In Ueli Maurers Fussstapfen bei Krienser Testplanung

Paul Winiker teilt Propaganda gegen Kantonsprojekt

Der amtierende Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker (SVP).

Der Luzerner Regierungsrat Paul Winiker teilt die Abstimmungspropaganda gegen ein Projekt, an dem der Kanton Luzern massgeblich beteiligt ist: Ein Facebook-Post des Kriensers wirft Fragen auf.

«Das muss gesagt sein»: So steht es, weiss auf rot, in den ersten beiden Videobeiträgen von Paul Winikers neuem Youtube-Kanal. Darin äussert sich der SVP-Regierungsrat zu den Fussballchaoten und zum Emmer Fluglärm.

Gesagt sein musste offenbar auch, was er von der Testplanung im Krienser Stadtzentrum hält. Winiker hat auf seinem persönlichen Facebook-Profil einen Beitrag geteilt, der für ein Nein zur Abstimmungsvorlage wirbt. Von einer «Mogelpackung» und einem «teuren Experiment» ist die Rede.

Kriens will bekanntlich das Zentrum rund um die triste Luzernerstrasse umgestalten. Die Bevölkerung stimmt am Sonntag über den Kredit von 300'000 Franken ab, den es aus der Krienser Stadtkasse für die Testplanung braucht.

Erstaunlicher Beitrag

Paul Winikers Facebook-Beitrag erstaunt aus mehreren Gründen. Erstens: Magistratspersonen üben sich normalerweise in Zurückhaltung, wenn es um Abstimmungen geht. Zweitens: Sie mischen sich äusserst selten in kommunale Angelegenheiten ihrer Wohngemeinde ein. Winiker wohnt in Kriens, wo er früher als Gemeindepräsident amtete.

Und drittens: Das «teure Experiment», das Winiker offenbar ablehnt, zahlt unter anderem der Kanton Luzern. Sagt Kriens diesen Sonntag Ja, steuern Stadt und Kanton beide je 300'000 Franken dazu bei.

Sich auf eigenen Kanälen Gehör verschaffen

Selbstverständlich ist es das Recht jeden Politikers – auch in Regierungsämtern –, seine Meinung kundzutun. Prominentes Vorbild ist Bundesrat Ueli Maurer, der sich bekanntlich sogar inmitten der Pandemie im Freiheitstrychler-Shirt ablichten liess. Ist es Zufall, dass Winikers Youtube-Slogan («Das muss gesagt sein») an Maurers vielzitierte Aussage («Es gibt Dinge, die man in diesem Land nicht mehr laut sagen darf») erinnert?

Der Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker ist auch nicht der einzige Regierungsrat, der sich im Internet auf eigenen Kanälen äussert. Sein Amtskollege Guido Graf lässt uns auf seinem Blog «Wort zum Freitag» seit letzten Frühling wöchentlich an seinen Gedanken teilhaben.

«Die Stadt Kriens hat in einem Abstimmungskampf den Auftrag, zu informieren. Aktionen Dritter in Social Media zu bewerten gehört nicht dazu.» 

Benedikt Anderes, Stadt Kriens

Zugleich ist es nicht das erste Mal, dass Winiker im Kontext von Abstimmungen für Aufsehen sorgt. Vor der Konzernverantwortungsinitiative attackiert der 65-Jährige eine ehemalige HSLU-Professorin auf Twitter (zentralplus berichtete). Und bei den Krienser Kommunalwahlen 2020 geriet er wegen einer Kolumne in die Schlagzeilen (zentralplus berichtete).

Der aktuelle Fall von Kriens ist allerdings aussergewöhnlich, weil der Kanton Luzern selbst am Projekt beteiligt ist. Und Winiker als Regierungsrat ebenjenen Kanton gegen aussen vertritt. Ein Rollenkonflikt?

Status: unkommentiert

Die Antwort des Regierungsrats liefert weniger Einsichten als vielmehr ein Zeugnis der politischen Kommunikationskultur (die erst kürzlich bei der Debatte über die Polizeiposten-Schliessungen zu reden gab). Denn Winiker schweigt. Er werde seine Social-Media-Aktivitäten nicht weiter kommentieren, richtet ein Sprecher aus.

Wenig Gefallen an Winikers Facebook-Post dürfte man bei der Stadt Kriens sowie beim Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement (BUWD) von Fabian Peter haben. Sie werden gemeinsam die Projektleitung für die Testplanung innehaben. Dem SVP-Regierungsrat öffentlich eine Schelte erteilen mag aber niemand. Das BUWD lässt die Angelegenheit unkommentiert.

Und bei der Stadt Kriens heisst es, man habe den geteilten Post zur Kenntnis genommen. «Die Stadt Kriens hat in einem Abstimmungskampf einzig und allein den Auftrag, zu informieren», sagt Informationschef Benedikt Anderes. «Aktionen Dritter in den Social Media zu bewerten, gehört da nicht dazu.»

Kanton kennt Social-Media-Richtlinien

Grosse öffentliche Aufregung löst die Episode bislang nicht aus. Nur gerade drei Likes hat Winikers Beitrag erhalten. Doch sie wirft eine grundsätzliche Frage auf: Wie sollen und dürfen sich Amtsträgerinnen oder Kantonsangestellte in sozialen Medien äussern? Manche Kantone, zum Beispiel Basel-Stadt, haben dafür eigene Leitfäden entwickelt.

«Paul Winiker hat als Privatperson von seinem Recht auf freie Meinungsäusserung Gebrauch gemacht.»

Andreas Töns, Informationschef Kanton Luzern

Auch der Kanton Luzern kennt solche Richtlinien – im Unterschied zu Basel handelt es sich aber um ein internes Dokument. Laut dem Luzerner Informationschef Andreas Töns gilt zum Beispiel, dass Äusserungen höflich, respektvoll und verantwortungsvoll sein müssen. Ebenso würden die Guidelines darauf hinweisen, dass Äusserungen im Internet mit der beruflichen beziehungsweise amtlichen Tätigkeit in Verbindung gebracht werden können.

Es dürfen demnach keine Beiträge gepostet werden, aus denen dem Arbeitgeber oder der beruflichen Reputation ein Schaden entstehen kann. Social-Media-Aktivitäten im beruflichen Umfeld seien darüber hinaus dem Gemeinwohl und rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtet.

So weit die Theorie. Ob der Luzerner Justiz- und Sicherheitsdirektor mit seinem Beitrag diese Richtlinien geritzt hat, muss jeder selber beurteilen. «Paul Winiker hat als Privatperson von seinem Recht auf freie Meinungsäusserung Gebrauch gemacht», gibt sich Andreas Töns wortkarg. Mehr habe er dazu nicht zu bemerken.

Verwendete Quellen
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