Vorschlag der Luzerner Regierung

Pflegende Angehörige sollen einen «Lohn» bekommen

Der Luzerner Sozialdirektor Guido Graf will, dass pflegende Angehörige künftig entschädigt werden. (Bild: Adobe Stock/zvg)

Wer seine Liebsten pflegt, soll dafür einen kleinen «Lohn» bekommen. Das macht mehr Sinn als ein Steuerabzug, findet die Luzerner Regierung.

Die Luzerner Regierung ist gegen die kantonale «Privatpflege- und Betreuungsinitiative» der Mitte. Der geforderte Steuerabzug sei der falsche Weg, um die unbezahlte Arbeit zu würdigen (zentralplus berichtete).

Die Initiative verlangt, dass Personen, die freiwillig Familienmitglieder zu Hause pflegen und betreuen, weniger Steuern zahlen. Pflegende Angehörige sollen dafür 5000 Franken vom steuerbaren Einkommen abziehen dürfen. Dies ging dem Regierungsrat zu weit. Ursprünglich wollte dieser die Initiative ohne Gegenvorschlag ablehnen (zentralplus berichtete).

Der Regierungsrat hat jetzt auf Druck des Kantonsrates einen Gegenentwurf ausgearbeitet. «Dieser Gegenentwurf ist zielgerichteter und kostengünstiger. Er honoriert betreuende Angehörige für ihr wertvolles Engagement und verbessert gleichzeitig die Nutzung von Entlastungsangeboten», sagt der Sozialdirektor Guido Graf an der Pressekonferenz.

800 Franken Wertschätzung, 1200 Franken Gutschein

Die Mitte fordert einen Abzug von 5000 Franken vom steuerbaren Einkommen für pflegende Angehörige. Der Gegenentwurf setzt in zwei Bereichen an: Menschen, die freiwillig eine Person zuhause betreuen, sollen als Zeichen der Wertschätzung jährlich eine finanzielle Anerkennung in der Höhe von 800 Franken ausgezahlt werden. Diejenigen, die gepflegt werden, können höchstens zwei Personen bezeichnen, denen die jährliche Zulage je zur Hälfte (400 Franken) ausgerichtet wird. Die Höhe des Betrages wurde so festgelegt, dass dieses zusätzliche Einkommen steuerfrei ist.

Die Menschen, die gepflegt werden, bekommen zudem jährlich einen Gutschein von mindestens 1'200 Franken. Damit können sie Leistungen von Dritten in Anspruch nehmen – beispielsweise in Form einer Haushaltshilfe oder einem kürzeren Aufenthalt in einem Pflegeheim. Der Gutschein dient der Entlastung ihrer betreuenden Angehörigen. Die Höhe von 1200 Franken wurde gewählt, da dies den durchschnittlichen Kosten für den Pflegeaufwand einer bedürftigen Person in professioneller Pflege entspreche. Dieser Betrag könne aber schnell und unkompliziert per Verordnung angepasst werden.

3000 Menschen profitieren: Gemeinden sollen mitzahlen

Aus Sicht der Regierung hat der Gegenentwurf gegenüber der Initiative zwei Vorteile: Er führe wirkungsvolle Instrumente ein, um die Angehörigen einerseits wertzuschätzen und andererseits zu entlasten.

Schätzungsweise rund 3000 Personen im Kanton Luzern dürften die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Die Regierung rechnet daher mit Kosten von rund fünf Millionen Franken, die vom Kanton und den Gemeinden je hälftig getragen werden sollen. Damit ist der Gegenvorschlag rund halb so teuer wie eine Umsetzung der Initiative. Zudem wird auch hervorgehoben, dass der Vorschlag ausgewogener ist als derjenige des Initiativkomitees. Aufgrund der Steuerprogression hätten wohlhabendere Angehörige von einem Steuerabzug überdurchschnittlich stark profitiert. Ärmere wären unter Umständen jedoch leer ausgegangen.

«Beim Gegenentwurf handelt es sich um eine ausgewogene und finanzierbare Lösung, die ausserhalb des Steuergesetzes zielgerichteter realisiert werden kann und so den Bedürfnissen der betreuten Personen und ihrer betreuenden Angehörigen qualitativ wirkungsvoll Rechnung trägt», wie Sozialdirektor Guido Graf sagt.

Initianten und die SP zeigen sich zufrieden

Die Mitte hatte die Initiative im Jahr 2019 eingereicht. Gemäss einer Medienmitteilung ist die Mitte nun auch mit dem Gegenvorschlag zufrieden. Der Partei ist es wichtig, dass die finanzielle Unterstützung direkt an die Angehörigen entrichtet wird, was mit dem neuen Gegenvorschlag umgesetzt werden soll. Zum weiteren Vorgehen und einem allfälligen Rückzug konnte sich die Mitte aber noch nicht äussern.

Auch die SP ist mit dem Vorschlag zufrieden. Sie begrüsst die Einführung von Direktzahlungen, von denen alle gleichermassen profitieren würden. Dennoch verlangt die SP eine Verdoppelung der verfügbaren Mittel.

Lohn für pflegende Angehörige: Spitex profitiert am meisten

Die einzige Möglichkeit, die heute besteht, pflegende Angehörige für ihren Aufwand zu bezahlen, ist unbefriedigend. Menschen, die ihre Familienmitglieder pflegen, können sich über eine Spitex anstellen lassen und so einen Lohn beziehen. Dies auch, wenn sie kein Pflegediplom haben, wie das Bundesgericht 2006 entschied.

Inzwischen gibt es Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, pflegende Angehörige im Stundenlohn einzustellen. Das Problem: Diese Unternehmen verdienen an dem Modell mehr als die Angehörigen selber. Der Luzerner Stadtrat hat deshalb bereits letztes Jahr bekannt gegeben, dass er das Modell stossend findet (zentralplus berichtete).

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1 Kommentar
  • Profilfoto von M. Schmidig
    M. Schmidig, 22.09.2022, 11:39 Uhr

    Ich kann es fast nicht glauben, dass man pflegenden Angehörigen nur gut 2 Franken pro Tag als Wertschätzung geben will- vor allem in Anbetracht, was eine professionelle Pflege kosten würde.
    Vielleicht sollten die Angehörigen mal in einen Streik treten…aber eben, das würden sie ja nie machen, weil ihnen das Wohl der Angehörigen wichtiger ist.
    Wieder einmal sieht man, welchen Wert Carearbeit hat, die doch eigentlich unbezahlbar ist.
    Leider wird das oft allzu wörtlich ausgelegt.

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