Luzern: Werden die Car-Initiativen zurückgezogen?

Politiker wollen Abstimmung zum Parking Musegg abblasen

Touristencars werden weiter auf den Schwanenplatz fahren, eine Ersatzlösung ist in weiter Ferne.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Ein Parkhaus im Musegghügel und eine Metro vom Schwanenplatz zum Ibach: Zwei hängige Initiativen wollen diese Projekte vorantreiben. Die Abstimmungen dazu finden voraussichtlich 2019 statt. Das will eine überparteiliche Gruppe verhindern. Zuerst brauche es eine breite Debatte.

Das Parking Musegg soll bereits nächsten Frühling an die Urne kommen. Wie einem Postulat zu entnehmen ist, diskutiert der Grosse Stadtrat bereits im Dezember über die Initiative, die Abstimmung sei im Mai 2019.

Peter With, Urheber des Postulats, sagt, der entsprechende Bericht käme bald in die zuständige Kommission. Grund dafür seien die vorgeschriebenen Fristen. Wird eine Initiative eingereicht, muss der Stadtrat das Geschäft innert zwölf Monaten ins Parlament bringen. Die Initiative «Aufwertung der Innenstadt» wurde im Mai 2017 eingereicht und sollte ursprünglich diesen September an die Urne kommen, doch das Parlament stoppte Ende Juni die Pläne des Stadtrates (zentralplus berichtete). Sie verlangt, dass die Debatte zum Parkhaus im Musegghügel wieder aufgenommen wird, nachdem das Parlament dem Projekt Ende 2016 den Stecker gezogen hat (zentralplus berichtete).

Die Medienstelle der Stadt Luzern will den genannten Abstimmungstermin nicht offiziell bestätigen. Sie verrät aber, dass der Bericht und Antrag diesen Samstag verschickt werde und der Stadtrat demnächst an einer Medienkonferenz darüber informiere. Mehr könne man zurzeit nicht sagen. Gleichwohl zeigen diese Ankündigungen, dass die Initiative bald wieder aufs politische Parkett kommt. Die im Juni eingereichte Metro-Initiative, welche der unterirdischen Bahn von einem neuen Parkhaus im Ibach zum Schwanenplatz eine Chance geben will, muss aufgrund der Fristen ebenfalls bereits im nächsten Jahr behandelt werden (zentralplus berichtete).

Zuerst Diskussion, dann Abstimmung

Doch genau das wollen SVP, Grüne, FDP und CVP verhindern. «Durch die beiden vorliegenden Initiativen wird ein ergebnisoffener Prozess praktisch verunmöglicht», schreiben sie im eingereichten Postulat. «Die Stadtbevölkerung wird also kurz nacheinander über Initiativen zu Parkhäusern abstimmen, obwohl weder die Problemanalyse, die Zielvorstellung noch daraus abgeleitete Rahmenbedingungen unter Miteinbezug breiter Kreise diskutiert werden konnten.»

«Man kann solche Entscheide nicht einfach aus einem Bauchgefühl heraus treffen.»

Peter With, SVP-Grossstadtrat

Die vier Parteien verlangen, dass der Stadtrat nun einen Analyse- und Partizipationsprozess in Angriff nimmt – verbunden mit einer Tourismusdiskussion – und dabei keine Projekte a priori ausschliesst.

Doch wäre es nicht besser, bei der Bevölkerung endlich den Puls zu fühlen und abzuklären, ob sie dem Parkhaus Musegg oder der Metro-Idee positiv gegenüberstehen? Peter With verneint. «Man kann solche Entscheide nicht einfach aus einem Bauchgefühl heraus treffen.» Zuerst müsse man die Bedürfnisse und Fakten kennen. Also Fragen wie: Wie viele Carparkplätze braucht Luzern? Im Zentrum oder ausserhalb der Stadt? Wie soll sich der Tourismus entwicklen? Wie soll die Erreichbarkeit der Stadt sichergestellt werden? «Es macht keinen Sinn, über Parkhäuser abzustimmen, bevor man diese Fragen geklärt hat.»

Initianten zum Rückzug bewegen

Gleichzeitig versuchen die Parteien, die Initianten zum Rückzug ihrer Anliegen zu bewegen. Man werde das Gespräch mit den Komitees der Parking-Musegg-Initiative und der Metro-Initiative suchen, sagt With. Das Ziel: Sie sollen sich bereit erklären, ihre Initiativen zurückzuziehen, falls der Vorstoss überwiesen wird.

