Die FDP will Zuger Strassen sicherer machen

Oh weh, ein Reh! Das will die Regierung gegen Wildunfälle tun

Wo viele Menschen, da viele Strassen. Und über diese müssen Wildtiere wohl oder übel drüber. Das endet nicht immer gut. (Bild: Adobe Stock)

Kollisionen zwischen Wildtieren und Autos können nicht nur für Reh und Co, sondern für alle Beteiligten gefährlich werden. Und ausserdem ziemlich teuer. Die Zuger Regierung hat nun auf Geheiss der FDP analysiert, wo's besonders oft knallt und eine erste Massnahme beschlossen.

Davon, dass ein Reh oder ein Fuchs von einem Auto erfasst wird, hört man im Kanton Zug relativ selten. Besonders, wenn man in den eher städtischen Gebieten unterwegs ist. Der Schein trügt, wie eine aktuelle Auswertung zeigt, welche der Regierungsrat kürzlich veröffentlicht hat.

Demnach sind im Jahr 2020 ganze 70 Rehe auf Zuger Strassen zu Tode gekommen, dazu kommen 80 Füchse, die mit der Strasse auch gleich den Jordan überquert haben. Daneben starben 43 Dachse, neun Steinmarder, fünf Feldhasen und ein Hirsch. Jährlich verzeichnet der Kanton durchschnittlich 175 durch den Strassenverkehr tödlich verunfallte Wildtiere.

Nicht ausser Acht zu lassen, ist der Fakt, dass bei einer Kollision neben den Tieren auch Menschen und Fahrzeuge in Mitleidenschaft gezogen werden. Schweizweit wurden im Jahr 2020 89 Personen verletzt, davon 31 schwer. Die Unfälle verursachten national Personen- und Sachschäden in der Höhe von 40 bis 50 Millionen Franken.

Wo knallt's? Und was kann man dagegen tun?

Hauptziel der Zuger Untersuchung war es, festzustellen, welche Strassenabschnitte im Kanton Zug besonders gefährlich sind und wie man dem Problem der Wildtierunfälle entgegentreten könnte. Die Analyse gründet auf ein Postulat der FDP-Fraktion des Kantonsrates.

Fraktionschef Michael Arnold sagt dazu auf Anfrage: «Ich selber bin Jäger und ausserdem Mitglied im Patentjägerverein. Der Verein beschäftigt sich mitunter mit der Hege des Wildes, worunter auch die Unfallverhütung gehört.» Im Austausch mit dem Verein habe man festgestellt, dass es sinnvoll wäre, eine Analyse der kritischen Strassenabschnitte machen zu lassen.

«Bei künftigen Infrastrukturprojekten könnte man diese Gefahr entsprechend einberechnen, respektive ihr mit allfälligen Wildwarnsystemen entgegenwirken», sagt Arnold gegenüber zentralplus.

Zehn heikle Strassenabschnitte

Die von der FDP in Auftrag gegebene Untersuchung stellte zehn Hotspots im Kanton Zug fest. Etwa Strassenabschnitte um die Baarburg, also zwischen Baar und Neuheim sowie Walterswil, wo es auffällig viele Rehunfälle gibt. Doch auch der Streckenabschnitt zwischen Wannhäusern-Maschwanden sowie Feldern-Wannhäusern sind für Wildtiere besonders gefährlich.

Durchschnittlich die allerhöchsten Fallwild-Zahlen fordert jedoch der Streckenabschnitt zwischen Ratenpass und Wyssenbach-Gutsch in Richtung Biberbrugg.

«Auf den knapp 600 Metern kommt es jedes zweite Jahr zu einer Kollision mit einem Rothirsch.»

Antwort Regierungsrat

«Auf den knapp 600 Metern ereignen sich jährlich durchschnittlich drei bis vier Unfälle mit Rehwild und jedes zweite Jahr kommt es zu einer Kollision mit einem Rothirsch. Auch Raubtiere werden auf diesem Abschnitt regelmässig zu Strassenverkehrsopfern», stellt der Regierungsrat fest.

Hotspot Baarburg

Oder anders gesagt: Pro Kilometer Strecke gerechnet kommt es allein dort jährlich zu 5,3 Rehunfällen. Bei der Baarburg sind es 4,7 Unfälle pro Kilometer. Berücksichtigt wurden Zahlen der letzten elf Jahren.

So viel zu den blanken Zahlen. Doch was kann man dagegen tun? Auch das wollte die FDP-Fraktion wissen und schlug vor, den Einsatz elektronischer Wildwarnsysteme für gewisse Strecken zu prüfen.

Elektronische Wildwarnsysteme können Wildtiere in Strassennähe erfassen und Verkehrsteilnehmende aktiv vor Tieren auf der Fahrbahn warnen. Sie hätten sich zur nachhaltigen Reduktion von Unfällen mit Wildtieren als wirksam erwiesen, so der Regierungsrat.

