Einschätzung zu Stadtratswahlen Luzern

Politologe vermutet Kampfwahl zwischen SP und GLP

Wer sitzt ab 2024 im Luzerner Stadtrat? Für Politologe David Fischer zeichnen sich Stand heute zwei Varianten ab. (Bild: bic/zvg)

Das Jahr 2024 verspricht eine grosse Rochade in der Stadtluzerner Exekutive. Für den Politologen David Fischer sind vor allem zwei Varianten realistisch: Es bleibt, wie es ist. Oder aber die SP holt sich einen zweiten Sitz.

Da warens nur noch zwei: Von den amtierenden fünf Luzerner Stadträten treten nur Finanzdirektorin Franziska Bitzi (Mitte) und Stadtpräsident Beat Züsli (SP) für die Wahlen 2024 wieder an. Die Parteien geben sich bereits kampflustig und freuen sich auf spannende Wahlen (zentralplus berichtete).

Doch wie realistisch sind etwa die Ambitionen der SP, künftig zwei Stadträtinnen zu stellen? Oder die der SVP, dass ihr der Sprung in diesem Jahr gelingt? zentralplus hat sich dazu mit dem Politologen David Fischer von Interface Politikstudien ausgetauscht.

Vieles bleibt gleich

Vorweg nimmt Fischer, dass sich trotz der Dreier-Vakanz vermutlich nicht viel bewegen wird. Die Zusammensetzung des Stadtrats aus mindestens einem Stadtrat aus der SP, Grüne, FDP und Mitte, die seit 2000 so besteht, werde auch 2024 noch Bestand haben.

«Die FDP hat gute Kandidatinnen und auch den Wähleranteil, dass sie ihren Sitz verteidigen kann.» Gleiches gelte für die Mitte. Sie sei zwar eine kleinere Fraktion als die FDP, werde ihren Sitz aber verteidigen können. «Aber ich sehe nicht, dass sie einen Angriff auf einen zweiten Sitz starten könnten.»

Auch, dass die SVP den Sprung in die Stadtluzerner Exekutive schafft, hält Fischer nicht für realistisch. «Für einen erfolgreichen Angriff ist die SVP anteilsmässig zu schwach aufgestellt. Auch sehe ich nicht die Kandidaten, die das bewerkstelligen könnten.»

Linke mit SP versus Bürgerliche mit GLP

Spannend werde es hingegen wegen des GLP-Sitzes, der mit dem Rückzug von Baudirektorin Manuela Jost wackelt. «Stand jetzt würde ich sagen: Es wird ein Duell zwischen der GLP mit Unterstützung der Bürgerlichen gegen die SP, gestützt von den Grünen.» Einen möglichen Schulterschluss mit der GLP hat bereits Mitte-Parteipräsidentin Karin Stadelmann gegenüber zentralplus angedeutet. Zudem verbrüdern sich die städtischen bürgerlichen Parteien für eine gemeinsame Liste in den Kantonsratswahlen (zentralplus berichtete).

Auf linker Seite hat die SP bereits früh den erneuten Kampf um einen zweiten Stadtratssitz angekündigt (zentralplus berichtete). «Als grösste Partei im grossen Stadtrat hat die SP eine valable Chance, einen zweiten Sitz zu erringen», so Fischer. Zudem hat die zweite SP-Kandidatin Judith Dörflinger 2019 nur rund 200 Stimmen weniger als Jost geholt – ist im zweiten Wahlgang jedoch deutlich unterlegen.

Dass die Grünen ein Zweierticket stellen, hält Fischer für weniger wahrscheinlich. «Mit dem Rücktritt von Adrian Borgula müssen die Grünen bereits eine neue Kandidatur stemmen. Ich sehe deshalb auch eher die SP als die Grünen den GLP-Sitz angreifen.»

Noch in den letzten Luzerner Wahlen hat die grüne Welle der SP einen Sitz abgeluchst. Doch diese Zeiten seien vorbei: «Die grüne Welle in der Form von 2019 und den unmittelbar darauffolgenden Jahren ist so nicht mehr sichtbar.» Das habe man sowohl in Wahlen auf kantonaler, als auch auf kommunaler Ebene in den letzten Monaten beobachten können. Stattdessen grosse Gewinnerin im Polit-Dschungel sei derzeit die GLP.

Setzen die Parteien auf Kandidaten-Recycling?

Noch sei jedoch vieles offen. «Bis im Frühjahr 2024 stehen noch zwei bedeutende Wahlen an. Besonders die kantonalen Wahlen im April werden eine Rolle spielen.» Sowohl bei den Parteistärken, als auch personell. Denn: Auch viele bekannte städtische Gesichter buhlen um einen Kantonsrats- oder gar Regierungsratssitz. Mit David Roth und Karin Stadelmann haben auch bereits zwei bekannte Städter ihr Interesse für die kleine und grosse Kammer bekundet.

Fischer hält es durchaus für realistisch, dass etwa die SP mit Ylfete Fanaj oder die GLP mit Claudia Huser ihre Regierungsratskandidatin für die Stadtratswahlen einsetzen würden, falls sie nicht gewählt werden. Allerdings: «Ich glaube nicht, dass sich Fanaj oder Huser bereits jetzt schon Gedanken machen, ob sie sich allenfalls auch für die Stadtratswahlen aufstellen lassen würden.»

Tendenz: Gleich oder mit Linksrutsch

Für David Fischer sieht der Stadtrat 2024 so aus: «Die Aufstellung des Stadtrats nach Parteienstärke wird entweder so bleiben, wie sie ist, oder in der Tendenz nach links rücken.» Aber Fischer betont: «Es sind Personen- und keine Parteiwahlen. Der Erfolg ist deshalb sehr abhängig von den Kandidaten. Ausserdem ist der Zeitraum bis zu den Wahlen 2024 gross. In dieser Zeit kann noch vieles passieren.»

Verwendete Quellen
  • Liste der Luzerner Stadträte seit 1987
  • Telefonat mit David Fischer, Politologe bei Interface Politikstudien
  • Telefonat mit Karin Stadelmann, Präsidentin Mitte Stadt Luzern
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 20.01.2023, 16:28 Uhr

    Jedesmal, wenn so ein „Politologe“ seine Einschätzung abgibt, fragt man sich, wozu es diese Berufsgruppe überhaupt braucht, da ja jede durchschnittliche Parteistrategin sich genau dieselben Überlegungen gründlicher, schneller und umfassender macht. Jedesmal kommt man zum Schluss, dass man halt all die als Arzt, Manager oder Jurist wenig geeigneten Maturanden auch irgendwo parkieren muss. Wer sich „Politologe“ nennen darf, hat ja wahrscheinlich zumindest sein Studium nicht abgebrochen.

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    • Profilfoto von Mauntii
      Mauntii, 20.01.2023, 21:58 Uhr

      Also ich finde, auf diesen spritzigen, jungen und gutaussehenden Politologen können wir nicht verzichten. Das scheint mir eine geradezu systemrelevante Berufsgeuppe zu sein.

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