«Die Politik müsste dafür sorgen, dass die Diskussion so stattfinden kann, dass alle Projekte sorgfältig abgeklärt werden können.»

Karin Auf der Maur, Verwaltungsrätin Parking Musegg AG

Das dürfte – zumindest beim Parking Musegg – lediglich Formsache sein. Denn drei der Unterzeichner des Postulats – nebst With auch CVP-Grossstadtrat Roger Sonderegger und FDP-Grossstadtrat Fabian Reinhard – sind selber Co-Präsidenten des Initiativkomitees. Und weil das Postulat von SVP, FDP, CVP und Grünen unterzeichnet wurde, dürfte es im Parlament mit grosser Wahrscheinlichkeit überwiesen werden.

Im Gegenzug – quasi als Zückerchen – gesteht man den Initianten zu, dass ihr Projekt keineswegs vom Tisch ist, sondern weiterhin alle Optionen offenstehen. Genau das war letztlich die Forderung der beiden Initiativen Metro und Musegg-Parking – so würde sie ohne Abstimmung erfüllt. «Es geht nicht um den Entscheid, dieses oder jenes Parkhaus zu bauen oder nicht, sondern darum, den Zeitdruck durch die Initiativen wegzunehmen», sagt With. «Und dazu müssen wir den Initianten einen kleinen Schritt entgegenkommen.»

Unterzeichner des Postulats (von links): Roger Sonderegger (CVP), Peter With (SVP), Korintha Bärtsch (Grüne) und Fabian Reinhard (FDP).

Unterzeichner des Postulats (von links): Roger Sonderegger (CVP), Peter With (SVP), Korintha Bärtsch (Grüne) und Fabian Reinhard (FDP).

(Bild: zvg)

Das dürfte auch im Interesse der Verantwortlichen der beiden Grossprojekte sein. Die Musegg-Parking AG jedenfalls steht dem vorgeschlagenen Weg positiv gegenüber, wie Karin Auf der Maur, Initiantin und Verwaltungsrätin, auf Anfrage sagt. Nacheinander über die einzelnen Projekte – Metro, Schweizerhof- und Musegg-Parking – abzustimmen, bezeichnet sie als «wenig sinnvolle Salamitaktik». «Die Politik müsste dafür sorgen, dass die Diskussion so stattfinden kann, dass alle Projekte sorgfältig abgeklärt werden können und so eine Lösung gefunden wird.»

Auch Fritz Studer, Verwaltungsratspräsident der Musegg Parking AG begrüsst es, wenn man die «Debatte entkrampft». Zwar bedauert er die damit verbundene Verzögerung. «Doch ich finde es richtig, wenn man nun die Grundlagen schafft und dann bereit ist, die verschiedenen Projekte basierend darauf zu vergleichen.»

Debatte könnte mehrere Jahre dauern

Einen Rückzug der beiden Initiativen empfahl kürzlich auch Jürg Stettler, Tourismusexperte der Hochschule Luzern. Anstatt «isolierte Einzelmassnahmen» zu verfolgen, plädierte er am Tourismustag für eine Gesamtsicht.

Dafür werben nun auch die Postulanten. Geht es nach ihnen, soll die breite Diskussion in Angriff genommen werden. Und das heisst, dass Fakten zusammengetragen und die Positionen in der Bevölkerung abgeholt werden, so With. Das könnte mittels Studien, einer Bevölkerungsumfrage, Workshops und runden Tischen geschehen. «Es ist ein relativ aufwendiger Prozess, der mehrere Jahre dauern kann», sagt der SVP-Grossstadtrat. «Doch wir möchten uns diese Zeit lassen, da es um wichtige Fragen geht.»

Diese Aussage mag überraschen. Waren es doch just die Bürgerlichen, die nach der Inseli-Abstimmung Druck machten und auf einen raschen Ersatz für die rund 30 Parkplätze drängten, die bis 2023 durch das Ja zur Juso-Initiative beim Inseli wegfallen. Ist dieser Zeitdruck verschwunden? Peter With zögert. «Das muss man nun ebenfalls im Zuge der breiten Diskussion anschauen.» Er macht aber keinen Hehl daraus, dass er nach wie vor unglücklich ist über die Folgen des Entscheides, der die Stadt unter Zugzwang setze. Denn inzwischen scheint ein Konsens zu bestehen: Das Carproblem in Luzern lässt sich nicht auf die Schnelle lösen. 

