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Der Luzerner Regierungsrat hat ein Konzert einer russischen Künstlerin im KKL verhindert. Jetzt erklärt er, wovor er Angst hatte.
Am 1. Juni hätte die berühmte russische Opernsängerin Anna Netrebko im KKL in Luzern ein Konzert geben sollen. Mehrmals verschoben die Veranstalter den Anlass, dann sagten sie ihn ab. Der Luzerner Regierungsrat hat den Organisatoren zusammen mit der Stadt Luzern einen Brief geschrieben und nahegelegt, der Sopranistin keine Bühne zu geben. Auf diese Intervention hin entschieden sich die Veranstalter gegen den Auftritt (zentralplus berichtete).
Die Einmischung der Politik in das Programm des KKL hatte ein grosses Medienecho zur Folge. Ein Kommentar in der «NZZ» betitelte die Luzerner Behörden gar als «übergriffig». Kurz nachdem die Absage publik wurde, reichte SVP-Kantonsrat Urs Schumacher eine Interpellation ein und verlangte, dass der Regierungsrat sein Handeln im Fall Netrebko erklärt. Nun liegt die Antwort vor.
Furcht vor Demonstranten
In seinem Brief warnte der Regierungsrat vor Sicherheitsrisiken, die im Zusammenhang mit einem Konzert von Netrebko in Luzern bestanden hätten. Die Regierung befürchtete, dass ein Auftritt der mutmasslich Putin-nahen Sängerin Protestaktionen und Ausschreitungen in der Stadt ausgelöst hätte.
Auf Nachfrage von Schumacher konkretisiert der Regierungsrat, dass er insbesondere mit Demonstrationen von Kulturschaffenden sowie Menschenrechtsaktivisten rechnete. An verschiedenen Orten in Europa hätten Konzerte von Netrebko solche Aktionen nach sich gezogen, so die Regierung. In Berlin etwa wehrten sich 35'000 Menschen mit einer Petition gegen einen Auftritt der Opernsängerin.
Sängerin als Reputationsrisiko?
Gemäss der Antwort war das Schadens- und Reputationsrisiko ausschlaggebend für den Brief des Regierungsrates an die Adresse der Konzertorganisatoren. Zudem sei nicht auszuschliessen gewesen, dass Netrebko den Anlass nutze, um politische Ansichten vorzutragen.
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Nur wenige Tage nach dem vorgesehenen Konzerttermin am 1. Juni fand auf dem Bürgenstock am 15. und 16. Juni die Friedenskonferenz für die Ukraine statt (zentralplus berichtete). Allerdings lässt die Regierung in ihrer Antwort offen, ob dieser Anlass Einfluss auf die Intervention beim KKL-Konzert hatte.
Sie sagt öffentlich, was sie von Putin hält
Als Beleg für die vermeintliche Nähe Netrebkos zum russischen Staat beziehungsweise dessen Präsidenten Wladimir Putin führt der Regierungsrat mehrere Vorfälle an. So habe die Sängerin unter anderem schon diverse Male öffentlich bekannt gegeben, dass sie Putin unterstütze, und mit ihm für Fotos posiert.
Im Übrigen habe Netrebko eine erhebliche Summe an das Donetsk Opera House gespendet, das von prorussischen Separatisten in der Ostukraine kontrolliert würde. Und sie halte Kontakt zu mehreren sanktionierten Personen aus Putins Umfeld. Der Regierungsrat betont, dass diese Informationen öffentlich zugänglich sind.
Kanton zahlt nichts
Nach Absage des Konzerts forderte Netrebko beim KKL Schadensersatz. Ihr Manager stellte in Aussicht, mehrere Hunderttausend Franken zu verlangen (zentralplus berichtete).
Der Kanton Luzern wird sich an einer allfälligen Schadensersatzzahlung nicht beteiligen, wie der Regierungsrat klarstellt. Der Kanton sei nicht Vertragspartner – eine solche Zahlung falle in den Verantwortungsbereich der KKL Management AG.
Jetzt singt sie in Mailand
Netrebkos Karriere scheint vom Intermezzo in Luzern derweil keinen Schaden davongetragen zu haben. Am vergangenen Samstag eröffnete sie in der Hauptrolle von Giuseppe Verdis Oper «La forza del destino» die Spielzeitsaison in der Mailänder Scala.
Wie die «Berliner Zeitung» berichtet, kam es vor dem Opernhaus zu Protestaktionen. Während die Sängerin nach dem Ende des Auftritts eine zwölfminütige Ovation erhielt, skandierten Ukrainer vor der Scala, sie sei eine Komplizin Putins.
- Interpellation von Urs Schumacher
- Antwort des Luzerner Regierungsrates
- Kommentar in der «NZZ»
- Artikel der «Berliner Zeitung»