Zwei Warnsystem-Anbieter, zwei sehr unterschiedliche Preise

Insbesondere zwei verschiedene Anbieter hätten sich in der Praxis durchgesetzt. Ein System der Firma Calstrom GmbH und eines der Firma AniMot. Bei Ersterer unterbreche das Wildtier elektronische Lichtschranken, was zum Aufleuchten eines Warnsignals, also etwa «Achtung Wild» führe und optional eine Temporeduktion über eine Anzeigetafel einleite.

«Bei der AniMot-Anlage werden Wildtiere in Strassennähe über an Strassenleitpfosten montierte Erkennungssensoren erfasst. Sobald ein Wildtier erkannt wird, beginnen Module mehrerer
Strassenleitpfosten zu blinken und warnen so den Autofahrer», so die Analyse.

Ein grosser Unterschied zeigt sich im Preis der Anlagen. So kostet die Calstrom-Anlage saftige 100'000 bis 750'000 Franken pro Strassenkilometer, die AniMot-Anlage hingegen «bloss» 10'000 bis 20'000 Franken pro Kilometer.

Am Raten soll künftig vor Wildquerungen gewarnt werden

Aufgrund des Kosten-Nutzen-Verhältnisses sieht der Regierungsrat insbesondere in AniMot einen möglichen Lösungsansatz. Somit soll in einem ersten Schritt zu Testzwecken einer der konfliktträchtigsten Strassenabschnitte im Kanton Zug mit diesem System ausgerüstet werden.

Weil die Strecke zwischen Wyssenbach und Gutschsagen (nahe Raten) übers offene Feld führt und sich dafür besonders gut eigne, will die Regierung den Abschnitt mit einer AniMot-Anlage versehen.

«Wichtig ist ausserdem, dass man potenzielle Unfallstellen auch weiterhin im Auge behält.»

Michael Arnold, FDP-Fraktionschef

Ein weiterer Grund für diese Streckenwahl: «Zudem kommt es auf diesem Abschnitt hin
und wieder zu Unfällen mit Hirschen, die aufgrund der Körpermasse deutlich gravierendere Folgen für Mensch und Tier verursachen können.» Kostenpunkt für Installation, Geräte und Updates: 10'000 Franken.

Einen Versuch wert, findet die FDP

Michael Arnold ist zufrieden mit der Analyse und der ersten Test-Massnahme: «Die Unfallstatistiken sprechen für sich, die Zahlen nehmen ausserdem eher zu. Wenn man also prophylaktisch vorgehen kann, um weitere Unfälle zu verhindern, dann ist das doch gut.»

Der FDP-Fraktionschef weiter: «Wichtig ist ausserdem, dass es nun eine saubere Auflistung der potenziellen Unfallstellen gibt und dass man diese auch weiterhin im Auge behält. Diese Statistik sollte auch weiterhin geführt werden.»

Erhöhte Fuchspopulation in Zug

Bei der Betrachtung des Fallwildes fällt auf, dass insbesondere die Zahl angefahrener Füchse stark angestiegen ist in den letzten Jahren. Deutet diese Entwicklung darauf hin, dass es schlicht mehr Füchse gibt in der Umgebung?

Roman Keller, der Abteilungsleiter Jagd und Fischerei bestätigt: «Durch die Ausrottung der Tollwut in der Schweiz hat zum Beispiel der Fuchs stark profitiert und die Bestände haben seither stark zugenommen. Ausserdem profitiert der Fuchs als Nahrungsgeneralist von einem ausgezeichneten Nahrungsangebot im Siedlungsraum, weshalb die Bestände vor allem im Siedlungs- und Stadtbereich stark gewachsen sind.»

«Wir beobachten, dass inzwischen auch Jägern oft die Zeit fehlt, auch noch auf die Fuchsjagd zu gehen.»

Roman Keller, Abteilungsleiter Jagd und Fischerei

Warum ein Stadtfuchs ein schlauer Fuchs ist

Keller gibt ausserdem zu bedenken: «Die Jagd auf Füchse ist aufwendig und zeitintensiv. In der Regel findet die Jagd auf Füchse nach der Hochwildjagd und der Jagd auf Rehwild statt. Wir beobachten, dass inzwischen auch Jägern oft die Zeit fehlt, auch noch auf die Fuchsjagd zu gehen.» Im Rahmen des Zuger Sparmassnahmen-Paketes wurden mitunter auch Abschussprämien für Füchse gestrichen. Seit Kurzem gibt es sie wieder.

Dazu Keller: «Mit der Abschussprämie möchten wir einen, wenn auch kleinen, zusätzlichen Anreiz zur Fuchsjagd schaffen. Ein grosser Anteil des Wachstums des Fuchsbestandes findet im Siedlungsraum statt, wo die Jagd untersagt ist.»

Verwendete Quellen
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