Grösste Fraktion bleibt aussen vor

Das Postulat, das einen ergebnisoffenen Prozess ohne Ausschluss einzelner Projekte verlangt, ist von SVP, Grünen, FDP und CVP unterzeichnet und entsprechend breit abgestützt. Allerdings fällt auf, dass die SP als grösste Fraktion nicht mit dabei ist. Sie war die einzige, welche sich Ende Juni für die Pläne des Stadtrates aussprach, auf der Allmend eine Testphase durchzuführen.

Erstunterzeichner Peter With (SVP) sagt, es habe viele Gespräche gegeben, auch mit der SP. Wieso sie das Postulat nicht unterzeichnet habe, könne er aber nicht sagen. Er hoffe aber, dass die SP als grösste Partei der Stadt diesen Vorstoss und damit einen ergebnisoffenen partizipativen Prozess im Grossen Stadtrat unterstützen wird.

SP-Fraktionschef Simon Roth sagt hingegen, man sei für die nun eingereichte Version des Postulats nicht um eine Mitunterzeichnung angefragt worden. Er findet den Vorstoss aber ohnehin überflüssig. «In einem partizipativen Prozess nach unserem Verständnis gibt es keine vorab definierten Tabus. Entsprechend werden auch keine Projekte bereits zu Beginn a priori ausgeschlossen.»

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Korintha Baertsch
    Korintha Baertsch, 13.11.2018, 14:28 Uhr

    Die Metro hat nur eine Chance, wenn sie ein wirkliches öV-Projekt ist. Wir Grüne haben deshalb einen entsprechenden Vorstoss im Parlament mitlanciert und unterstützt.
    Uns Unwissenheit und Begriffsstutzigkeit vorzuwerfen finde ich doch etwas unanständig, zumal die angesprochene Initiative auf dem Unterschriftsbogen „Initiative für eine zukunftsgerichtete Lösung der Reisebusthematik heisst.“ und auf die Erschliessung des Schwanenplatzes fokussiert.

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  • Profilfoto von Marcel Sigrist
    Marcel Sigrist, 12.11.2018, 08:30 Uhr

    Auch nach 5 Jahren Diskussionen scheinen Politikerinnen und Politiker verschiedenster Couleur noch immer nicht begriffen zu haben, dass es sich beim Projekt Metro-Luzern um ein ÖV-Projekt handelt, ausbaubar und zukunftsträchtig. Dass die Postulantinnen und Postulanten nun munter von zwei Initiativen zu Parkhäusern reden, zeigt die doch sehr eingeschränkte Sichtweise dieser Gruppierung. Der Zweck des Postulates offenbart sich von selbst.

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  • Profilfoto von Libero
    Libero, 10.11.2018, 16:20 Uhr

    Nach Gemeindeordnung und Gemeindegesetz können Initiativen einzig von den Initianten, solange die Abstimmung nicht angeordnet ist zurückgezogen werden. Auch das Aussetzen des politischen Ablaufs ist beschränkt.
    Nur der Grosse Stadtrat kann die Frist maximal 6 Monate erstrecken. Es ist auch der Grosse Stadtrat, der entscheidet, ob einer Initiative ein Gegenvorschlag gegenüber gestellt wird, oder eben nicht. Beides ist bis jetzt nicht passiert, auch ist die Frist abgelaufen. Man kann sich schon fragen, warum die 4 Parteien das erst jetzt merken, nachdem Sie den Vorschlag des Stadtrates «»Attraktive Luzerner Innenstadt» am 28. Juni 2018 abgelehnt haben. Den Initianten der Initiative -Parkhaus Musegg vor’s Volk- bleibt nur noch der Rückzug der Initiative, wenn sie das Gesicht waren und kein Debakel riskieren wollen.

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  • Profilfoto von carlos noname
    carlos noname, 10.11.2018, 12:44 Uhr

    In Thun wird heute das Schlossberg-Parking eröffnet! Was für ein Glücksfall für die Luzerner-Altstadt wäre das Museggparking: ein Parkhaus zum schönsten Gourmet- Verweil- und Shopping-Center der Schweiz: der Luzerner Altstadt. Aber wir haben ja jetzt die Mall of Switzerland …

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