal daran denken, dass die Alfred Müller AG schon genug Geld ausgegeben hat?»

Da trifft er einen wunden Punkt: Weshalb bleibt in der ganzen Debatte ums Salesianum das Gefühl so stark, dass man über die öffentliche Nutzung gar nicht reden will? Der Unterschied der Sichtweisen ist derart frappant, dass da wohl etwas nicht stimmen kann. An der Sitzung des Grossen Gemeinderats wurde zwei Stunden lang diskutiert, obwohl die Fronten von vornherein klar waren.

Für die bürgerlichen Parteien ist es offensichtlich, dass der Bauherrin endlich grünes Licht gegeben werden soll: Die öffentliche Nutzung sei genügend stark im Bebauungsplan und in der speziellen Zone verankert. «Die Eigentümerin soll schauen, ob sie eine öffentlche Nutzung will oder nicht», sagt FDP-Gemeinderat Daniel Blank.

Keine Ideen zur öffentlichen Nutzung

Von links kommt allerdings immer noch grosser Widerstand: Der Stadtrat lasse sich über den Tisch ziehen, man kaufe die «Katze im Sack» und wisse nicht, ob man schlussendlich überhaupt eine Katze erhält. Die öffentliche Nutzung bleibe «im Nebel», sagt CSP-Stadtrat Ignaz Voser. Für den SP-Fraktionspräsidenten Urs Bertschi ist klar: «Dass die Alfred Müller AG die öffentliche Nutzung nur unter wirtschaftlichen Kriterien betrachtet, ist verständlich. Allerdings ist es aus Sicht der grossen öffentlichen Interessen nicht nachvollziehbar, dass da nur wirtschaftliche Kriterien gelten sollen.»

Die Alfred Müller AG habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht, sagt Bertschi. «Wir hatten in der Bau und Planungskommission mehrere Treffen mit der Bauherrin. Sie hat keine Ideen zur öffentlichen Nutzung vorgelegt.»

Ignaz Voser schiebt nach: «Ich war bei diesen Gesprächen dabei: Man hat sich mehr angeschwiegen als ausgetauscht.» Es scheint, als wäre die öffentliche Nutzung für die Alfred Müller AG keine Option. «Und das obwohl damals im Abstimmungskampf die öffentliche Nutzung gross angepriesen wurde», sagt Voser, «ich frage mich: War das nur ein Marketing-Gag um den Stimmbürger zu ködern und am Schluss über den Tisch zu ziehen? Oder bleibt eine Verpflichtung gegenüber der Bevölkerung, diese öffentliche Nutzung auch zu realisieren?» Die angesichts der Volksabstimmung von 2011 «angepriesenen» Nutzungen durch ein Papiermuseum, eine Manufaktur, ein Campus, eine Galerie oder Gastronomie hätten sich allesamt in Luft aufgelöst, so Voser.

«Wenn eine Firma so viel Geld in die Hand nehmen will, um die alten Gebäude zu renovieren, dann verstehe ich das schon als Bereitschaft zu einer öffentlichen Nutzung.»

André Wicki, Bauchef

Bauchef André Wicki wiegelt ab: «Die öffentliche Nutzung ist vorgesehen, in der zweiten Bauetappe sollen die alten Gebäude des Salesianum renoviert werden. Die Bauherrin hat mehrere Varianten zur Renovation vorgerechnet.» Eine Pinselrenovation kostet 5 Millionen Franken, eine umfassende Renovation 12 Millionen, und eine grosse Renovation mit dem Ziel, moderne Wohnungen zu bauen, kostet 15 Millionen Franken.

«Wenn eine Firma so viel Geld in die Hand nehmen will, um die alten Gebäude zu renovieren, dann verstehe ich das schon als Bereitschaft zu einer öffentlichen Nutzung. Zudem wurde das ganze Bauprojekt stark reduziert, um zirka 30 Prozent.» Der Bebauungsplan sei sehr sorgfältig erarbeitet worden. «Das Salesianum kann nun nur mit Ihrem Einverständnis auf einen guten und sicheren Weg geschickt werden», sagt Wicki. Nur ist Renovation nicht gleich öffentliche Nutzung. Voser sagt dazu: «Mit anderen Worten, wir können nur hoffen, dass alles gut kommt.»

Schlechte Kompromisse

Der Rat beschliesst allerdings wenigstens eine Änderung am Bebauungsplan: «Der Bebauungsplan bezweckt, das geschützte Salesianum mit seiner historischen Umgebung in seinem Charakter und Erscheinungsbild zu erhalten und die Rahmenbedingungen für eine öffentlich zugängliche Nutzung zu schaffen.»

Alle anderen Anträge, die vor allem von der CVP-Gemeinderätin Isabelle Reinhart gestellt wurden, verwarf der Rat. Weder soll die Anzahl Häuser von acht auf sechs beschränkt werden, noch sollen die neuen Gebäude eine Sichtachse zum Salesianum freihalten, noch soll eine Höhenbeschränkung auferlegt werden. GLP-Rätin Michèle Kottelat sagt dazu: «Wieso tut sich die Stadt so schwer damit, städtebauliche Qualität zu fordern? Bei diesem Projekt wurden an jeder Ecke schlechte Kompromisse gemacht, einfach weil die Bauherrin möglichst bald bauen will.»

Zum Schluss steht SVP-Mann Jürg Messmer stellvertretend für die bürgerliche Mehrheit noch einmal ans Rednerpult: «Jetzt haben wir viel darüber geredet. Aber zerreden Sie jetzt nicht diese Vorlage, es wird Zeit, dass die Bauherrin endlich Rechtssicherheit bekommt und bauen kann.» Das sind markige Worte nach einer zweistündigen Debatte. Allerdings überzeugen sie die Gegner nicht: Das Stadtparlament beschliesst zwar den Bebauungsplan in zweiter Lesung, aber die Gegner sind zahlreich genug, um eine Volksabstimmung zu verlangen.

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