Der Luzerner Kantonsrat will ein Öffentlichkeitsprinzip. Von Vorschlägen der linken Seite hält er aber mehrheitlich wenig. (Bild: Kanton Luzern)
Im Kanton Luzern soll das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt werden. Soweit ist sich das Kantonsparlament einig. Doch bei den Details kommt es zu Kritik.
Seit gut 20 Jahren schwirrt im Kanton Luzern die Idee eines Öffentlichkeitsprinzips herum. Es geht darum, wie gläsern die Verwaltung sein soll. Sollen beispielsweise die Protokolle von Regierungsratssitzungen öffentlich einsehbar werden? Bis heute sind die Dokumente des Kantons grundsätzlich geheim. Nur in Ausnahmefällen werden sie öffentlich gemacht. Schweizweit ist Luzern damit eine Ausnahme. Mittlerweile haben fast sämtliche Kantone und auch der Bund das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt.
Wehrte sich die Luzerner Regierung jahrelang gegen das Öffentlichkeitsprinzip, so hat sie ihre Meinung mittlerweile geändert (zentralplus berichtete). Am Montag diskutierte der Kantonsrat die Einführung des Prinzips in erster Beratung. Er stellte sich geschlossen hinter das Anliegen, in Luzern das Öffentlichkeitsprinzip einzuführen. Trotzdem kam es zu einer längeren Diskussion: Für die linken Parteien gingen die Pläne der Regierung nicht weit genug, die bürgerlichen unterstützten sie grossmehrheitlich.
«Bei den Letzten zu sein, ist nicht immer schlecht»
Franz Räber (FDP) beispielsweise sagte: «Für uns ist es wichtig, dass der Kanton Luzern als einer der letzten Kantone jetzt auch ein Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung einführt. Bei den Letzten zu sein, ist aber nicht immer schlecht. Erfahrungen von anderen Kantonen können so optimal genutzt werden.» Für ihn sei es aber wichtig, dass sowohl staatliche als auch private Interessen genügend geschützt würden.
Beatrix Küttel (Mitte) befand, es sei «logisch, dass die Staatsakteure ihre geleistete Arbeit auch öffentlich machen müssen, damit Geldgeberinnen und Geldgeber erfahren, wie ihr Geld eingesetzt wird».
Grüne spricht von «zahnlosem Papiertiger»
Grünen-Kantonsrätin Rahel Estermann und ihrer Fraktion hingegen gehen die Umsetzungspläne des Regierungsrats wie erwähnt nicht weit genug: «Das Öffentlichkeitsprinzip ist in der vorliegenden Form ungenügend», kritisierte sie. So seien zahlreiche Ausnahmen, Hürden und Einschränkungen vorgesehen, zudem käme es sehr schnell zu hohen Gebühren. «Das verschafft der Regierung und der Verwaltung sehr viele Hebel, um Gesuche abzulehnen.» Ihr Fazit: «Der Kanton bleibt damit weiterhin ein Schlusslicht im Vergleich zum Bund und anderen Kantonen. Was wir hier haben, ist ein zahnloser Papiertiger.»
Estermann bemängelte beispielsweise die Pläne der Regierung, dass künftig jedes Öffentlichkeitsgesuch, das die Verwaltung länger als eine Stunde beschäftigt, kosten soll. Faktisch müsse man also in Zukunft immer dafür bezahlen müssen, denn die Gesuche würden die Verwaltung wohl immer mehr als eine Stunde beschäftigen.
SP-Kantonsrat Jörg Meyer unterstützte Estermann: «Der Staat hat gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern jederzeit die Hosen herunterzulassen, was die Transparenz angeht.» Bei einer Limite von einer Stunde sei die Haltung klar, dass man weiterhin verhindern wolle, dass jemand überhaupt auf die Idee komme, Transparenz einzufordern.
Die Sozialdemokraten waren mit dem regierungsrätlichen Vorschlag ebenfalls nicht zufrieden. Aber sie gaben sich anders als die Grünen schliesslich «mit dem Spatz in der Hand» zufrieden, wie Kantonsrätin Maria Pilotto erklärte.
Regierung muss 2029 Bericht erstatten
Die bürgerliche Ratsseite hatte für die Argumente der Linken kein Gehör. Isabelle Kunz-Schwegler (SVP) entgegnete, ihre Partei sei dafür, dass die Verwaltung ressourcenorientiert arbeite. «Mit der Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips ist viel Arbeit verbunden.» Weitere Votanten argumentierten, die Regelung, ab wie vielen Stunden Arbeitsaufwand ein Gesuch kostenpflichtig sein soll, gehöre nicht in ein Gesetz, wie von Estermann vorgesehen, sondern wie vom Regierungsrat geplant in die Verordnung.
Der Kantonsrat lehnte sämtliche 13 Anträge – die meisten davon von Rahel Estermann – jeweils grossmehrheitlich ab. Der letzte davon war ein Rückweisungsantrag der Botschaft. Einzig die Grünen waren für diesen. Angenommen wurde hingegen ein Postulat der Staatspolitischen Kommission. Mit diesem soll die Regierung 2029 über die Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips Bericht erstatten. Die Abstimmung zur Einführung des Öffentlichkeitsgesetzes wurde schliesslich mit 100 zu 10 Stimmen angenommen.
Das Geschäft ist aber noch nicht unter Dach und Fach. Der Kantonsrat wird in einer zweiten Beratung definitiv über die Einführung entscheiden. Das wird jedoch nur Formsache sein. Das Öffentlichkeitsprinzip soll am 1. Juni 2025 in Kraft treten, wobei es nicht rückwirkend angewendet werden kann. Heute existierende Dokumente, die geheim sind, werden weiterhin geheim bleiben.
Die Gemeinden werden ebenfalls unter das Öffentlichkeitsgesetz gestellt. Ihnen wird eine Übergangsfrist bis 2030 gegeben, um ein eigenes Reglement auszuarbeiten. Sollten sie das nicht tun, gelten für sie die kantonalen Regeln.
Matthias Stadler ist Redaktionsleiter von zentralplus und seit über zehn Jahren Journalist. Die meiste Zeit davon in Luzern und in der Zentralschweiz, während zwei Jahren auch als Ozeanien-Korrespondent.